¿Postkonflikt?

Kolumbien vor Unterzeichnung eines Friedensvertrages

2016 gibt es in Kolumbien erstmals eine realistische Chance auf die Unterzeichnung eines Friedensabkommens zwischen der Regierung und der Guerilla-Gruppe FARC.

Nach gut 50 Jahren bewaffnetem Konflikt stellt dies sicherlich die Chance auf grundlegenden Wandel dar. Doch rechtfertigt ein solches Abkommen tatsächlich jetzt schon die Rede eines ‚Postkonflikt‘, wie sie von Seiten der Regierung und der internationalen Öffentlichkeit lanciert wird?

Die gegenwärtige Realität in Kolumbien legt ein klares ‚nein‘ auf die Frage nahe. Mit einer Vertragsunterzeichnung wird die Gewalt im Land nicht beendet werden: Die zweitgrößte Guerrilla-Gruppe (ELN) wurde von den Verhandlungen ausgeschlossen. Zwar findet in den zweijährigen Verhandlungen ein Dialog zwischen dem kolumbianischen Staat und der Guerillagruppe Farc statt, in dem eine Vereinbarung über Opfer, Entschädigung und Gerechtigkeit verhandelt und ein Modell der Übergangsjustiz vorgestellt wurde.

Das Fortbestehen der Paramilitärs, in den meisten Fällen verantwortlich für die gewaltsame Vertreibung von Kleinbäuer*innen, wird von einem Abkommen nicht tangiert. Und an der Repression gegen Menschenrechtsaktivist*innen und soziale Bewegungen hat sich auch während der Verhandlungen nichts geändert– es ist fraglich, ob das Recht auf politische Partizipation nach einer Unterzeichnung garantiert werden wird. Momentan gibt es eine gerichtliche und militärische Offensive gegen die soziale und politische Opposition, die sich dem Kampf für Menschenrechte und dem Widerstand widmen. Allein zwischen Januar und März 2016 wurden mindestens 21 Morde an linken Aktivist*innen gezählt. Hunderte wurden bedroht und eingeschüchtert. Gleichzeitig forciert der Staat die Kriminalisierung sozialer Proteste, der politischen Oppositionen, kritischen Gedankenguts und besonders der subalternen Bevölkerung. Ebenfalls sind die sozialen Konflikte nicht behoben, die Grund für die bewaffneten Auseinandersetzungen waren: Der seit dem 30. Mai andauernde nationale Agrarstreik zeugt von der unzureichend gelösten Frage der Landreform sowie dem aus Erfahrung gewachsenen Misstrauen der Bevölkerung gegenüber offiziellen Abkommen. Die sozialen Bewegungen fordern: Frieden kann es nur geben, wenn es auch soziale Gerechtigkeit gibt.

Über Realität, Perspektiven und Hoffnungen in der gegenwärtigen Situation in Kolumbien wollen wir mit unseren Gästen sprechen: I Furiosi organisiert in der Interventionistischen Linken lädt ein zum Gespräch mit Álvaro Giraldo und Katherine Rendón, Aktivist*innen und Menschenrechtsanwälte aus Kolumbien. Beide sind beim CSPP, das seit 1973 politische Gefangene humanitär, psychologisch, juristisch und im politischen Kampf für ihre Rechte unterstützt.

I FURIOSI

Buchvorstellung:
„VOLVERÍA A HACER LO MISMO“ - „Ich würde es wieder tun“
„Kein Frieden ohne uns“ Buchvorstellung und Speakerstour zur Gefängnissituation und dem Konflikt in Kolumbien
weitere Infos : http://linkes-zentrum.de/event/texte-aus-dem-kolumbianischen-knast/

organisiert von:
¡Alerta!
i furiosi (Interventionistische Linke)
Rote Hilfe