TERZ 03.00 – NICHT GANZ GRÜN
Bei den Düsseldorfer Grünen scheinen sich SED- und Stasi-Methoden im Umgang mit kritischen Geistern in den eigenen Reihen einer großen Beliebtheit zu erfreuen.
Auch bei den Düsseldorfer Grünen gibt es hin und wieder noch Leute, die nicht bei jeder Gelegenheit den Kotau vor dem Kapital und dem Koalitionspartner machen. Ein Beispiel hierfür ist der Rechtsanwalt Henning Kroymann, der durch sein engagiertes Vorgehen im Verwaltungsrat der Stadt-Sparkasse den Grünen Mitte der Neunziger zu einem achtbaren Wahlerfolg verholfen hat. Der Grüne Kroymann deckte auf, daß die Sparkassen-Holding rund 300 Mio. DM der Kontrolle des Verwaltungsrates entziehen wollte. Zum Leidwesen der Kapitalstrategen klagte er gegen diese Form von Geldhinterziehung und zog den geballten Zorn des Düsseldorfer Polit- und Kapital-Filzes auf sich. Allerdings schien auch einigen realpolitischen Parteikollegen ein solch energisches Vorgehen nicht ganz opportun zu sein für eine angestrebte grün-neoliberale Standortpolitik, und so wurde der engagierte Grüne von dem Posten zurückgezogen. Ohne Rückendeckung und ohne weiteren Posten im Verwaltungsrat blieb dem grünen Kämpfer nichts anderes übrig, als seine Klage in dem lang andauernden Verfahren zurückzuziehen und mit 21.000 DM Schulden für Prozeßkosten darzustehen. Weiteres Prozessieren mit unklarem Ausgang und ohne Rückendeckung hätte den Grünen möglicherweise vollends finanziell ruiniert.
Was in einem solchen Falle für jede kleine BürgerInnen-Initiative eine selbstverständliche Form von Mindest-Anstand ist, gilt jedoch nicht für die Düsseldorfer Grünen. Statt eifrig für ihren Mitstreiter Unterstützungsgelder zu sammeln, ließen die grünen "MitstreiterInnen" Kroymann mit seinen Prozeßkosten allein im Regen stehen. Doch damit nicht genug: Um den übergroßen Sozi-Koalitionspartner auch ja nicht zu verärgern, wurde zugesichert, daß der kämpferische Grüne fortan nicht mehr auf den politisch bedeutsamen Posten im Verwaltungsrat der Stadt-Sparkasse gesetzt und der Posten zudem an einen Sozi abgetreten werde. Zum Ausgleich wurde den Grünen ein Posten im Jugendhilfeausschuß verschafft: Pack schlägt sich - Pack verträgt sich!
Da hiermit die Grünen ohne Not eine politisch bedeutsame Kontrollfunktion aufgegeben hatten, ergriff die PDS im Rat politische Initiative. Ohne Forderung von Gegenleistungen setzte sie den engagierten grünen Rechtsanwalt auf die Kandidatenvorschlagsliste für den Sparkassenverwaltungsrat - ein Vorhaben, das mit den Grünen und den zwei PDS-Stimmen hätte durchgesetzt werden können.
Anstatt jedoch den eigenen Grünen für diesen Posten zu wählen, wurde die Sanktionskeule in SED-Manier aus der Tasche geholt: Die Mehrheit des grünen Kreisvorstandes aus Peter Lukaszyk, Falko Stampa und Stefan Engsfeld verkündete, der Grüne Henning Kroymann sei wegen der "Kandidatur auf einer konkurrierenden Liste" aus der Partei ausgeschlossen! Da ein Ausschluß Kroymanns politisch wie auch formalrechtlich nicht durchsetzbar war, erklärten die grünen Ausschluß-Vollstrecker, daß der engagierte Rechtsanwalt durch seine Nennung auf der PDS-Vorschlagsliste quasi "automatisch selbst" aus den Grünen ausgetreten sei.setzbar war, erklärten die grünen Ausschluß-Vollstrecker, daß der engagierte Rechtsanwalt durch seine Nennung auf der PDS-Vorschlagsliste quasi "automatisch selbst" aus den Grünen ausgetreten sei.
Obwohl Henning Kroymann wiederholt und offen betonte, nie aus den Grünen ausgetreten zu sein, wurden ihm fortan keine Einladungen zu Mitgliedsversammlungen mehr zugeschickt - die Verbannung des grünen Kämpfers und erklärten Kriegsgegners bei der Debatte um den Angriffskrieg auf Jugoslawien wurde damit ohne Rechtsgrundlage quasi amtlich. Nachdem einigen Grün-Bewegten langsam dämmerte, was für eine politische wie auch moralische Sauerei an dem engagierten Mitglied praktiziert wurde, kam der Vorschlag, Henning könne ja wieder "eintreten" und damit wäre der Fall ohne viel Wirbel wieder gegessen. Nur: ein Wiedereintritt ohne vorherigen Austritt erschien nicht nur dem praktizierenden grünen Rechtsanwalt mehr als bloß schwachsinnig. Damit wurde die Posse zu einem Fall für das Schiedsgericht, das logischerweise in allen Punkten der Beanstandung Henning Kroymanns Recht zusprach.
Diese formalrechtliche Entwicklung des überaus stümperhaft angegangenen Parteirauswurf-Versuches schienen einige Realo-Strategen der ehemaligen "Bürgerrechts-Partei" schon zu ahnen und griffen deshalb zu Stasi-Methoden der besonderen Art. So erdreistete sich das grüne Kreisvorstandsmitglied Peter Lukaszyk laut Auskunft Kroymanns an die TERZ, bei Leuten aus dem PDS-Umfeld telefonisch unter fadenscheinigen Gründen nachzufragen, wann und wo der Grüne Kroymann bei PDS-Zusammenkünften zugegen gewesen sei. Stasi-Aktensammlungen jetzt in Düsseldorfer Grünen-Geschäftsstellen? Im Umgang mit engagierten linken Mitgliedern scheinen bei den Grünen mittlerweile Methoden akzepiert zu werden, die wohl nicht nur den grünbewegten Brüdern und Schwestern vom seligen Bündnis 90 ziemlich fies aufstoßen könnten. Daß Düsseldorfs Grüne mit SED-Methoden dabei ausgerechnet eine grüne Kandidatur zu unterbinden versuchten, die von der Düsseldorfer PDS unterstützt wurde, gehört wohl zu den wenigen Spaßigkeiten der sonst so bitteren Realpolitik.