Das Schattenreich

Skandale bei der Stadt-Tochter IDR werden öffentlich –
Unternehmen soll zum Verkauf kaputtgeschossen werden

Aus der städtischen Tochtergesellschaft "Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz" (IDR) heraus werden die lokalen Medien seit Wochen nahezu täglich mit neuem Material über Skandale und Skandälchen versorgt. Parteispenden, Parties für die CDU, Champagnergeschenke an Aufsichtsratsmitglieder und horrende Bewirtungsbelege werden öffentlich. Doch der Grundskandal liegt in der Geschäftspolitik der IDR.

Seit Jahren dient die IDR AG der Ratsmehrheit von CDU und FDP vor allem dazu, im Zusammenhang mit Großinvestitionen einen Schattenhaushalt auszubauen, durch den das Märchen von der "wirtschaftlichen Schuldenfreiheit" der Landeshauptstadt Düsseldorf zum Fakt umgedeutet werden soll.

Bei der IDR AG, deren eigentlicher und ursprünglicher Zweck die Bereitstellung von Gewerbeflächen und -immobilien in der Landeshauptstadt war, sind im Lauf der Jahre zahlreiche Großprojekte angesiedelt worden, um deren Kosten nicht im städtischen Haushalt ausweisen zu müssen. Kein Wunder also, dass beispielsweise die Verbindlichkeiten der IDR AG gegenüber Kreditinstituten von rund 35,5 Millionen Euro Ende 2003 auf über 87 Millionen Euro Ende 2010 angewachsen sind und gleichzeitig ein Rückgang der Gesamtkapitalrentabilität der IDR AG von 22,5% (Ende 2000) auf nun nur noch 0,5% (Ende 2010) festzustellen ist. Die Verschiebung von Investitionen der Landeshauptstadt Düsseldorf hin zur IDR AG verlief dabei immer nach einem ähnlichen Muster. Beispiele:

Nicht die Landeshauptstadt, sondern die IDR AG baute den ISS Dome in Düsseldorf-Rath. Das Investitionsvolumen von über 60 Millionen Euro lag damit bei der IDR AG und tauchte im städtischen Haushalt nicht auf. Gleichzeitig war aber klar, dass die Landeshauptstadt den ISS-Dome für 30 Jahre von der IDR AG anmietet. Vorteil für die Ratsmehrheit aus CDU und FDP: Sie konnte mit dem Bau des ISS Dome punkten, ohne dass die Kosten des Bauprojekts in ihrer Gesamtheit im städtischen Haushalt zu Buche schlugen.

Auch der Bau des Ausstellungsraums "Kunst im Tunnel" an der Rheinuferpromenade verlief ähnlich. Die Baukosten von mindestens 3,5 Millionen Euro übernahm die IDR AG, die Stadt mietete den Ausstellungsraum dann von der IDR AG.

Schloss Eller wurde im Rahmen der Erbpacht von der Landeshauptstadt Düsseldorf günstig an die IDR AG "verpachtet", die Sanierungskosten von 4 Millionen Euro belasteten dann den IDR-Haushalt, nicht den der Stadt. Die Stadt wiederum mietet das Forsthaus des Schlosses dann von der IDR AG an.

Die Liste ließe sich fortsetzen, zeigt aber ja schon so, dass die IDR AG seit Jahren zur Verschleierung der städtischen Haushaltssituation und zum Aufbau eines gewaltigen Schattenhaushalts eingesetzt wird.

Dieser Umgang mit einem städtischen Unternehmen durch CDU und FDP (im Schlepptau immer dabei und einer eigenen Erwähnung eigentlich nicht wert: SPD und Grüne) hat die nun öffentlich gewordenen Kungeleien und Parteispenden natürlich mehr als begünstigt, ja sogar erst ermöglicht.

Ausgeschaltet wurde zudem die demokratische Kontrolle der letztlich öffentlichen Bauvorhaben, ihrer Kostenentwicklung und Sinnhaftigkeit durch den Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf. Jede Ausgliederung von Aufgaben ist auch eine Ausgliederung und Verabschiedung von demokratischer Kontrolle.

Seit einigen Monaten ist nun klar, dass das Schattenreich von CDU und FDP bedroht ist. Die hohen Investitionssummen und die Kostenexplosion bei Bauprojekten wie der Tiefgarage Barbarossaplatz in Oberkassel führen zu mangelnder Liquidität des Unternehmens, die ganze Blase droht zu platzen, weil sich Kosten und Zinsen der Projekte durch die städtischen Mietzahlungen nicht decken lassen. Und auch der Landeshauptstadt selbst geht langsam die Luft aus. Die finanziellen Rücklagen sind nahezu verbraucht, kostenträchtige Vorhaben werden schon jetzt geschoben. Eine städtische Finanzspritze an die IDR AG wird es also nicht geben, wahrscheinlicher – und darauf spekulieren CDU und FDP – ist ein Verkauf des kommunalen Unternehmens, das ja über beträchtlichen Grundbesitz verfügt.

Diese Entwicklung ist ein Grund dafür, dass nun die IDR-Skandale intern untersucht und gleichzeitig teilweise öffentlich werden. Der bisherige Geschäftsführer Heinrich Pröpper, ein Erwin-Adlatus erster Güte, wird zum Verantwortlichen für die schlechten Geschäftszahlen gemacht, garniert wird das mit Vorwürfen über falsche Spesenabrechnungen und ähnliches. Er wird abgesetzt. Übrigens zu Recht – aber eben auch, um einen Sündenbock zu haben. Denn es waren ja CDU und FDP, die die IDR bewusst so aufgeplustert hatten. Und Pröppers "spezielle" Geschäftspraktiken waren den Aufsichtsratsmitgliedern sämtlichst bekannt: Von der CDU bis zu den Grünen ließen sie sich jährlich ihre Champagnerkisten ins Haus liefern oder gingen mit Ehepartner_innen auf IDR-Kosten schick essen. Zu viert für schlappe 600 Euro. Parteispenden an CDU, SPD und Grüne gab es von der IDR AG oben drauf. Genauer: von einer 100%igen Tochter der IDR AG, damit es nicht so auffällt, dass ein städtisches Unternehmen an Parteien spendet – und um das Parteiengesetz einzuhalten.

Dem munteren Treiben und Bekanntwerden der Skandale bei der IDR AG schaut die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft abwartend zu: Seit Wochen weigert sie sich beharrlich, förmliche Ermittlungen aufzunehmen. Eine politische Rücksichtnahme, die Antifaschist_innen und Antimilitarist_innen in Düsseldorf noch nie zu spüren bekamen. Fortsetzung folgt garantiert.

FRANK LAUBENBURG