Antifaschistische Aktivitäten und Neues aus der Naziszene

WZ schützt "Power Station"

Nachdem die Kampagne des "Offenen Antifatreffens" (OAT) gegen den Plattenladen "Power Station" (Bilker Allee 70) monatelang von der lokalen Presse ignoriert worden war, meldete sich am 19.1.2000 die "Westdeutsche Zeitung" zu Wort. Der Autor Dieter Sieckmeyer, ein ehemaliger BILD-Reporter und Mitglied der FDP, ließ aber nicht etwa das OAT, sondern den Inhaber des Plattenladens Bernd Buse ausführlich zu Wort kommen. Und dieser nutzte die ihm gebotene Chance ausgiebig, seine Unschuld zu beteuern. Den "liberalen" Sieckmeyer zumindest scheint er überzeugt zu haben. Die Tatsache, dass Buse u.a. die gesamte Palette des Rechtsrocks in seinem Laden anbietet, führt Sieckmeyer auf den "Sinn fürs Komplettprogramm" des Inhabers zurück. Durch die Auslebung dieses "Sinns" habe sich Buse eine "Dauerfehde" mit der Antifa eingehandelt. Auch Buses Kommunalwahlkandidatur 1994 für die REPs scheint Sieckmeyer nicht von dem Plan abzubringen, ihn reinzuwaschen. Buse sei von einem Freund überredet worden und zudem kein Parteimitglied gewesen. Der obligatorische Presseanruf bei der Polizei "bestätigte" Buses Harmlosigkeit.

In einem LeserInnenbrief des AStA der FH Düsseldorf wird Sieckmeyer allerdings scharf kritisiert. Hier heißt es: "Was wollen Sie uns eigentlich ... sagen, Herr Sieckmeyer? Etwa, dass nichts gegen 'Power Station' einzuwenden sei, da nicht ausschließlich rechter Mist verkauft wird? Oder etwa, dass es schon einmal passieren kann, dass man sich 'überreden' läßt, für die REPs zu kandidieren? Oder gar, dass man sich gegen neonazistische Strukturen erst dann wehren darf, wenn sie verboten sind? ... Vielleicht steckt hinter der Tatsache, dass Buse sogar Mitglieder der neonazistischen 'Kameradschaft Düsseldorf' in seinem Laden beschäftigt, ja auch nur sein 'Sinn fürs Komplettprogramm' ... Übrigens: Kein Neonazi ... verkauft in einem öffentlichen Ladenlokal verbotene Artikel. Dafür bietet Buse aber die ganze Palette des Rechtsrocks an. ... Natürlich nicht ausschließlich Rechtsrock, aber das hat das OAT ja auch niemals behauptet. ... Ob Buse selbst über ein geschlossenes neonazistisches Weltbild verfügt, wissen wir nicht; dafür aber um so sicherer, dass er im Sinne der Neonazis tätig ist ... Warum sollte die militante Neonaziszene sonst Werbung für 'Power Station' machen? Es bleibt festzustellen, dass sich Sieckmeyer, und damit auch die WZ, mit diesem Artikel - wenn auch ungewollt - zu Handlangern der Neonazis gemacht haben. ..."

Hinzuzufügen wäre eigentlich nur noch, dass es wohl nicht weit her ist mit der Ankündigung der Hauseigentümerin, Buse vor die Tür zu setzen. Offensichtlich hat sie zwischenzeitlich kalte Füße bekommen. Sieckmeyers Artikel wird sie in ihrem Rückzug sicherlich noch einmal bestärkt haben. Zu ergänzen wäre zudem, dass tatsächlich mindestens ein Mitglied der "Kameradschaft Düsseldorf" für Buse arbeitet. Es handelt sich um Elke Assmann, die seit Jahren auf nahezu jeder Neonazi-Demonstration in der BRD zu finden ist und nur zwei Steinwürfe vom Plattenladen entfernt auf der Volmers-werther-straße wohnt.

Neuer Nazi-CD-Versand in Düsseldorf

Offensichtlich erfreut sich das "weltoffene" Düsseldorf und dessen Umland größter Beliebtheit in der neonazistischen Szene. Nicht nur, dass von hier aus der währenddessen umsatzstärkste Vertrieb von Nazirockmusik ("Moderne Zeiten Vertrieb") und das größte Nazilabel ("Funny Sound") agieren; seit kurzer Zeit hat auch eine einschlägig bekannte Neonazi-Aktivistin ihren Wohnsitz in die Landeshauptstadt verlegt und betreibt von hier aus einen CD-Versand. Die Rede ist von Melanie Dittmer und ihrem "Hagerland-Versand", den sie von ihrer Privatwohnung in der Ardennenstraße 28 (Düsseldorf-Heerdt) aus betreibt. Obwohl erst 21 Jahre alt, gehörte Dittmer in den letzten Jahren zu denjenigen Personen in der militanten Neonazi-Szene in NRW, die den politischen Kurs entscheidend mitbestimmten. Sie zählt zu den wenigen Frauen, die in der nordrhein-westfälischen Neonazi-Szene überhaupt etwas zu sagen haben.

Dittmer trat Mitte der neunziger Jahre der Jugendorganisation der NPD, den "Jungen Nationaldemokraten" (JN) bei und stellte spätestens ab 1996 ein wichtiges Bindeglied zwischen der JN und der neonazistischen Skinhead-Szene dar. Sie war Redaktionsmitglied bzw. Autorin verschiedener JN-Zeitungen und neonazistischer Fanzines. Lokal trat sie insbesondere in ihrem Heimatort Dorsten und in Dortmund in Erscheinung. Im Dortmunder JN-"Stützpunkt" gehörte sie zu den tonangebenden Personen und verfügt über beste Kontakte zu neonazistischen Strukturen im gesamten Bundesgebiet.

Seit ungefähr einem Jahr ist es ruhiger um Dittmer geworden. Offensichtlich hat sie die Zeit genutzt, der JN den Rücken zu kehren und einen eigenen Versand aufzubauen. Nicht nur ihr Umzug nach Düsseldorf deutet darauf hin, dass der "Hagerland-Versand" ein dem "MZ-Vertrieb" angegliederter Versand ist. Inhaber des "MZ-Vertriebs" und des Labels "Funny Sound" ist bekanntlich der Düsseldorfer Nazi-Yuppie Torsten Lemmer. Eine Zusammenarbeit zwischen Lemmers Mannschaft und Dittmer dürfte von besonderer Brisanz sein, da sie die Liquidität eines florierenden Unternehmens, das allerdings in der Szene aufgrund seiner Kommerzialität einen schlechten Ruf hat, mit den Beziehungen einer in der neonazistischen Szene anerkannten Aktivistin zusammenführt. Es steht also zu befürchten, dass sowohl der "Hagerland-Versand", als auch das Lemmer-"Reich" von dieser "stillen" Fusion profitieren werden. Außerdem dürfte der Zuzug von Melanie Dittmer eine Stärkung der politisch arbeitenden lokalen Neonazi-Struktur bedeuten.

Wenn Dummheit weh täte ...

Ein ganz besonderes Prachtexemplar der Neonazi-Szene konnten BesucherInnen eines Prozesses vor dem Düsseldorfer Amtgericht am 13.1.2000 beobachten. Angeklagt war der 31-jährige Andreas Schiffko, der vor dem Heimspiel von Fortuna Düsseldorf gegen Hannover 96 am 7.5.1999 in der Straßenbahn mehrmals den Hitlergruß entrichtet hatte. Eine Frau, die ebenfalls ins Rheinstadion wollte, stellte ihn daraufhin zur Rede, woraufhin sie bedroht und beschimpft wurde. Die Frau ließ sich nicht beeindrucken und entschloss sich, Anzeige zu erstatten, was sich allerdings als äußerst schwieriges Unterfangen herausstellte, da die vor dem Rheinstadion postierte Polizei an dem Vorfall interessiert war. Erst nach mehreren hartnäckigen Anläufen nahm die Polizei die Anzeige und Schiffkos Personalien auf. Während des Prozesses wusste Schiffko, der ohne Begleitung und Anwalt erschienen war, durch eine bestechende Pro-zessstrategie zu glänzen. So berichtete er mehrmals von strafrechtlich relevanten Vorfällen, die ihm gar nicht vorgeworfen worden waren. So zum Beispiel, dass er mehrfach "Sieg Heil" und "SS-SA-Fortuna" gerufen und die Anzei-genstellerin bedroht und beleidigt hätte. Zehn Jahre sei er in rechten Skinheadszene in Süddeutschland gewesen, bevor er nach Düsseldorf gezogen sei. Bis dahin hatte er eine beeindruckende Sammlung einschlägiger Vorstrafen gesammelt. Letztendlich kassierte er für das Zeigen des Hitler-Grußes am 7.5. drei Monate Haftstrafe, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden, sowie eine Geldstrafe in Höhe von 600 DM.

Am Vorabend des Prozesses hatten im übrigen Neonazis im Gebiet um das Gerichtsgebäude massiv Aufkleber mit der Parole "Fortuna-Fans gegen links" verklebt. Per Presseerklärung meldeten sich die neonazistischen Schmierfinke unter dem Logo "Jugendopposition Düsseldorf" zu Wort. Sowohl für die Aufkleber, als auch für die Presseerklärung zeichnete Jan Zobel verantwortlich. Bei Zobel, der sich in der Presseerklärung um einen seriösen Eindruck bemühte und "Dialog statt Repression gegen Andersdenkende" und einen "fairen Prozess für Andreas Schiffko" forderte, handelt es sich um den ehemaligen Landesvorsitzenden der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) in Hamburg. Er zeichnete Mitte der neunziger Jahre auch für die Zeitschrift "Einheit und Kampf", dem damaligen Organ des JN-Bundesverbandes, verantwortlich. Noch heute findet man in Düsseldorf hunderte von Aufklebern mit dem Logo dieser Zeitschrift, obwohl sie bereits 1997 eingestellt wurde. Zobel verlegte seinen Wohnsitz 1997 nach Düsseldorf und ist heute einer von zwei Chefredakteuren des in der BRD auflagenstärksten Rechtsrock-Magazins "Rock Nord", dass u.a. von Torsten Lemmer herausgegeben wird. Offensichtlich hat Zobel die letzten 2 1/2 Jahre auch dahingehend genutzt, einen Kreis von rechten Jugendlichen um sich zu scharren, die jetzt nach und nach Aktivitäten entfalten.

Braune Burschen

Ohne Berührungsängste gegenüber der Neonaziszene zeigt sich in letzter Zeit die Düsseldorfer "Alte Hallesche Burschenschaft Rhenania-Salingia". Zwar hatte sie immer schon mit der extremen Rechten sympathisiert, bislang aber bis auf wenige Ausnahmen eine Zusammenarbeit mit dieser nicht offen präsentiert. Nun aber haben die Düsseldorfer Burschen öffentlich zur Schau gestellt, welch` Geistes Kinder in ihren Reihen den Ton angeben. Erst am 17.11.1999 wurde der neuen Star am Nazihimmel, der Berliner Rechtsanwalt Horst Mahler, zu einem Vortrag eingeladen, bei dem er eine geballte Ladung seiner antisemitischen Weltver-schwö-rungs-theorie präsentieren durfte (vgl. TERZ 12/99). Am 21.1.2000 legte die "Rhenania" noch einmal nach. Zu einer Vortragsveranstaltung "zur aktuellen politischen Lage" wurde Harald Neubauer, einer der Herausgeber des publizistischen Flaggschiffs der extremen Rechten in der BRD, der Monatszeitschrift "Nation und Europa", präsentiert. Der 49-jährige Neubauer hat im Laufe seiner 30-jährigen politischen Tätigkeit in der extremen Rechten bereits fast alle wichtigen Parteien durchlaufen. Er bekleidete Funktionen in der NPD, der DVU, bei den REPs und bei der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH). Er soll in den siebziger Jahren sogar Mitglied der illegalen NSDAP-AO (Auslands- und Aufbauorganisation) gewesen sein. Zuletzt fungierte der heute parteilose Neubauer als Bundesvorsitzender der DLVH. Heute tritt er hauptsächlich als Referent bei Veranstaltungen aller Schattierungen der extremen Rechten und als Autor in Erscheinung. All das scheint Neubauer nach Auffassung der "Rhenania" eher auszuzeichnen als zu disqualifizieren. Es wäre sehr interessant, die Meinung der Düsseldorfer CDU zu diesen Vorfällen zu erfahren. Immerhin sind eine Reihe der Aktiven der "Rhenania"-Mitglieder dieser Partei und in der CDU-Jugendorganisation "Junge Union" bzw. in der CDU-Studentenorganisation RCDS an der Heinrich-Heine-Universität aktiv.

Aber offensichtlich schert es auch die Düsseldorfer CDU wenig, was der schwarz-braune Nachwuchs so treibt. Bleibt die Frage, ob auch OB-Erwin-Tochter Angela, die es immerhin schon zur stellvertretenden Vorsitzenden und Schatzmeisterin des RCDS Düsseldorf gebracht hat, dem von den CDU-Burschen organisierten Neubauer-Vortrag gelauscht hat. Teilnehmen durfte sie auf jeden Fall, war das Mitbringen von "Damen" laut Semesterprogramm der Rhenania bei dieser Veranstaltung doch explizit gestattet.