Leserbrief

zu dem Beitrag in der Februar-Terz über eine Israel/Palästina-Veranstaltung des Friedensforums

Normalerweise drucken wir LeserInnenbriefe, die von "einflussreicher zionistischer Israel-Lobby" - wortgleich mit Finkelstein-Parolen - schwadronieren, in der TERZ nicht ab. Hier eine Ausnahme in der Hoffnung, dass beim "Düsseldorfer Friedensforum" vielleicht doch Auseinandersetzungen über solche Platitüden stattfinden. (Hinweis: der Punkt 2 fehlte in der uns zugesendeten Mail)

Liebe GenossInnen,erlaubt mir ein paar Bemerkungen zu dem Beitrag in der Februar-Terz über eine Israel/Palästina-Veranstaltung des Friedensforums (...). Ich war der erwähnte Referent.

1. In der Tat wurde im Referat die Zusammenarbeit - zwar nicht "der" palästinensischen Nationalbewegung, wie der Artikel in Anschluss an den zitierten "kritischen Zuhörer" behauptet, aber doch von wichtigen Exponenten ihres feudal-reaktionären Flügels, insbesondere des Mufti von Jerusalem, mit dem Hitlerfaschismus nicht erwähnt. Wie auch vieles andere nicht erwähnt wurde, was zur Vorgeschichte des heutigen Konflikts gehört: z.B. das Wirken des zionistischen Rechtsextremisten und Mussolini-Bewunderers Jabotinsky, der Anfang der 20er Jahre zusammen mit dem späteren Mufti von der britischen Kolonialmacht zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde. In meinem 40-minütigen Referat ging es nämlich erklärtermaßen darum, Ansatzpunkte für einen friedlichen Ausweg aus der heutigen blutigen Konfrontation zu finden; und zwar einen Ausweg, der den Interessen der jüdischen wie der arabischen Bevölkerung der Region gleichermaßen gerecht wird.

3. Der Referent hat mit dem Hinweis auf Vertreter der nationalen Befreiungsbewegung Indiens, die während des 2. Weltkriegs auf die Nazis als "Feinde ihres Feindes", des britischen Imperialismus setzten, nicht "sich verteidigt" (wogegen auch?), sondern darauf aufmerksam gemacht, dass diese falsche Haltung kein Spezifikum von Teilen der palästinensischen Nationalbewegung war - und demnach auch nicht als Beweis für den besonders reaktionären Charakter der Palästinenser dienen kann, wie der "kritische Zuhörer" meinte.

4. Wer, wie der "kritische Zuhörer" und Artikelschreiber, Hamas und Hisbollah über den einen Kamm des "Klerikalfaschismus" schert, ohne den sozialen und politischen Verhältnissen, die diesen islamistisch geprägten Bewegungen Massenzulauf verschaffen, die geringste Aufmerksamkeit zu schenken, beweist a. sein mangelndes Differenzierungsvermögen, b. seine Unfähigkeit zu einer materialistischen Analyse kultureller und ideologischer Phänomene und c. seinen absoluten Willen zur Demagogie. Das entwertet auch seine - im Prinzip berechtigte - Kritik an der irregeleiteten und gefährlich irreleitenden Rede vom "jüdischen Kapital in Amerika". Dass es in den USA eine einflussreiche zionistische Israel-Lobby gibt, kann freilich nur bestreiten, wer völlig vernagelt durch die Welt geht. Ich würde sie schon deshalb nicht als "jüdische" Lobby bezeichnen, weil das ihren angemaßten Anspruch bestätigen würde, für die gesamte Judenheit zu sprechen - deren Repräsentantin aber ist sie genau so wenig, wie, sagen wir, Opus Dei "die" Christenheit repräsentiert.

5. Der Artikels endet mit einer Infamie. Zunächst wird dem Publikum die Äußerung eines einzelnen Teilnehmers untergeschoben - und damit die argumentative Voraussetzung dafür geschaffen, ihm insgesamt "verdeckten Antisemitismus" vorwerfen zu können. Und das Publikum, das sind, auf Assoziationsketten ist Verlass!, natürlich die Einfaltspinsel vom Düsseldorfer Friedensforum, die pazifistisch und zugleich antisemitisch genug sind, um nicht begreifen zu wollen, dass dem islamistischen Arabergesocks nur mit Gewalt beizukommen ist... Letzteres ist, ich gebe es zu, eine Unterstellung meinerseits. Allerdings keine aus der Luft gegriffene. Derselbe Teilnehmer, der vom "jüdischen Kapital" sprach, hatte nämlich kurz zuvor "die Moslems" angegriffen; der einzige, der ihm applaudierte, lautstark, war: unser "kritischer Zuhörer"! Warum wohl?

6. Der Artikel beruht offenbar auf einem per Mail verbreiteten Pamphlet von Carl Zelent (...). Er ist eine nicht ungeschickte Mixtur aus tendenziös ausgewählten und präsentierten Details, Halbwahrheiten und übelsten Unterstellungen. Zu der Zeit, da ich noch als Lehrer tätig sein konnte, habe ich derlei Texte benutzt, um den kritischen Sinn meiner Schüler zu schärfen. Die Berufsverbote haben dann solchen verfassungsfeindlichen Aktivitäten einen Riegel vorgeschoben. Mit Erfolg, wie man sieht.

Mit solidarischen Grüßen

Hermann Kopp