Weltausstellung ohne USA

"Entscheidend für die Abstinenz der amerikanischen Unternehmen" sei gewesen, berichtete die »Zeit«, daß eben "Globalisierung und eine nach Nationen strukturierte Expo nicht mehr zusammen (passen). Immer mehr Firmen sind bestrebt, ihre nationale Identität gegen eine internationale einzutauschen. 'Die wollen sich als Global Player präsentieren und nicht in der Kaffeeküche des US-Pavillon'" eingesperrt sein.

Genau solche Global Player aber gelten dem Wirtschaftsteil der »Zeit« als "Giganten ohne Heimat". Und weil also die Expomacher von Volk und Heimat nicht lassen wollten, stur an ihrem Konzept der Expo als Aufeinandertreffen der Nationen festhielten, war den Amerikanern die Sache einfach "zu blöd" (taz). Wer will auch schon zum millionsten Mal sehen, wie "rund 100 Tahitianerinnen ihren Traditionstanz O Tahiti E" zeigen - im Baströckchen und mit Blumenbusen (Express). Die Expomacher jedoch nötigten ihre Gäste, zur Auftaktveranstaltung alle nur denkbaren landesspezifischen Klischees zu präsentieren: "Brasilianer feiern Karneval, türkische Derwische tanzen, Mongolen zeigen Ringkämpfe und Aboriginees 50.000 Jahre alte Zeremonien" (Bild).

"Ich finde die Expo auch gut", schrieb Joseph von Westphalen, "weil sie ein Reinfall ist, weil es lustig ist, wenn sich Deutschland blamiert". "Eine solche Weltausstellung (ist) nicht mehr unbedingt zeitgemäß", sagte der US-Botschafter John Kornblum kühl.

Verstockt aber machten die Expomacher die Amis selbst dafür verantwortlich, "daß die erforderlichen Sponsorengelder" für den amerikanischen Beitrag "nicht zusammenkamen". Der amerikanische Generalkommissar, William Rollnick, "habe es nicht verstanden, die Idee der Expo nahe zu bringen". (Zeit) Folglich müssen die Amerikaner für den völkisch-folkloristischen Nationalismus der Expodeutschen irgendwie wenig empfänglich sein.

Während hingegen die Deutschen nicht einmal unter dem Druck der alles durchdringenden Totalität globalkapitalistischer Notwendigkeit zu einer wenigsten universellen Einstellung bewegt werden können. Sie verharren in romantisch-reaktionärer Abwehr. Fast schon krankhaft wähnt ein solcher Nationalismus Deutschland als den Mittelpunkt der Welt(ausstellung). "Wenn das weitläufige Weltausstellungsgelände einen Mittelpunkt hat, dann hier ... der deutsche Pavillon. Er ist bei weitem der größte Nationenpavillon auf der Expo", kriegte sich die »Frankfurter Allgemeine« nicht mehr ein, "eine eindrucksvolle Visitenkarte Deutschlands".

Zugleich wird solcher Drang, im Mittelpunkt stehen zu wollen, verleugnet und pathologisch auf die ferngebliebenen Amis projiziert: "Offenbar hatten die Meister der Selbstdarstellung auch Schwierigkeiten mit einem Auftritt, der ihnen nicht von vornherein die Star-Rolle garantierte". Denn diese hatten die Expodeutschen schon für sich selber reserviert. Dementsprechend beschrieb der britische »Independent« die Expo als "nationales Projekt, um der Welt cool Germania vorzuführen". "Mit teutonischem Stolz" habe die Weltausstellung begonnen, berichtete der »Spiegel«, um, weil es langsam zu peinlich wurde, mit "neuer deutscher Leichtigkeit" weiterzugehen. Selbst einem wie Gerhard Schröder konnte wohl die Peinlichkeit der Situation nicht mehr verborgen bleiben, so daß er in der Eröffnungsrede seine Volksgenossen ermahnte: "Wir müssen internationaler werden". "Weltoffen" und "tolerant" präsentiere sich Deutschland auf der Expo, schwallten die Sonntagsredner.

Wenige Tage später, am 14. Juni 2000, nach einer Begegnung mit der neuen deutschen Leichtigkeit dreier Neo-Nazis verstarb in Dessau der schwarze Alberto Adriano an den Folgen seiner Verletzungen. Die drei Deutschen hatten ihn zu Tode geprügelt. »Bild«, »FAZ«, Anfangs auch die »taz« sowie deren Wochenvariante »Jungle World« wollten in dem schwarzen deutschen Staatsbürger Alberto Adriano partout immer noch einen "Mosambikaner" sehen.

CARL ZELAND