Billig freigekauft

Die Gerresheimer Glas AG hat kräftig verdient an der Auspressung von Zwangs-arbeiter-Innen im NS-Regime. Deshalb stellte der kritische Aktionär Uwe Koopmann, zugleich DKP-Vertreter in der Bezirksvertre-tung 7, letztes Jahr auf der Aktionärsversammlung den Antrag auf Beitritt zum Entschädigungsfonds mit einem ersten symbolischen Beitrag von 1 Mio. DM. Der Antrag wurde mit 99% Stimmenanteil abgelehnt. Auf der Aktionärsversammlung vom Juni dieses Jahres brachte Koopmann das Thema wiederholt auf die Tagesordnung. Er führte auf, daß die Gerresheimer Glas AG nun doch dem Entschädigungsfonds beigetreten sei und fragte nach der Höhe der Einzahlung. Dazu Dr. Ott vom Aufsichtsrat: "Wir sind dann im November mit einem Betrag von 500 000 DM beigetreten (...) Es gibt hier ja keine Beiträge, sondern der Fonds hat eine Tabelle erstellt, nach der man sich selbst einschätzen kann. Das haben wir getan, und da war der Betrag von 500 000 DM richtig. Inzwischen hat sich die Entschädigungsfrage für die spät Hinzugekommenen sehr auf die Umsatzrelationen verengt. Das heißt, daß ein Promille vom Umsatz gezahlt werden möge. Das mögen die spät Hinzukommenden dann auch tun. Ich glaube, wir haben unseren Beitrag sehr früh geleistet, um die ganze Geschichte in Gang zu bringen. Insofern glaube ich, daß wir dort angemessen eingezahlt haben."

Streit um die soldatische Volksgemeinschaft

Auf Einladung der Gerresheimer Bezirksvertretung veranstaltete das Wehrbereichskommando III/7.Panzerdivision letzten Monat anlässlich des Stadtbezirksfestes ein Konzert des Heeresmusikkorps 7. Also Militarismus-Verherrlichung mit Soldatenliedern in bester Tradition für die Volksgemeinschaft. CDU-Bezirksvorsteher Pruch-niew-ski hat diese Gruselveranstaltung durch einen anbiedernden Brief an den Brigadegeneral Bohr von der Reitzensteinkaserne in Gang gebracht: "In Kenntnis der Tatsache, daß Platzkonzerte und Ähnliches nicht mehr dem Zeitgeist entsprechen, möchte ich Sie ersuchen, den Einsatz Ihres Heeresmusikkorps in Form eines Open-Air-Konzertes zu genehmigen", so der stramme Bezirksvorsteher und Gerres-heimer Schützenkönig. Dagegen gab es Protest von den Sozis. Etwa gegen Militarismus und Krieg? Auszüge aus der Erklärung: " Die SPD-Fraktion der BV 7 hat mit Entsetzen den Brief des Herrn Bezirksvorstehers Günther Pruchniewski an den Herrn Brigadegeneral zur Kenntnis genommen. So sehr die SPD-Fraktion es begrüßt, den Einsatz des Heeresmusikkorps zu genehmigen, so sehr verurteilt sie auch die darin (in dem Brief) enthaltenen inhaltlichen und verbalen Entgleisungen. Mit den Formulierungen >Leider ließen die politischen Mehrheitsverhältnisse in unserem Stadtteilparlament bis zum 1.9.99 eine engere Bindung zu den Düsseldorfer Soldaten nicht zu< brüskiert der Bezirksvorsteher nicht nur die gesamte Bürgerschaft im Stadtbezirk, sondern schürt Zwietracht zwischen Bevölkerung, Politik und Bundeswehr."

Wahn- und Verrenkstätte?

Im Foyer des Rathauses ist nun eine Ausstellung der ganz besonderen Art zu besichtigen. Unter dem Titel "Mut und Zivilcourage in Deutschland 1933-1989" werden die deutschen Nazi-Verbrechen durch Vergleiche mit der SED-Diktatur" relativiert. Kein Wunder, daß der CDU-Rechtsaußen Erwin die Ausstellung eröffnet. Der Neusser CDUler Dr. Hans-Ulrich Klose moderiert zudem eine Begleitveranstaltung mit dem Titel "Zwischen Verfolgungseifer und gesellschaftlicher Amnesie - über den angemessenen Umgang mit Systemunrecht". Damit die Amnesie nicht gleich fortgesetzt wird: Klose war noch vor wenigen Monaten Hauptredner auf der Festveranstaltung des extrem rechten "Verbandes Deutscher Soldaten", dem auch OB Erwin Grüße übermittelte. (siehe S.2) Neben der Landeshauptstadt gibt sich auch die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf als Veranstalter für solche totalitarismustheoretischen NS-Verharmlosungen her. Die Abhängigkeit von den städtischen Finanztöpfen bestimmt wohl auch dort mehr und mehr das Bewußtsein...

Erwin als Platzwart

Wenn sich eine Werbeagentur auf dem Gelände einer ehemaligen Tankstelle breit macht, empfindet sie es als gelungenen Gag, per Kunst-Tanksäule an die vorherige Nutzung des Platzes zu erinnern. Und die Baumeister der neuen IT-Tempel an der Medienmeile gefielen sich darin, in ihrer Architektur Schiffsformen aufzugreifen. Metaphorisch eine Tradition beschwören, die man real zerstört - dieser Herangehensweise fühlte sich auch Günther Uecker bei der Gestaltung seines Platzes verpflichtet. Kieselsteinchen sollen dort ein Flussbett symbolisieren und im Zusammenspiel mit Granitblöcken "eine artifizielle Strömungsverbindung zwischen Hafen und dem Stadtteil Bilk" darstellen. Leider machte das es aber den neuen Medien-Menschen schwer, mit Pömps oder offenem Schuhwerk zu ihren Zukunftsarbeitsplätzen zu gelangen und mitgeschleppte kleine Kiesel fügten den Designer-Böden der Büros so manchen schmerzlichen Kratzer zu. Auch die Stadtreinigung hatte ihre liebe Müh' mit der Kunst. Die Steinchen verstopften die Gullys, erschwerten das Auflesen von Kronkorken und lösten "Pfützenbildung" aus. Deshalb ließ die Stadtverwaltung den Platz kurzerhand asphaltieren, was gehörigen Standort-Schaden anzurichten drohte. Düsseldorfs Ruf als Kunststadt war in Gefahr. Ein Fall für Erwin. Der OB erklärte die Angelegenheit zur Chefsache und gab das Kommando zur Neubekie-se-lung.

Sozialpolitik mit der Abrissbirne?

"Die Idee des Zusammenlebens ist gescheitert. Wir haben auf dem Ex-Jagenberg-Gelände 600 Neubau-Wohnungen, in denen Menschen aus 23 Nationen leben. Von Integration kann trotz aller Bemühungen keine Rede sein", verkündet Helmut Dill vom Vorstand der Landesentwicklungsgesellschaft LEG. Er liebäugelt deshalb mit dem Gedanken, "soziale Brennpunkt"-Siedlungen wie in Hassels-Nord, Garath oder Reisholz nach holländischem Vorbild dem Erdboden gleichzumachen. Rund um den Salzmann-Bau auf dem ehemaligen Jagenberg-Grundstück ist von Integrationsbemühungen allerdings nie viel zu sehen gewesen. Ein bißchen Sozio-Kultur, viel Schlecker, mitten auf dem Areal ein riesiger Verwaltungsbau, alles zugepflastet und ein Schild, das die Halbherzigkeit des ganzes Projekts auf den Punkt bringt: "Spielen erlaubt. Fußballspielen verboten!" Klar, dass hier kein Multikulti-Paradies sprießt.
Die Verslumung von Beton-Silos zu verhindern, ist sicherlich ein schwieriges Unterfangen. Aber Sprengungen schaffen das Problem nicht aus der Welt. Diese setzen nämlich die Mechanismen des Immobilien-Marktes nicht außer Kraft, die immer fein Arm zu Arm und Reich zu Reich sortieren, weil eine soziale Durchmischung der Wohngebiete die Preise verdürbe.

Ungewisse Stadtwerke-Zukunft

Nach dem Versuch der Düsseldorfer Stadtwerke, über einen kommunalen Verbund mit den Energie-Erzeugern anderer Städte auf dem privatisierten Strom-Markt konkurrenzfähig zu bleiben, scheiterte auch die Bemühung, sich auf dem Dienstleistungssektor ein zweites Standbein zu schaffen. Das Landgericht untersagte der städtischen Tochtergesellschaft, die Gebäuderei-ni-gungs-firma "innovatio" weiterzubetreiben. Jetzt soll die Unternehmensberatung Berger über die endgültige Zukunft der Stadtwerke entscheiden. Oberbürgermeister Erwin und Hans-Otto Christiansen von der SPD haben diese politische Entscheidung an den Beratungsdienstleister delegiert. Was bei der Expertise herauskommt, scheint jetzt schon klar, denn selten nur riet ein Unternehmensberater zu etwas anderem als zu einer Privatisierung. Beherzigte die Stadt diesen Ratschlag, gäbe sie eine wichtige umweltpolitische Gestaltungsmöglichkeit aus der Hand und förderte die Herstellung von ökologisch bedenklich produziertem Billigstrom.

Krach beim "Neusser Monat"

Bei unseren Freunden vom "Neusser Monat" hat es mächtig geknallt. In der letzten Ausgabe (4/00) geht Erik Penner mit seinem Redaktionskollegen Max Weber hart ins Gericht. Dieser lehne die revolutionäre Arbeit der PDS im Parlament ab, behauptet Penner, obwohl "Lenin in scharfen Worten die ‚Max Webers' seiner Zeit (geißelte), d.h. sich ultraradikal gebärdende Phrasendrescher, die nicht begreifen wollten, dass der Kommunist nicht trotz, sondern gerade wegen seiner prinzipiellen Ablehnung des bürgerlichen Parlamentarismus verpflichtet ist, die Tribüne des Parlaments so lange revolutionär zu nutzen, bis die Zeit reif ist für den Systemumbruch."
Penner empfiehlt, die PDS daran zu messen, "ob in der nächsten Zeit ihre progressiven Ansätze im Stadtrat druckvoller vertreten werden als vorher oder ob diese eher eine Verwässerung erfahren."
Gesagt, getan. Am 24. Juli schlugen wir die Neuss-Grevenbroicher Zeitung auf und erfuhren, dass die PDS zusammen mit den Unabhängigen sich vehement in die Kampfhundediskussion eingemischt hat: "‚Im Grundsatz völlig richtig', so beurteilen die beiden Stadtverordneten der Fraktion Unabhängige / PDS, Angelika Tups und Roland Sperling, die neue Landeshundeverordnung. Tups und Sperling haben gegen die Anleinpflicht nichts einzuwenden. Sie machen jedoch darauf aufmerksam, dass es in Neuss wie in anderen Kommunen städtische Satzungen gibt, die noch weitere Pflichten für Hundebesitzer vorschreiben." Genial, wie die Neusser PDS die Tribüne des Parlamentes nutzt, um der Bourgeoisie die scheinheilige Maske herunterzureißen, so dass sich deren häßliche Fratze zeigt!

VHS zur New Economy-Schmiede

Das vom Landtag NRW beschlossene "Gesetz zur Modernisierung der Weiterbildung" nimmt die Volkshochschulen stärker in den Dienst staatlicher Arbeitsmarktpolitik. Sie sollen den Menschen nicht mehr länger allgemeinbildende Flausen in den Kopf setzen, sondern ihn fit für die "New Economy" machen. ETV, Multimedia, Internet und der ganze Kokolores stehen jetzt verstärkt auf dem Stundenplan, während Kursangebote zu Kultur, Sport oder Gesundheit zusammengestrichen werden.

Vorsicht, falsche Freunde! Polizei gegen Rechtsradikale

In linken Kreisen wird häufig beklagt, dass die Polizei nicht im ausreichenden Maße gegen Rechtsradikale vorgehe. Oft wird vermutet, einzelne Polizisten oder gar der ganze Apparat hegten gewisse Sympathien für die rechte Szene. Triumphierend wird dann aber zur Kenntnis genommen, wenn die Polizei auf Hinweise aus der linken Szene dem rechten Mob auf die Pelle rückt. Der Versuch der Instrumentalisierung der Polizei für die eigenen Zwecke entspringt einem Irrtum.
Man unterstellt den staatlichen Organen grundsätzlich die gute Absicht und eine antifaschistische Zielsetzung, der man bisweilen auf die Sprünge helfen müsse. Dabei hat der Staat ein ganz anderes Problem. Er sieht in der rechten Gewalt sein Gewaltmonopol in Frage gestellt und wird radikal. Irgendwelche inhaltlichen Gründe zählen da nicht. Dass eben inhaltlich kein großer Dissens zwischen den Rechten und staatlichen Würdenträgern besteht, kann man unschwer an der Sozial-, Ausländer-, Wirtschafts- und Außenpolitik erkennen. Lediglich der Bezug der Rechtsradikalen auf ihr großes Vorbild wird ihnen staatlicher-seits übelgenommen. Schließlich hat der Gröfaz den großen Krieg total vergeigt - und das soll kein Vorbild für zukünftiges deutsches Handeln sein. Auch will man in der internationalen Konkurrenz nicht so blöd dastehen, wie die Österreicher mit ihrem Haider.
Das Bejubeln staatlicher Vorgehensweisen gegen die rechte Szene kann zum Bumerang werden. Mit den gleichen Argumenten mit denen der Staat gegen die Rechten vorgeht, bekämpft er die Linken, die es auch bisweilen mit der Anerkennung des staatlichen Gewaltmonopols nicht so genau nehmen.

Von guten und schlechten Menschen

Gegenüber unserer Heimatstadt liegt das kleine Städtchen Dormagen. Hier gibt es, wie überall auf der Welt, gute und schlechte Menschen. Fangen wir mit den schlechten Menschen an. Da treibt sich doch tatsächlich ein Sittenstrolch an der S-Bahn herum, der "in Scham verletzender Weise" (Neuss-Grevmbroicher Lokal-Zeitung, 26.7.) eine Frau schon zweimal belästigt hat. Wie es scheint, ist dieser Unhold kein Volksgenosse: "Nach den Angaben des Opfers ist der Täter auf keinen Fall ein Deutscher, sondern ein südländisch aussehender Ausländer, möglicherweise ein Türke oder Araber." (ebd.) Na klar, ein Deutscher ist schließlich blond, blauäugig, flink wie ein Windhund, zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl und - natürlich - ein anständiger Bub. Dazu zählt der Herr Norbert Porath, "ein ausgeglichen und ruhig wirkender Mann." (NGZ, 2.8.). Er zeichnet sich dadurch aus, dass er rund 40-mal im Monat die Stromanschlüsse fremder Menschen kappt. Man könnte meinen, hier wird der Straftatbestand der Sachbeschädigung und Nötigung erfüllt. Mitnichten. Herr Porath mit der Berufsbezeichnung "Sperrkas-sierer" ist in Diensten der Dormagener Energieversorgung unterwegs, um säumigen Zahlern das Fürchten zu lehren. Und dabei ist Herr Porath zudem ein besonders cleveres Kerlchen: "Wer nur sein Gas oder Wasser nicht bezahlt hat, dem wird trotzdem meist der Strom abgedreht. Das hat einen simplen Grund: Es lässt sich schneller und sicherer mit wenigen Handgriffen bewerkstelligen." (ebd.) Was haben der Sittenstrolch und Herr Porath gemein? Beide gehen den betroffenen Mitbürgern schwer auf den Keks. Der Unterschied liegt darin, dass Herr Porath das gesellschaftlich anerkannte Interesse der Profitmaximierung seines Energievereins verfolgt, der Sittenstrolch hingegen lediglich sein verbotenes Privatinteresse.