Blutsauger markieren

Die aktion./.arbeitsunrecht hat am Freitag, dem 13. Januar den „blutigen Pfahl“ an einen Düsseldorfer Vampir verliehen.

Rund 20 Personen, darunter Mitglieder der Gewerkschaften IG Metall, IG BAU, FAU und ver.di., demonstrierten am 13. Januar 2017 um 13:13 Uhr anlässlich des Aktionstags „Schwarzer Freitag“ vor den Gehry-Bauten im Düsseldorfer Medienhafen gegen den Hegde-Fonds Waterland und das Management des Reha-Konzerns Median. Der langjährige Betriebsrat und IG-Metall-Aktivist Udo Bonn sprach als Düsseldorfer Vertreter der Partei Die Linke. Zeitgleich fanden Protestaktionen vor Median-Kliniken in Bad Oeynhausen, Stuttgart und Bad Tölz statt, eine Kundgebung vor der Fertigmacher-Kanzlei Beiten Burkhardt in Frankfurt und kleinere Flugblatt-Aktionen vor Büros der Deutschen Rentenversicherung (DRV), die mit Abstand der größte Auftraggeber für Median ist und als öffentlich-rechtliche Pflichtversicherung im Jahr über 6 Milliarden für medizinische Leistungen zur Rehabilitation ausgibt. Die Berliner Geschäftsführung der Median Kliniken GmbH sitzt in fußläufiger Nähe zur Zentrale der DRV. Doch die Median-Bosse empfangen aus dem Düsseldorfer Medienhafen ihre Direktiven, Profitvorgaben und strategischen Handlungsanweisungen.

Erstmalig verlieh die aktion./.arbeitsunrecht zudem den Negativ-Preis „Der Blutige Pfahl“ an den Waterland-Manager Carsten Rahlfs. Er ist genau wie der Median-Geschäftsfürer André Schmidt ein Zögling der berüchtigten Unternehmensberatung McKinsey, die gleichzeitig Aufträge von Median erhält. Der „Blutige Pfahl“ wird künftig an jedem Freitag den 13. für herausragende Leistungen im Aussaugen und Terrorisieren von Beschäftigten vergeben – in Anlehnung an Vlad Dracula, den berüchtigten transsylvanischen Pfähler und Ur-Vater aller Vampire.

In einer Pressekonferenz zum „Schwarzen Freitag“ äußerten sich neben dem Autoren dieser Zeilen der Kölner Korruptionsforscher Werner Rügemer und der Bielefelder Arbeitsrechtler Stefan Chatziparaskewas, der Beschäftigte und Betriebsräte aus dem Raum Ostwestfalen-Lippe gegen Median und die Münchner Union-Busting-Kanzlei Beiten Burkhardt vertritt. Chatziparaskewas schilderte mit großer Empörung einerseits die perfide und aufwändige Strategie seiner juristischen Kontrahenten, die nicht davor zurückschreckten, Richter gezielt zu beeinflussen und unter Druck zu setzen. Andererseits prangerte er die aufreizende Untätigkeit der zuständigen Staatsanwaltschaften an – selbst bei eklatanten Rechtsverstößen wie wissentlicher Falschaussagen vor Gericht. Das Verfahren gegen eine Management-treue Ärztin wurde mangels öffentlichen Interesses eingestellt, obwohl mit ihrer Falschaussage ein Streik unterbunden, also ein Grundrecht eingeschränkt werden sollte. Ein juristischer wie politischer Skandal, der in der öffentlichen Aufmerksamkeit bisher völlig versandet ist.

Aus der 10. Etage des Backstein-verkleideten Mini-Hochhauses am Neuen Zollhof 1 leitet Carsten Rahlfs ein kleines Imperium, das der Investmentfonds Waterland mit dem Geld seiner Anleger*innen und mit Verstärkung von Krediten der Deutschen Industriebank AG IKR, SEB-Bank (im Fall Median) zusammen kauft, um die betroffenen Firmen nach wenigen Jahren gewinnbringend wieder abzustoßen. Bis es soweit ist, müssen die Beschäftigen eine Schock-Therapie nach den Rezepten der Unternehmensberatung McKinsey und der Fertigmacher-Kanzlei Beiten Burkhardt über sich ergehen lassen, die sich am treffendsten als Rosskur mit Aderlass beschreiben lässt: Lohndumping, Arbeitsverdichtung, Zerschlagung gewachsener Firmenstrukturen, Auslagerungen, Flexibilisierung, Bekämpfung von Betriebsräten und gewerkschaftlicher Organisierung. Das Heer der Reha-Beschäftigten ist seit der Übernahme durch Median Ende 2014 durch weitere Zukäufe mittlerweile auf 15.000 Personen an 121 Standorten angewachsen. Zuletzt wurde die Düsseldorfer Reha-Betreiberin Allgemeine Hospitalgesellschaft (AHG) geschluckt (siehe TERZ 09.16).

Rahlfs katapultierte sich zudem an die vorderste Front des deutschen Union Busting, indem er mit der Weserklinik in Bad Oeynhausen ein profitables Unternehmen mit 140 Beschäftigten schließen ließ, um Angst und Schrecken in der Belegschaft zu verbreiten, ein streikfreudiges Widerstandsnest von ver.di zu schleifen und den kampferprobten Betriebsratsvorsitzenden Roland Thomae loszuwerden. Diese Form gewerkschaftsfeindlich motivierten ökonomischen Terrors nimmt in Deutschland erkennbar zu. Sie zählt zu den bevorzugten Methoden der Möbelkette XXXLutz, wurde in der Vergangenheit aber auch von den Einzelhandelsketten OBI, Netto und Burger King angewandt. Jüngstes Beispiel: Die bundesweit aktive Immobilien-Firma BDDK aus Ronnenberg bei Hannover schloss am 1. Februar ihr Sub-Unternehmen Deutsche Grundstückservice GmbH, in dem Hausmeister und Putzkräfte für den Mutter-Konzern arbeiteten, nachdem die Belegschaft eine Betriebsratsgründung einleitete. Von 89 Beschäftigten wurden 87 entlassen und auf firmen-interne schwarze Listen gesetzt. Somit ist bereits ein erster Kandidat für den nächsten „Schwarzen Freitag“, am 13. Oktober 2017 gefunden. Die aktion./.arbeitsunrecht bittet alle engagierten Werktätigen darum, für dieses Datum jetzt schon Urlaub zu beantragen, damit man sich um 13:13 Uhr zur nächsten Verleihung des „Blutigen Pfahls“ zusammenfinden kann. Wo das sein wird, ist noch ungeklärt. Das Ziel des „Schwarzen Freitags“ wird ab September in einer Online-Abstimmung ermittelt.

ELMAR WIGAND