Fashion Victims

Mitte Januar organisiert das Junge Eine Welt Forum den ersten Kleidertausch in der Butze. Wieso, weshalb und warum erzählen die Organisator*innen.

Vor circa drei Jahren haben wir innerhalb des Eine Welt Forums Düsseldorf das Junge Eine Welt Forum gegründet. Wir sind eine offene Gruppe, in der sich jüngere Menschen, die sich für Globalisierungsthemen und Verteilungsgerechtigkeit interessieren, treffen und vernetzen können. Dabei war immer die Grundüberlegung, was unser Lebensstandard oder unsere Konsumroutinen eigentlich damit zu tun haben, dass Menschen in anderen Ecken der Welt nicht nur in Armut leben, sondern auch unter unsäglichen Arbeitsbedingungen die Güter produzieren, die bei uns auf dem Teller, dem Schreibtisch oder im Kleiderschrank landen. Einerseits ist klar, dass ein ungerechtes, komplexes Weltwirtschaftssystem nicht plötzlich zerbröckelt, wenn wir einmal im Monat fair gehandelten Bio-Tee trinken. Andererseits denken wir aber, dass es wichtig ist, über Ausbeutung und auch über eigene Privilegien zu reflektieren und in kleinen Schritten das Bewusstsein zu schärfen. Vielleicht führt das Wissen darüber und über Alternativen irgendwann zur Veränderung des eigenen Handelns. Fair Trade ist dabei eine Möglichkeit, weil die Produzent*innen stabile Preise für ihre Waren bekommen, was z. B. bei Kaffee sehr wichtig ist, und weil Standards in Bezug auf Arbeitsbedingungen gewährleistet werden. Obwohl Fair Trade an vielen Stellen dafür kritisiert wird, dass er eine Nische für kaufkräftige Westler*innen ist, die sich sang- und klanglos in ein weiterhin ausbeuterisches Wirtschaftssystem eingliedert, bietet er den Produzent*innen eine gesicherte Existenz und ist Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Bei vielen Konsumgütern stellen sich aber zusätzlich ganz andere Fragen, nämlich: Brauchen wir die überhaupt so massenhaft, und wie ist es möglich, dass sie so massenhaft zur Verfügung stehen und so massenhaft weggeschmissen werden? Das beste Beispiel ist neben elektronischen Geräten die Kleidung. Viele Personen in unseren Breitengraden, ganz besonders jüngere Menschen, können sich vor Klamotten kaum retten. Jede*r Deutsche kauft im Jahr durchschnittlich 14 kg Klamotten, nehmen wir andere Textilien, also Bettwäsche oder Handtücher etc. hinzu, sind es sogar 26 kg. Gleichzeitig werden hierzulande jedes Jahr rund 700.000.000 kg Textilien ausrangiert. Rohstoff für viele Textilien ist natürlich die Baumwolle, die hauptsächlich in Westafrika, in den USA, in Lateinamerika, in Zentralasien, Indien und China angebaut wird. Hierbei sind nicht nur die Arbeitsbedingungen oder Kinderarbeit problematisch. Auch Umweltfaktoren spielen eine Rolle: Wegen ihrer Anfälligkeit für Schädlinge werden unheimliche Mengen an Pestiziden verwendet. Hinzu kommen Düngemittel zur Ertragssteigerung. Beide vergiften nicht nur das Grundwasser und machen die Bauern und Bäuerinnen krank – sie machen sie auch abhängig von Konzernen wie Bayer, die die Mittel herstellen. In Indien gibt es in manchen Jahren einen Zusammenhang zwischen dem Beginn der Erntesaison und dem sprunghaften Anstieg von Selbstmorden. Zudem ist der Wasserverbrauch für den Baumwollanbau extrem hoch, weil Baumwolle im heißen, trockenen Klima am besten gedeiht. Für ein T-Shirt werden etwa 20.000 Liter, für eine Jeans etwa 40.000 Liter (also 150 Badewannen) Wasser benötigt. Trotz der immensen Schäden für die Umwelt und gesundheitlichen Folgen für die Plantagenarbeiter*innen sind die T-Shirts dann bei uns für 4,95 Euro im Handel zu haben. Das ist auch deswegen möglich, weil die Weiterverarbeitung in sogenannten Billiglohnländern stattfindet. Meist sind es junge Frauen, die als Näherinnen in Sub-Sub-Sub-Unternehmen von großen Bekleidungsfirmen in Hinterhöfen zu wirklich unwürdigen Bedingungen arbeiten: Hungerlöhne, kein Arbeits- oder Organisierungsrecht, kaum Pausen ... Uns allen sind noch die Bilder der 2013 eingestürzten Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesh in Erinnerung, wo über 1.100 Menschen ums Leben kamen. Das Gebäude, in dem auch nachweislich Firmen wie Benetton, Mango und C&A (oder ihre Sub-Unternehmen) produzierten, war sicherlich keine Ausnahme, sondern die Regel, was menschenunwürdige Arbeits- und Sicherheitsbedingungen der Textilindustrie angeht. Angesichts solcher Zustände ist es eigentlich der Wahnsinn, dass wir unter so dramatischen Bedingungen hergestellte Kleidung wegwerfen, weil der Schrank zu voll oder das Stück nicht mehr trendig genug ist. Wir möchten auch andere anregen, nachzudenken, wo unsere Kleidung herkommt, wer sie für uns unter sklav*innen-ähnlichen Umständen herstellt und ob wir nicht andere Möglichkeiten finden, unser Bedürfnis nach neuen Produkten zu befriedigen.

Kleidertausch in der Butze
Tauschen statt Kaufen!
SecondHand, Recycling und Upcycling


Wo: In der gewohnt gemütlichen Atmosphäre der Butze, Weißenburgstraße 18, 40476 Düsseldorf
Wann: Freitag, 13.1.17 ab ca. 18 Uhr

Was euch erwartet: Jede/r, die/der mag, bringt nicht mehr getragene, gut erhaltene Klamotten zum Tauschen vorbei, die genau das sein könnten, wonach andere schon lange suchen. Es gibt keine Stände, sondern einen kollektiven Wühltisch. Im besten Fall werdet ihr überschüssige Kleidung sinnvoll los und findet selber das ein oder andere Stück, das euch gefällt. Habt ihr schon aussortiert und gerade nix zum Tauschen übrig? Kein Problem – einfach nur zum Gucken kommen ist genauso gern gesehen. Solltet ihr dann ein Kleidungsstück finden, das euch gefällt, nehmt es gerne mit. Das Prinzip der Veranstaltung lautet: die Aktion ist die Vermittlerin der Kleidung! Ohne Regeln? Fast! Bringt bitte nur Kleidung mit, die noch tragbar ist oder zumindest mit rudimentären Nähkünsten geflickt werden kann. Zudem sind unsere Lagerplätze begrenzt, bringt also bitte nicht zu viel mit (ca. 1, höchstens 2 Jutebeutel voll). Da es keine Stände gibt, müsst ihr die Sachen auch nicht wieder mitnehmen und seid somit nicht gezwungen, bis zum Schluss zu bleiben! Kinderkleidung, Haushaltsgegenstände und dergleichen müssen leider draußen bleiben. Zusätzlich zum Kleidertausch halten wir noch Infomaterial zum Thema Nachhaltigkeit, Fairtrade in der Textilbranche, „Wegwerfmode“ usw. bereit. Und als Überraschung bieten wir „Upcycling“ (Aufmöbeln) von Klamotten mittels Siebdruckverfahren an, für alles, was ihr bei uns findet und alles, was ihr vielleicht extra zum Upcyceln mitbringen wollt. Also kommt vorbei zum Stöbern, Ausprobieren, Plaudern und vor allem: Tauscht euch glücklich!