Manieras Resterampe

Das letzte Aufgebot der Partei „Die Republikaner“

Wir befinden uns im Jahre 2016 anno domini, rund um Weihnachten eben. Alle Deutschen, die der Meinung sind, dass „Ausländer“ – wie ihr Name schon sagt – ins Ausland gehören, aber den Nationalsozialismus als Lösungskonzept als nicht mehr ganz so zeitgemäß empfinden, schließen sich den Truppen um Frauke Petry, Markus Pretzell, Alexander Gauland und Björn Höcke an. Sie formieren sich – wenn auch im ständigen Streit untereinander – zum Marsch auf Düsseldorf und Berlin. Wirklich alle? Nein! Eine von unbeugsamen „Patrioten“ gebildete, einst temporär erfolgreiche Partei hört nicht auf, darauf hinzuweisen, dass man selber „das Original“ sei – und der sich mit viel Bohei als „Alternative für Deutschland“ gerierende Emporkömmling ein parasitärer Trittbrettfahrer.

Die Rede ist von der Partei „Die Republikaner“, die nunmehr fest in der Hand des Düsseldorfer Senators André Maniera ist. Dieser hat nun zum Endkampf gerufen und seine Mannen – und einige wenige Frauen – ausgesandt, um unter der Führung seines erst 25-jährigen Möchtegern-Feldherrn Kevin Krieger von der nordrhein-westfälischen Hauptstadt aus Reich und Volk zurückzuerobern. Eine höchst ambitionierte Aufgabe.

Die guten alten Zeiten

Lange ist es her, dass die 1983 in München gegründeten „Republikaner“ Erfolge feiern konnten. Noch heute trauern nicht wenige REP-Akteur*innen den „guten alten Zeiten“ von 1985 bis 1994 nach, als der ehemalige Waffen-SS-Angehörige Franz Schönhuber die Partei führte. Wahlerfolge bei den Berliner Abgeordnetenhaus- und Europawahlen 1989 mit jeweils über 7 Prozent, der Einzug 1992 in das baden-württembergische Landesparlament mit fast 11 Prozent und 23.000 Mitglieder im Jahr 1993 (aktuell um die 4.000) belegten eindrucksvoll, dass die REP in dieser Zeit auf dem Weg waren, sich in der Parteienlandschaft zu etablieren. Doch die Freude währte nicht lange. Mit Ausnahme des Wiedereinzugs in den Landtag Baden-Württemberg blieben weitere Wahlerfolge auf Landes-, Bundes- und Europa-Ebene aus. Stattdessen bestimmten häufige Streitigkeiten das Parteigeschehen. Einer der zentralen Streitpunkte war und ist die Frage einer Abgrenzung von noch weiter rechts, beispielsweise von den extrem rechten Parteien DVU und NPD.

In der Post-Schönhuber-Ära führte der blasse Rolf Schlierer aus Baden-Württemberg, REP-Bundesvorsitzender von 1994 bis 2014, die Partei ins Aus. Bis auf ein kurzzeitiges Techtelmechtel mit der „pro-Bewegung“ in den letzten Jahren seiner Amtszeit, war er stets darum bemüht, sich von allem abzugrenzen, was bundesdeutsche Verfassungsschutzbehörden aufmerksam hätte werden lassen können. Verfechter einer Öffnung nach rechts, wie der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Björn Clemens, kehrten der Partei den Rücken. Clemens, einst stellvertretender REP-Bundesvorsitzender, hatte 2006 bei der Wahl des REP-Bundesvorsitzenden gegen Schlierer kandidiert und hierbei den Kürzeren gezogen. Er trat daraufhin aus der Partei aus.

Null-Komma-Prozent-Partei

Nachdem es selbst im REP-Stammland Bayern bei den letzten Landtagswahlen 2013 sowie in Baden-Württemberg 2016 nicht mehr für die für eine staatliche Parteienfinanzierung nötigen 1 Prozent gereicht hatte, sieht es auch finanziell nicht rosig aus für die REP. Bei den jeweils letzten Landtagswahlen traten sie nur noch in Bayern und Baden-Württemberg, in Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen an. In keinem dieser Bundesländer außer in Bayern (knapp unter 1,0 Prozent) kamen die REP auf über 0,3 Prozent. Bei den letzten Bundestagswahlen 2013 landeten sie bei 0,2 Prozent, bei den letzten Europawahlen 2014 bei 0,4 Prozent – und verfehlten damit jeweils die 0,5-Prozenthürde für eine staatliche Parteienfinanzierung. Offenbar aber kann sich die Partei, deren Bundesvorsitz 2014 der bayerische REP-Landesvorsitzende Johann Gärtner und im November 2016 der nordrhein-westfälische REP-Landesjugendbeauftragte Kevin Krieger aus Pulheim (Rhein-Erft-Kreis) übernommen hatte, immer noch mit Spenden und Mitgliedsbeiträgen über Wasser halten.

NRW-Strukturen und Spitzenpersonal

Ihr bestes Ergebnis bei Landtagswahlen in NRW hatten die REP 1990 mit 1,8 Prozent eingefahren. 2012 scheiterte ein gegen den Willen des Bundesvorstands versuchter Antritt an zu wenigen Unterstützungsunterschriften. Bei den Landtagswahlen 2010 waren sie zuvor auf magere 0,3 Prozent gekommen. Auch auf kommunaler Ebene sieht es düster aus. Bei den letzten Kommunalwahlen war die Partei nur in Städten und Kreisen angetreten, in denen sie bereits im jeweiligen Parlament vertreten war, womit das aufwändige Sammeln von Unterstützungsunterschriften entfiel. Es reichte nur für sechs Mandate: drei in Stadträten kreisfreier Städte und Kreis- bzw. Städteregionstagen (Düsseldorf, Wuppertal und Städteregion Aachen), zwei in Stadträten kreisangehöriger Städte (Alsdorf und Porta Westfalica) und eins in der Bezirksvertretung Düsseldorf-Garath. Später kamen durch Übertritte von „pro NRW“-Mandatsträger*innen noch zwei Stadtrats- und zwei Bezirksvertretungsmandate in Duisburg hinzu. In Essen bemüht man sich, trotz des Verlusts des Ratsmandats die Kreisverbandsstruktur zu erhalten und Aktivitäten zu entfalten, Ausbauversuche gibt es aktuell in Bochum und Dortmund. In Köln kam es bedingt durch Übertritte aus den Reihen von „pro Köln“ zu einem kurzfristigen Aktivitätsschub, den interne Streitigkeiten aber wieder stoppten. Die dortige Kreisverbandsstruktur existiert aber nach wie vor. Die REP bemühen sich zudem um ein aktiveres Auftreten unter anderem in Oberhausen und im Kreis Mettmann. Allerdings kann hier nur auf Einzelpersonen zurückgegriffen werden.

Die neue REP-Bundesspitze – made in Ddorf

Vorsitzender des REP-Landesverbands NRW ist der langjährige Düsseldorfer REP-Aktivist André Maniera, seit 2014 Mitglied des Stadtrats, der zugleich auch als stellvertretender Bundesvorsitzender fungiert. Innerhalb der „Republikaner“ gilt der Jurist als Verfechter einer Öffnung der REP nach rechts. Nach außen tritt er als eloquenter Redner auf und mimt den sachkundigen, „rechtskonservativen“ Politprofi. Hauptsächlich auf seine Initiative hin soll der ehemalige NPD-Kandidat und „pro NRW“-Bezirksjugendbeauftrage Kevin Krieger, um den es schon zuvor heftigen Streit innerhalb der Partei gegeben hat, am 5. November 2016 in das Amt des REP-Bundesvorsitzenden gehievt worden sein. Mit 37:36 Stimmen und ohne Gegenkandidat*in, wie die Gegner*innen von Krieger betonen, von denen nach der Wahl Kriegers einige die Partei verließen. Dass ihre Befürchtungen nicht grundlos waren, hatte Krieger bereits zehn Tage vor dem Bundesparteitag eindrucksvoll bewiesen. Auf einer Demonstration der extrem rechten und eng mit Neonazis verbandelten Gruppierung „Bürger gegen Politikwahnsinn“ hatte er am 26. Oktober 2016 in Oberhausen als REP-Spitzenkandidat, Mitglied des REP-Landesvorstands und Düsseldorfer Direktkandidat bei den anstehenden Landtagswahlen 2017 unter anderem mit Blick auf die Gegendemonstration, an der sich zahlreiche Migrant*innen beteiligten, dazu aufgerufen, die „Feinde“ Deutschlands nach Madagaskar zu deportieren.

Mit der Wahl von Kevin Krieger scheint also eine Radikalisierung der Partei einherzugehen und der Richtungsstreit innerhalb der REP eine Zuspitzung erfahren zu haben. „Der neue Bundesvorsitzende Krieger ist eine Schande für die Partei!“, meint der Dortmunder REP Peter Maaßen, der seinen sofortigen Austritt aus der Partei verkündete: „Dieses pubertierende Bürschchen ohne Berufsausbildung wird die Partei nun endgültig in den Ruin stoßen! Krieger ist nicht mehr als eine verkrachte Existenz, rechtsradikaler Ex-NPDler und der deutschen Rechtschreibung nicht mächtig!“ Für andere kommt der Abschied von der Schlierer/Gärtner-Ära viel zu spät: „Ihr habt es versaut als ihr damals nicht den Mut hattet, Gärtner und Schlierer vom Hof zu jagen“, meint beispielsweise eine Diskutantin bei Facebook: „Jetzt traut euch kein Mensch mehr zu, dass ihr in der Lage seid, gleiches mit Merkel und Co. zu vollbringen. Schade!“

Mit André, Kevin und Karl-Heinz zum Sieg?

Wer einen Blick auf die Facebook-Seite des REP-Bundesverbands wirft, stößt beim Titelbild nicht etwa auf ein Foto des neuen Bundesvorsitzenden Kevin Krieger oder seines Vorgängers, sondern auf ein großes Portrait des stellvertretenden Bundesvorsitzenden André Maniera. Mit seinem Zögling Krieger als Parteichef, seiner Lebensgefährtin Tatjana Bahtiri als Bundesschatzmeisterin, seinem Landesvorsitz-Stellvertreter Thomas Kik (Wuppertal) als Bundesschriftführer und einer Landes- und vermutlich demnächst auch Bundesgeschäftsstelle in Düsseldorf-Derendorf hat sich Maniera eine zentrale Position in der Partei aufgebaut, mit der er 2017 zu den Landtagswahlen antreten will. Die hierfür nötigen Unterstützungsunterschriften werden schon seit Sommer 2015 gesammelt. Entweder am Rande der bislang zehn Kundgebungen und Demonstrationen (sieben in Garath und je eine in Holthausen, Oberbilk und Eller) mit zeitweise bis zu 130, zuletzt mit unter 40 Teilnehmenden; an einem der zahlreichen samstäglichen Informationsstände quer durch die Stadtteile Düsseldorfs; oder im Kreise von Freund*innen und Bekannten, insbesondere in Garath. In Garath residiert auch der Kreisvorsitzende, Bezirksvertreter und stellvertretende Landesvorsitzende Karl-Heinz Fischer – gemeinsam mit seinen Schäferhunden Thor und Odin. „Bekannt wie eine bunte Kuh“ und „jederzeit ansprechbar“ sei er in Garath, betont der bekennende „Germane“ („Der Sohn eines wahren Gottes trägt einen Hammer und nicht sein eigenes Kreuz“) immer mal wieder gerne. Auch ungefragt gibt der selbsternannte „Islamexperte“ Einblicke in sein umfangreiches Wissen (Rechtschreibschwächen im Original): „Wer permanent Adrinalin geschwängertes Fleisch isst“, weiß er beispielsweise, „der wird aggressiv und ist unberechenbarer. Nichts anderes geschied bei Muslimen!“ Und er kann mit Beispielen aus der Tierwelt komplexe Sachverhalte volksnah erläutern: „Wird eine Ratte im Pferdestall geboren, ist sie dann ein Pferd, oder bleibt sie eine Ratte?“ Dafür verantwortlich, dass aus „kleinen Jungs“ keine „Männer“ bzw. „Kerle“, sondern „Softis“ werden, seien natürlich die Frauen: „Eure Erziehung, hat aus ihnen die Weicheier gemacht die sie heute sind. Das Mutti betüdeln verweichlicht die kleinen Jungs“. Skeptisch ist Fischer, „was die AfD angeht“: „Da steckt viel zu viel Geld von Jüdischen Banken drin“.

Was bleibt?

Dass die REP keine Chance haben werden, in den Landtag einzuziehen, das wissen die Protagonist*innen der Partei natürlich. Nicht zuletzt aufgrund ihrer nur punktuellen Präsenz in NRW dürfte es auch nicht für die für eine staatliche Parteienfinanzierung nötigen 1 Prozent reichen, trotz einer schwachen NPD und einer im freien Fall befindlichen „Bürgerbewegung pro NRW“, die eventuell nicht einmal antreten wird – mit oder ohne Absprache mit den REP. Doch welche Alternative bleibt den REP mit Blick auf eine bei den nächsten NRW-Kommunalwahlen greifende 2,5-Prozenthürde? Bis 2020 ist es noch lange hin, Maniera und Co. aber scheinen diese Wahl schon fest im Blick zu haben und die anstehende Landtagswahl als eine erste Etappe dorthin zu begreifen. Um sich als rechte Alternative zur AfD ins Spiel zu bringen und potenzielle Wähler*innen rechts der AfD anzusprechen, ist hiermit zwangsläufig eine weitere Radikalisierung nach rechts verbunden – und damit eine Zuspitzung der Propaganda und Stimmungsmache gegen Migrant*innen und Geflüchtete. Dass hierbei auch nicht vor einer Zusammenarbeit mit tief in die militante Neonazi-Szene verstrickten „Kameraden“ zurückgeschreckt wird, ist nicht nur aufgrund der Personalschwäche der REP konsequent.

Brandstiftung in Garath

Sieben Kundgebungen haben die REP in Garath abgehalten. Garath, das ist „Heimat“-Kiez von Karl-Heinz Fischer, der dortselbst für die REP in der Bezirksvertretung sitzt. Und in Garath haben sich die REPs sich auch ein vergleichsweise dickes Zustimmungspolster angefressen: Bei den vergangenen Kommunalwahlen im Mai 2014 holten die Republikaner in den Garath umfassenden Kommunalwahlbezirken 3,23 bzw. 1,81 % der Bürger*innen-Stimmen. Das ist mit Abstand die beste Quote, die die REP vor 1 ½ Jahren Düsseldorf-weit für sich gewinnen konnten.

Bei den Kundgebungen in 2016 war zuletzt zugleich unverkennbar, wie unbefangen sich REP-Vertreter*innen im Zuschauer*innen-Kreis aus lokalen Neonazis und rechts-außen-überzeugten Bürger*innen bewegten und auf deren Zustimmung bauen können. Hier boten die Kundgebungen unter Federführung Fischers und Manieras fraglos Agitationsraum für Hetze und Hass-Reden gegen Geflüchtete und gegen Linke.

In der Nacht von Freitag auf Samstag, den 17.12.2016 stand nun das Hotel „Achteck“ in Garath in Flammen. Die Düsseldorfer Online-Zeitung „Report-D“ berichtet, dass der Brand nach Polizeiangaben vom Hauseingang des Hotels ausging. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 11 Personen in dem Gebäude, in dem das Hotel seit einem Pächter*innenwechsel im August 2016 von einer Familie indischer Herkunft geführt wird. Zuvor war das Hotel im Sommer 2015 zwischenzeitig auch Unterkunft für Geflüchtete. Bis zum Brand wurde das Gebäude mit Gaststätte aber wieder als Hotel genutzt.

Samstagnacht waren das Feuer und die starke Rauchentwicklung in Nullkommanichts lebensbedrohlich für die Menschen im Hotel. Ein Hotelgast versuchte, sich durch den Sprung aus einem Fenster zu retten und verletzte sich hierbei schwer. Eine weitere Person erlitt leichtere Verletzungen, beide mussten in Krankenhäuser eingeliefert werden. Neun weitere Menschen wurden vor Ort von Notarzt und Feuerwehr betreut.

In der Zwischenzeit ermittelt die Kriminalpolizei. Wie Report-D am Samstagmittag berichtete, haben sich „die schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Das Feuer am Hotel Achteck wurde von derzeit noch Unbekannten gelegt.“ Die Kriminalpolizei hat eine Ermittlungskommission, die „EK Achteck“ eingerichtet. Auch der polizeiliche Staatsschutz ist an den Ermittlungen beteiligt. Die Polizei schließt demnach nicht aus, dass die Brandstiftung politisch motiviert sein könnte. Gegenüber der Boulevard-Presse äußerte ein Polizeisprecher, dass ihnen das verstärkte Auftreten der rechten Szene in Garath bekannt sei. Konkrete Hinweise zum Hintergrund der Tat gab es einen Tag nach der Brandstiftung aber noch nicht.

Sollte es sich herausstellen, dass das Feuer von Rechten aus rassistischen Motiven gelegt wurde, wird sich die Stadtgesellschaft hierzu verhalten müssen. Dass die rassistische Hetze der REP, die in Garath lokal stärker verankert sind, als in anderen Stadtteilen Düsseldorfs, im vergangenen Jahr in unmittelbarer Nähe des „Hotels Achteck“ auf die Straße getragen und von Karl-Heinz Fischer und André Maniera hör- und sichtbar gemacht worden ist, bleibt bis dahin – nur – eine Beobachtung.

Stand zum Redaktionsschluss der TERZ am 17.12.2016