Braune Blätter müssen welken

Extrem rechte Publikationen spielen eine große Rolle bei der Verbreitung braunen Gedankenguts. Zwei Düsseldorfer Gruppen planen deshalb Aktionen gegen deren Verbreitung.

TERZ Ihr habt für Februar den Start einer Kampagne gegen die Verbreitung von extrem rechten Zeitungen in Düsseldorf angekündigt – worum geht es dabei?
Anna Herzog von Barrikada An verschiedenen Stellen in Düsseldorf gibt es derzeit leider noch die extrem rechten Zeitungen Compact, Deutsche Stimme, Deutsche Militärzeitung und Junge Freiheit zu kaufen. Wir wollen die Kioskbesitzer*innen aufklären und ermutigen, diese Hass-Zeitschriften aus ihrem Sortiment zu nehmen.
Judith Behrens von der Interventionistischen Linken Düsseldorf [see red!] Wir wissen, dass das keine einfache Aufgabe ist, deshalb ist unsere Kampagne so angelegt, dass interessierte Menschen möglichst einfach mitmachen können.

TERZ: Aber warum ausgerechnet eine Kampagne gegen Zeitungen? Sind die denn im Zeitalter des Internets wirklich noch wichtig? Und setzt ihr euch nicht generell mit eurer Kampagne dem Vorwurf der Zensur aus?

Anna: Die extreme Rechte verkauft monatlich in Deutschland fast 200.000 ihrer Propaganda­blätter. In den letzten Jahren sind die Auflagen dank AfD und Pegida stark gestiegen, von Zeitungssterben kann hier leider nicht die Rede sein. Das ist nicht nur ein wichtiger Vertriebskanal für rassistische und faschistische Hetze, das ist auch ein Projekt zur Bindung von Mitglieder*innen und Sympathisant*innen. Und natürlich eine Einnahmequelle über den Verkaufspreis sowie die geschalteten Anzeigen. Da wollen wir gerne Sand im Getriebe sein. Judith: Was den Zensurvorwurf angeht, sind wir eher gelassen. Ja, wir haben etwas dagegen, dass rassistische, antimuslimische oder antisemitische Hetze verbreitet wird. Wir wollen keine Hetze gegen Obdachlose, gegen Behinderte, gegen Homosexuelle, gegen Linke oder gegen sonst wen, der von den Rechten als Ziel ihrer Angriffe erkoren wurde. Diese Hetze bildet den Nährboden, auf dem die rechten Anschläge, Hetzjagden und Pogrome gedeihen. Wie Anna schon sagte, da sind wir gerne dagegen! Anna: Zudem ist solche Hetze im Internet immer schwer anzugreifen. Wir liefern uns endlose Wortgefechte in Kommentarspalten und im besten Fall wird mal ein Beitrag gelöscht oder jemand gesperrt. Sicher ist es wichtig, den Hetzer*innen überall Kontra zu geben, aber wirklich zufriedenstellend  finden wir das im Netz nicht. Zeitungen sind da sehr viel „greifbarer“.

TERZ: Und was wollt ihr dann konkret gegen den Verkauf der rechten Zeitungen machen?

Anna: Zunächst mal wollen wir die Kioskbesitzer*innen über den Charakter der rechten Blätter aufklären und ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Wir gehen davon aus, dass viele gar nicht wissen, was das für ein Dreck ist, der von ihnen verkauft wird, und wie sie den von ihrer Bestelliste wegkriegen. Das müssen wir vielleicht ein paar Mal wiederholen, bis es angekommen ist, aber damit rechnen wir. Sollten Kioskbesitzer*innen sich jedoch aktiv für die Verbreitung der rechten Hetze entscheiden, haben wir ein paar kreative Aktionsideen vorbereitet. Judith: Es ist auch nicht so, dass es die rechten Zeitungvertriebe den Kiosken einfach machen würden, ihre Zeitungen als extrem rechts zu erkennen. Häufig bringen sie ihren propagandistischen Sondermüll in Sortimenten von Grossist*innen unter, welche diesen wiederum mit einem Haufen anderer Zeitungen an die Kioske ausliefern. Compact hat sich da besonders hervorgetan und vorletztes Jahr ihren Schund als Beigabe in einen Lesezirkel gepfuscht. Dann lag plötzlich extrem rechtes Gedankengut offen in Cafés, Friseursalons und Arztpraxen aus. Die Deutsche Stimme wird hingegen beinahe ausschließlich auf Anfrage geliefert, da können wir uns also ziemlich sicher sein, wo wir dran sind.

TERZ: Ihr habt gesagt, dass ihr einfache Beteiligungsmöglichkeiten anbieten wollt. Was kann ich also tun, wenn in einem Kiosk so eine rechte Zeitung herumliegt?

Judith: Auf unserer Kampagnenseite https://barrikada.de gibt es sowohl eine Übersichtskarte mit Kiosken, in denen rechte Zeitungen verkauft werden, als auch eine Eintragungsmöglichkeit für bislang unentdeckte Verkaufsstellen. Zusätzlich bieten wir Aufklärungsflyer zum Download an und beschreiben demnächst auch Aktionsideen. Anna: Und es gibt natürlich auch die Möglichkeit, über die Seite Kontakt zu uns aufzunehmen und gemeinsam Aktionsideen zu entwickeln. Wir freuen uns schon auf das kreative Potential in unserer Stadt. Und auch wenn wir uns jetzt erstmal auf Düsseldorf beschränken, sind viele Teile des Konzepts, wie z. B. die Übersichtskarte, leicht auf andere Städte zu übertragen. Wenn da Interesse besteht, fragt nach, wir helfen gerne mit, auch an anderen Orten gemeinsam gegen diese Hetzblätter vorzugehen.

TERZ: Sagt doch noch zum Abschluss was über eure Gruppen. Wer seid ihr, was macht ihr?

Anna: Wir sind eine Düsseldorfer Gruppe, die sich letztes Jahr mit dem Ziel gegründet hat, aktionsorientiert in politische und allgemein gesellschaftliche Prozesse einzugreifen. Wir verstehen uns als eine antiautoritäre Gruppe und legen unseren Fokus deshalb auf alle Bereiche, die formelle wie informelle Hierarchien entstehen lassen oder deren Erhalt begünstigen. Wir verstehen uns deshalb als klar antikapitalistisch, antirassistisch, antisexistisch, antinationalistisch, antifaschistisch und antimilitaristisch. Ihr findet mehr Informationen über uns unter https://barrikada.de/ und auf facebook.com/Barrikada.ddorf Judith: Die Interventionistische Linke (IL) Düsseldorf [see red!] ist im Juni 2010 entstanden. Einige von uns engagieren sich erst seit kurzem, andere sind schon seit Jahren aktiv – wir sind Student*innen, Erwerbslose, Angestellte, Freiberufler*innen, Menschen mit und ohne Kinder. Wir wollen nicht nur kritisieren (das aber auch!), sondern wir mischen uns ein, wir wollen verändern. Zu diesem Zweck machen wir regelmäßige Treffen sowie Veranstaltungen und Aktionen – und wir haben uns der bundesweiten IL angeschlossen. Ihr findet mehr Informationen über uns unter http://anti-kapitalismus.org und auf https://www.facebook.com/srddorf.


Compact Magazin

Das Compact Magazin druckt vor allem  rechtspopulistische und verschwörungstheoretische  Inhalte ab, verfolgt aber darüber hinaus eine Querfrontstrategie, um für eine breites Spektrum von vermeintlichen Linken bis hin zur extremen Rechten anschlussfähig zu sein. Ansonsten pflegt das Blatt ein enge Zusammenarbeit mit den Hardliner*innen der AfD, wie Höcke und Poggenburg, und avanciert so langsam zum AfD-Gegenstück zur Deutschen Stimme. Mit einer Druckauflage von 85.000 sehr weit verbreitet

Deutsche Stimme

Die Deutsche Stimme ist das Presseorgan der NPD und hat eine Auflage von ca. 20.000 Exemplaren. Ihre ideologische Orientierung ist die der NPD, sie verbreitet völkisch-nationalistische, rassistische und geschichtsrevisionistische Inhalte.
Da wird mal eben der deutsche Überfall auf Polen, mit dem der Zweite Weltkrieg begann, zu einem Verteidigungsakt umgeschrieben. Auch der Holocaust und die Ermordung von Millionen Jüdinnen und Juden wird in Artikeln immer wieder in Zweifel gezogen. Diese menschenverachtende Haltung unterstreicht die Deutsche Stimme mit unerträglichen Überschriften wie „Deutsche Erniedrigung und Wiederjudmachung“.

Junge Freiheit

Eine der wohl bekannteren rechten Zeitungen ist die Junge Freiheit. Sie bezeichnet sich selbst als eine „Wochenzeitung für Debatte“ und würde gerne politisch offener wirken, als sie es ist. Die Junge Freiheit ist sowohl hinsichtlich ihrer Leser*innenschaft, als auch ihrer Autor*innen ein Bindeglied zwischen rechtskonservativen und extrem rechten Kreisen.
Mit der AfD versteht sich die Junge Freiheit ganz gut und mit der neurechten Identitären Bewegung, deren geschmacklose Aktionen sie gerne in den Himmel gelobt, noch besser. Extrem rechte Propaganda seit 1986 in einem, zumindest optisch, bürgerlich anmutendem Gewand und einer Auflage von 28.000 Exemplaren.

Deutsche Militär Zeitschrift

Als wäre ihr Militarismus nicht schon genug, thematisiert die Deutsche Militär Zeitschrift, neben dem letzten Schrei deutscher Waffentechnik, den Zweiten Weltkrieg fortwährend mit stark geschichtsrevisionistischer Tendenz und ist dabei offen bemüht, die Verbrechen der Wehrmacht und Waffen-SS im Dritten Reich zu rechtfertigen oder sogar abzufeiern. So zum Beispiel in ihrer Kolumne „Landser erzählen“, wo Nazi-Generäle und -Soldaten glorifiziert werden. Die Auflage ist unbekannt, wir wissen nur, dass jedes Exemplar eins zu viel ist.