Die AfD oder:

Was ist rechte Kritik? 2. Teil

Nationale Identität: Volksfremden die Ansiedlung zu erlauben, ist identitärer Selbstmord des Volkes.

„Es ist, liebe Freunde, eine Politik der menschlichen Überflutung. Ich weiß, das hören manche nicht gern, halten es für unmenschlich. Nein! Es ist die Wahrheit. Es ist der Versuch, das deutsche Volk allmählich zu ersetzen durch eine aus allen Teilen dieser Erde herbeigekommene Bevölkerung.“ (Gauland in Elsterwerda, 05.06.16) „Andere Parteien wollen Zuwanderung nur, damit die Deutschen in einem großen europäischen Brei aufgehen.“ (Armin Paul Hampel, AfD-Chef in Niedersachsen Mitglied des AfD Bundesvorstandes, auf dem Europaparteitag der AfD, März 2014)

Das Volk …

Was unterscheidet ein Volk von einem aus vielen Herkunftsländern zusammengesetzten Bevölkerungsbrei – und was wäre schlimm daran? Das Volk, wie es die Rechten lieben, besteht eben auf dem obigen Kopfstand: Es darf nicht sein, dass dieses Volk in seiner Ausdehnung und Zusammensetzung Produkt staatlicher Herrschaft und der Reichweite der Staatsmacht ist und dass die Mitglieder einer kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft in der Unterordnung unter dieselbe Obrigkeit ihre einzige wirkliche Gemeinsamkeit haben. Diese Wahrheit wäre eben: Nur Bevölkerung, Menschen als Objekt, nicht als Subjekt, und Auftraggeber der politischen Herrschaft über sie. Dass die Regierten ihre Beherrschung durch eine über ihnen stehende Macht in Auftrag geben, kommt den Rechten weder merk- oder kritikwürdig noch erklärungsbedürftig vor; die Gewalt wird ja stets gegen andere – Verbrecher*innen und vor allem Ausländer*innen – eingefordert. Sie halten es nur für unerträglich, sich das Kollektiv der Untertanen nicht als dem Staat vorausgesetzt, also ihn bindend und verpflichtend zu denken – verpflichtet auf den Dienst an der und den Schutz der Volksgemeinschaft nämlich. Wo sie darauf stoßen, dass es sich doch anders verhält, sehen sie „Umvolkung“ und erheben den Vorwurf, der Staat schaffe sich ein neues, verändertes Volk, gehe also nicht im Dienst am existenten auf, herrsche für andere als Volks-Zwecke, unterdrücke somit. Dann ist das Volk nicht mehr frei und Merkel ein Diktator!

… und seine Identität

Die Ideologie der nicht vom Staat zusammengezwungenen, sondern ihn stiftenden Volksgemeinschaft, in deren Geist alle Politik stattzufinden hätte, braucht einen Inhalt. Das Volk, das niemand und die Rechte schon gleich gar nicht objektiv auffassen will, braucht gemeinsame Eigenschaften, verbindende Orientierungen, jenseits der wirklichen Gemeinsamkeit der Konkurrenzbürger*innen – dass sie nämlich demselben Staat gehorchen und sonst nichts gemein haben. Es braucht ein Bild von einem einheitlichen Menschenschlag, der zusammenpasst und sich von anderen unterscheidet: Die nationale Identität ist die Ausfüllung dieses Bildes. Was da hineingehört oder nicht, bleibt ewig umstritten – auch unter Politiker*innen der AfD – Hautfarbe, Kultur, Sprache, Religion – alles ist ein Indiz für diese Identität und definiert sie doch nicht. Aber dass die immer interessante offene Frage: „Was ist deutsch?“ auf etwas zielt, das es zu finden gibt und dass das Volk zusammenhält, das steht für die Sucher*innen der nationalen Identität fest. Wenn deutsche Qualitäten dingfest gemacht werden, sind es objektiv beliebige, aber eben hierzulande repräsentative Dokumente der Anpassung von Menschen an staatliche gesetzte Lebensbedingungen in einer Industriegesellschaft: Pünktlichkeit, Sparsamkeit, Bescheidenheit, Effizienz.

Ostdeutsche Atheist*innen bestehen auf einer christlich-abendländischen Leitkultur – nicht zufällig fällt ihnen die Religion als entscheidendes Element der Identität ein, ist sie doch die höchste Form der freiwilligen Unterordnung unter eine höhere, richtende, gewährende Instanz; objektiv wiederum beliebig – gültig und verbindlich. Kein*e Anhänger*in der Volksgemeinschaft begnügt sich damit, die Sitten und Gebräuche, auf die sich die eingebildete Gemeinsamkeit gründet, benennen zu können und selbst zu praktizieren. Als Elemente des Volkscharakters haben sie Verbindlichkeit, sind in die Identität der Einzelnen tief versenkt oder eben Vorschrift, die Zuwiderhandlung nicht duldet. Daher kann ein Volk, das etwas auf sich hält und an sich glaubt, sichtbare Abweichung von seinen guten Sitten oder seinem allgemeinen Erscheinungsbild in seinem Siedlungsraum nicht gut aushalten. Und ein freies Volk braucht das auch nicht: „Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land.“ (Gauland, Höcke)

Toleranz gegen Burka und Burkini, gegen das Schächten und Minarette ist Verrat am Volk, seine Selbstaufgabe. Wenn die nationale Identität, an die sie glauben, nicht ohne Ausnahme gelebt, d.h. befolgt wird, gefällt sie den rechten Volksgenossen selbst nicht: Sie schätzen an ihr weniger den Inhalt als ihre Verbindlichkeit, die unbedingte Einordnung des Individuums ins Volksganze. Die nationale Identität, der der Staat verpflichtet ist und damit die Verpflichtung des Staates auf sein Volk überhaupt, sehen sie verunsichert und verwässert, wenn abweichende Sitten von Zugereisten nicht verboten werden. Toleranz stellt die Subjektrolle des Volkes im Staat in Frage, wenn es mit seinen Sitten nicht das tonangebende, allein Maßstäbe setzende Kollektiv sein darf.

„Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke bezeichnete die AfD als ‚letzte evolutionäre Chance des Vaterlands‘. Die Deutschen seien gegenüber fremden Kulturen ‚schlaff und wehrlos‘ geworden, sagte Höcke“, hieß es am 4. Juni 2016 in einem MDR-Bericht über das 2. Kyffhäuser-Treffen des „Flügels“ in der AfD.

Gegen fremde Kulturen – Lieder, Götter, Kleider – müsse ein Volk sich wehren! Wie die eingebildete geistige Identität des Volkes nichts ist als der untertänige Wille der Bürger zum Staat, so stehen für Höcke auch andere Kulturen für die Loyalität zu anderen Staaten. Und da geht er - ohne nähere Erkundung - von einem feindlichen Gegensatz zur eigenen Nation aus. Volk und Staat haben sich, ihm zufolge, in einer prinzipiell feindlichen Umwelt zu behaupten - und er sieht Willen und Fähigkeit zu diesem Kampf bei den längst mit Fremden vermischten, multikulturell verseuchten Deutschen weithin verloren. Ein Volk, das Hass und Verachtung für fremde Sitten verlernt und gegen sie gleichgültig wird, verliere sich selbst und werde unfähig zur Selbstbehauptung in einer feindlichen Umwelt. Um diese Entartung zu stoppen, hetzt die völkische AfD gegen Geflüchtete und andere Fremde gemäß dem urdeutschen Motto: Germany first! Dass dieses Motto auch – in unterschiedlicher Tonlage – die Devise aller anderen staatstragenden Parteien ist, soll nicht unerwähnt bleiben.

HENRICI


DJV hofiert Pretzell

Mit Vertreter*innen aller Parteien, die er künftig im NRW-Landtag zu sehen meint, will sich am 6. März 2017 trotz vehementer Kritik der Deutsche Journalistenverband (DJV) treffen. Zu der nicht-öffentlichen Veranstaltung im Düsseldorfer Zollhof hat der DJV auch Markus Pretzell, AfD-Landesvorsitzenden von NRW, aufs Podium geladen. Debattieren wolle man zum Thema „Medienvielfalt“. Argument des DJV-Vorstandes für die Einladung der Rechtsaußenpartei: Der Journalistenverband wolle sich nicht genauso verhalten wie die AfD, die die Presse regelmäßig von ihren Partei-Veranstaltungen ausschließe.

Da der VDJ sich nicht umentscheiden mag, obwohl ihn das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ auf die problematische Einladung angesprochen hatte, machte DSSQ die Veranstaltungsplanung nun in einem Offenen Brief öffentlich.

Es sollte also niemanden wundern, wenn am 6.3.17 der eine oder die andere am Zollhof mal nach dem Rechten sieht! - Informiert Euch zeitnah unter: https://www.facebook.com/duesseldorfstelltsichquer