Hoffnung und Rebellion

Gegen G20!

2017 wird ein bewegtes Jahr. Zehn Jahre nach den G8-Protesten in Heiligendamm werden am 7. und 8. Juli in Hamburg massenhafte Gipfelproteste erneut zum Anzugspunkt linker Kräfte in Deutschland. Gleichzeitig finden mehrere wichtige Wahlen (Bundestag, Landtag NRW und Schleswig-Holstein) statt, die im Zeichen einer Bedrohung von rechts stehen.

Die krisenhafte Entwicklung der kapitalistischen Staaten und ihrer Ökonomien veranlassen die Staats- und Regierungschef*innen der 20 reichsten und mächtigsten Länder der Welt, nervös mit den Füßen zu zappeln. Drum ist es wieder Zeit für sie, sich am Festbankett die Köpfe zu zerbrechen, wie der Laden zusammengehalten werden kann.

Schon die Wahl des Tagungsortes ist eine Ansage: Entgegen der üblichen Praxis der letzten Jahre treffen sich die Herrschenden dieses Mal nicht abgelegen auf grünen Feldern oder in unzugänglichen Bergen, sondern in einer Stadt mit linker Geschichte und mit einer Vielzahl politischer und aktionistischer Praxen. Die Ignoranz und Arroganz gegenüber linken Projekten und sozialen Protesten wird sich in jedem Fall als Fehler herausstellen. Die Mächtigen werden merken, dass diese Stadt sich entschieden hat, G20 nicht willkommen zu heißen, denn zu Tausenden werden wir einen Riss in der perfekt inszenierten Machtdemonstration hinterlassen.

Der Wahnsinn der Welt

Blutige Kriege, die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und die faschistoiden Entwicklungen auf der ganzen Welt sind Ausdruck einer gesellschaftlichen Situation, die sich zuspitzt. Der neoliberale Konsens verliert an gesellschaftlicher Legitimität und rechte Kräfte erstarken weltweit. Während Teile der Eliten sich über die Störung ihrer neoliberalen Ordnung empören, reiben sich andere schon die Hände. Ob Erdogan, Trump oder Putin - die bereits existierenden rechten Regierungen und die aufstrebenden rechten Parteien schrecken nicht davor zurück und werden nicht davor zurückschrecken, Oppositionelle zu verhaften und zu ermorden sowie rassistische, sexistische und homophobe Politik zu betreiben.

Nach wie vor trägt auch die BRD keine unbefleckte Weste. Soziale Gerechtigkeit, Bleiberecht, ökologische Nachhaltigkeit und ein klares »Nein-zum-Krieg« sind Fremdwörter in den Ohren der Bundesregierung. Unbeirrt versucht sie ihre Beteiligung an den weltweiten imperialistischen Aggressionen zu verhüllen, den Zuwachs sozialer Ungerechtigkeit und der Zumutungen auf den Ämtern als »Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit« zu propagieren. Verschärfungen des Asylrechts, Massenabschiebungen in vermeintlich sichere Herkunftsländer sowie die Installation sicherheitspolitischer Präventivdispositive – Stichwort Fußfessel – verkauft sie weiterhin als Notwendigkeit zur Verteidigung „westlicher Werte und Freiheiten“.

Doch die gesellschaftliche Hegemonie der Bundesregierung ist brüchig geworden, immer mehr Menschen äußern ihre Unzufriedenheit und suchen nach Alternativen. Die Erfolge der reaktionären Scheinalternative von rechts, die auch in Deutschland zum Problem wird, sind nicht zuletzt Ausdruck dieser Unzufriedenheit. Die AfD repräsentiert in dieser gesellschaftlichen Situation eine seriös verpackte Scheinalternative von ultraliberaler Wirtschaftspolitik, reaktionären Geschlechter- und Familienbildern und einer offen rassistischen und nationalistischen Skandalpolitik.

Wirkliche Alternativen?

Konfrontiert mit der falschen Gegenüberstellung von neoliberalem Elend und rechter Beschränktheit, mag manch eine*r versucht sein, im Wahnsinn der Gegenwart aufzugeben und an der Möglichkeit einer Welt jenseits des Kapitalismus zu zweifeln. Doch genauso gegenwärtig wie das Gefühl der Hilf- und Ratlosigkeit im Angesicht der globalen Situation sind auch die Hoffnungsschimmer, die Ermutigungen, die unsere Freund*innen von überall her senden: Kollektive Akte des täglichen Widerstandes an den verschiedensten Orten, wie bei den kurdischen Genoss*innen in Rojava und Nordkurdistan, bei den Zapatistas in Mexiko, im Widerstand gegen Arbeitsreformen („Nuit Debout“) und polizeiliche Repression in Frankreich wie auch in den Frauenbewegungen in den USA und Lateinamerika, um nur wenige Beispiele zu nennen. Das Willkommen für Menschen, die vor Krieg und Elend fliehen, hat eine Welle von Solidarität und Gemeinschaftlichkeit entstehen lassen. Das kollektive Aufbegehren im Pflegestreik, langsam erstarkende Arbeitskämpfe, eine neue Klimabewegung, das gemeinsame Verhindern von Zwangsräumungen, Stadt-für-Alle-Bündnisse und der gemeinsame Widerstand gegen Abschiebungen und Asylrechtsverschärfungen - auch im Herzen der Bestie ist etwas entstanden, was die Hoffnung auf ein Leben jenseits von neoliberaler Verwertungslogik oder rechtem backlash spürbar macht.

Our time to act has come!

Um die falsche Gegenüberstellung von neoliberaler „Vernunft“ und rechten „Alternativen“ zu durchbrechen, müssen wir in die Offensive gehen! In Zeiten der Krise polarisiert sich die Gesellschaft und es wird möglich, die herrschenden Verhältnisse zum Tanzen zu bringen und aus den Trümmern des Bestehenden etwas Neues aufzubauen. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Beziehungen aus den Stadtteilen, aus den Bündnissen, von der gemeinsamen Ermächtigung auf der Straße bündeln. Organisiert euch und plant mit: Kommt zur zweiten G20-Aktionskonferenz am 8./9. April 2017 in Hamburg!

Wenn dann im Juli in Hamburg die Mächtigen und ihr Gefolge zusammenkommen, werden wir vorbereitet sein: Bisher geplant sind ein Alternativ-Gipfel (5.-6.7.), eine autonome Vorabenddemo (6.7.), ein Aktionstag am ersten Gipfeltag (7.7.), mit dem der G20-Gipfel durch Aktionen des zivilen Ungehorsam und kreative Protestformen mindestens gestört werden soll, sowie eine Großdemonstration (8.7.). Lasst uns unsere Wut auf die Straße tragen in der Gewissheit, dass eine andere Welt möglich ist. Gerade in diesem historischen Jahr 2017 – 100 Jahre nach der Oktoberrevolution – sollte uns allen klar sein: Rebellion entsteht aus Hoffnung. Hoffnung entsteht aus Rebellion.

SEE RED! / INTERVENTIONISTISCHE LINKE (IL)

Mehr Infos unter:
https://g20hamburg.org
https://g20-hamburg.mobi
Twitter: @G20HH2017