TERZ 08sn.00 – VORWORT
Der schreckliche Bombenanschlag am S-Bahnhof Düsseldorf-Wehrhahn zog ein großes mediales Echo nach sich, das nicht frei von wilden Spekulationen ist. Doch losgelöst von der Frage, ob sich der Terroranschlag nachweisbar als faschistische Tat erweisen wird oder nicht, ist es endlich an der Zeit, Rassismus und Neofaschismus Einhalt zu gebieten. Allerdings versuchen Polizei und Justiz regelmäßig, faschistische Hintergründe von Straftaten zu relativieren. Im Zuge der Ermittlungen zum Bombenanschlag in Düsseldorf beispielsweise werden von Polizei und Staatsanwaltschaft sogar bewußt Falschmeldungen verbreitet. Der am 2.8. verhörte Ralf Spies ist ein wegen gewalttätiger Delikte mehrmals verurteilter Rechtsextremist. Sein Laden war u.a. häufiger Treffpunkt der neonazistischen "Kameradschaft Düsseldorf". Obwohl von dem Antifa-KOK und der TERZ (s. u.a. schon TERZ 9/99) wiederholt auf die Gefährlichkeit von Spies hingewiesen wurde, behaupteten Polizei-Pressesprecher Hartwich und Staatsanwalt Mocken am noch 2.8., rechtsextreme Zusammenhänge seien in diesem Kontext nicht erkennbar. Solche Verdrehungen sind bei vielen Anschlägen die Regel. Fast täglich wird irgendwo in diesem Lande eine gewalttätige rassistische oder antisemitische Straftat begangen: Gewalttätiger Rassismus ist mittlerweile integraler Bestandteil deutscher Verhältnisse. Für die deutsche Wirtschaft und ihre Interessenverbände wird die faschistische Eskalation unter dem Blickwinkel eines "negativen Standortfaktors" verortet. Die politischen Vertreter des deutschen Staates ziehen nach und äußern ihre Sorge um das "Image Deutschlands".
Wahlweise wird nun nach mehr Polizei, härteren Gesetzen, mehr Jugendbetreuung oder positiver Imagewerbung gerufen. Nun gibt es wahrlich schon genug Polizei sowie polizeiliche Sondereinheiten in diesem Lande. Auch spezifische Gesetze existieren hinreichend; sie werden in der Regel jedoch bei faschistischen Aktivitäten nicht angewendet.Für die Betreuung "rechtsanfälliger Jugendlicher" sind gar schon etliche Millionenbeträge geflossen: Über Gelder aus dem sog. AgAG-Förderprogramm (Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt) jedoch finanzierten sich Neonazis in vielen Jugendclubs die Infrastruktur für ihre Aktivitäten. In Düsseldorf nutzten die Neonazis 1993 z.B. das sog. "Skin-Projekt der AWO, um Jugendliche für ihre Aktionen zu rekrutieren. Deshalb offenbaren sich diese ganzen Vorschläge für staatliches Handeln als Verdrängungsleistungen gegenüber den Ursachen der rassistischen Eskalation. Denn die "Walser-Republik" selbst ist es, die jener Eskalation den Boden bereitet hat. Die regierungsamtliche Hetze gegen "Asylantenfluten", für "Normalisierung" der deutschen Geschichte und die deutsche National-Versessenheit sind es, die den Neonazis die Argumente als Vollstrecker des Volkswillens liefern. Um Rassismus und Neofaschismus überhaupt wirksam bekämpfen zu können, müssen sie erst einmal als ein strukturelles Problem erkannt und benannt werden.
Die TERZ hat sich zu dieser Sonderausgabe entschlossen, um Fakten und Argumente für antifaschistisches Handeln in Düsseldorf zu liefern. Anlaß dazu gibt es traurigerweise mehr als genug.
Die Sonderausgabe ist ein Gemeinschaftsprodukt von uns und dem Koordinierungskreis antifaschistischer Gruppen aus Düsseldorf, dem Antifa-KOK.
Wir haben einen UnterstützerInnenaufruf veröffentlicht, der zu antifaschistischem Handeln vor Ort anregen soll.
Wir bitten hierzu um weitere Unterstützung durch Zusendung von Unterschriften sowie um die Überweisung von (möglichst dreistelligen) Solidaritätsspenden zur Finanzierung der antifaschistischen Arbeit in Düsseldorf.
(Konto: Volkenannt - Stadtsparkasse Düsseldorf
BLZ: 300 501 10
Konto.Nr.: 0047 386 313)