Blick zurück nach vorn

Zum 80. Jahrestag der Spanischen Revolution

Im Juli 2016 jährt sich zum 80. Mal der Beginn der Spanischen Revolution. Die anarcho-syndikalistische FAU Düsseldorf nimmt dies zum Anlass, um sich der Revolution aus verschiedenen Perspektiven anzunähern.

Auch heute noch ist das Wissen über die Spanische Revolution von 1936 erstaunlich dünn und eher von Halbwissen und weißen Flecken geprägt. Vielleicht liegt es noch immer daran, dass man nicht über die Revolution oder den „Bürgerkrieg“ reden kann ohne die konstruktiven Elemente und die praktische Bewährung einer sowohl dem Kapitalismus als auch dem Staatssozialismus konträren Gesellschaftsform zu erwähnen, einer Gesellschaftsform, die selbst unter Kriegsbedingungen zeigen konnte, dass sie wesentlich produktiver und vor allem menschlicher als die Herrschaft des Kapitals oder der Bürokratie ist: der Anarchismus.

Ausgangspunkt der Revolution war ein Militärputsch gegen die junge Spanische Republik. Der eigentliche Anführer starb bei einem bis heute ungeklärten Absturz seines Flugzeuges über dem Mittelmeer. So konnte Francisco Franco sich zum unumstrittenen Caudillo des Putsches aufschwingen. Unterstützt durch die alten, monarchistischen Oligarchen, weite Teile des Militärs, insbesondere der Offiziere, der katholischen Kirche und nicht zuletzt durch die junge faschistische Bewegung Spaniens unternahm Franco alles, um die Macht an sich zu reißen. Unterstützt wurde er dabei durch die faschistischen Regime der Achsenmächte (Berlin-Rom). Beide faschistischen Regierungen sandten Kriegsmaterial, militärische Berater, Agenten und auch Tausende von Soldaten.

Auf den Putsch der Generäle reagierten die Arbeiter*innen in den stark industriell geprägten Regionen Spaniens ebenso wie die landlosen Bäuer*innen auf bemerkenswert ähnliche Art und Weise. Sie entwaffneten nicht nur Militär, Spezialeinheiten, Polizei und rechte Bürgerwehren, sondern fingen sofort an, die Betriebe zu übernehmen und in Eigenregie weiter zu führen. Dabei setzten sie spontan (und regional sehr unterschiedlich) ihre Vision des libertären Kommunismus, d.h. der Anarchie um. Ausgangs – und Kristallisationspunkt aller Aktivitäten waren die lokalen Syndikate der CNT (Confederación Nacional del Trabajo), die Ortsgruppen der Federación Anarquista Ibérica (FAI), der Libertären Jugend und der Mujeres Libres (Freie Frauen). Diese vier föderalistischen Organisationen waren es die, basierend auf der Eigeninitiative der konkreten Mitglieder und der lokalen und regionalen Strukturen, sowohl eine effektive Arbeiter*innenmiliz als auch die Kollektivierungen der Betriebe und Industrien in Großstädten (wie zum Beispiel Barcelona), Dörfern und ganzen Regionen (wie zum Beispiel Katalonien oder Andalusien) bewerkstelligten.

Leider folgte auf den „kurzen Sommer der Anarchie“ schon schnell ein langanhaltender Herbst (und später auch noch ein viel zu langer Winter) der Diktatur. Zum einen gelang es den Arbeiter*innen in Stadt und Land nicht, den Putsch in ganz Spanien niederzuringen. Gerade Gebiete, in denen die libertären Organisationen schwächer waren, fielen oft schnell unter die Knute der Militärs und der Faschisten. Aber die Anarchist*innen sahen sich nicht nur diesem Feind gegenüber stehen. Die bürgerlichen und staatsbejahenden Elemente schafften es, sich zu konsolidieren. Mit jedem Tag, den sie sich stärker fühlten, versuchten sie um so intensiver und bald auch aggressiver, die revolutionären Veränderungen aufzuhalten und, wann immer möglich, wieder auf zu lösen. Die Kommunist*innen spielten dabei eine traurige Rolle. Sie schreckten in ihrem Kampf gegen „trotzkistische Abweichler“ und „unkontrollierbare Elemente“ (das sind Anarchist*innen) weder vor nackter militärischer Gewalt, noch vor Entführungen, Geheimgefängnissen, Folter und Mord zurück. Die internationale Politik der „nicht Einmischung“ machte es den libertären auch nicht leichter. Bedeutete doch diese „nicht Einmischung“ nur, dass niemand die Waffenlieferungen und sonstige militärische Unterstützung aus Deutschland und Italien unterbinden wollte. Gleichzeitig verweigerte man den revolutionären Arbeiter*innen die dringend benötigten Waffen. Aber auch jenseits politischer und militärischer Schwierigkeiten, sahen sich die Arbeiter*innen mit diversen praktischen Problemen des Sozialismus konfrontiert.

Erinnern

In der Veranstaltungsreihe „80 Jahre soziale Revolution in Spanien“ wollen wir uns mit den verschiedensten Aspekten der Revolution auseinandersetzen. Den Anfang machen wir am 18.07.2016 mit der Dokumentation „Memoria Viva“ von 2014 im Kino Metropol. „Memoria Viva“ erzählt die über hundertjährige Geschichte der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft CNT aus der Sicht ihrer Protagonist*innen – einfachen Arbeitern und Arbeiterinnen. Mit ihnen erleben wir ihre Geschichte, ihre Kämpfe, ihre Hoffnungen und Erwartungen. Eine Reise in die Utopie derjenigen, die eine neue Welt in ihren Herzen tragen. Nach der Dokumentation stehen der Regisseur Antonio J. García de Quirós Rodríguez und der Produzent Gonzalo Palomo Guijarro noch zur Diskussion zur Verfügung. Weiter geht es direkt am 19.07. in unserem Ladenlokal „V6“ mit der Dokumentation „Vivir la Utopia“ die sich ganz der spanischen Revolution und ihrer Vorgeschichte widmet.

Neben vielen weiteren Dokumentation (u.a. über Jüdische Kämpfer*innen, die Interbrigaden, die Befreiung von Paris und den Widerstand im Exil) wollen wir am 03.10.2016 die Spanienkämpfer*innen aus Düsseldorf (und den Städten der näheren Umgebung) vorstellen.

Natürlich machen wir das alles nicht, um uns am „Mythos der Revolution“ zu berauschen. Für uns macht die Beschäftigung mit der Vergangenheit nur dann Sinn, wenn wir aus ihr Lehren und Inspiration für Heute ziehen können. Angesichts des globalisierten Kapitalismus und seiner bekannten Auswirkungen:

ist es Zeit, über eine vernünftige Organisation der Weltgesellschaft nachzudenken. Wir denken, das die Spanische Revolution nicht der schlechteste Ausgangspunkt für eine Diskussion über die Möglichkeiten und Bedingungen eines libertären Kommunismus ist.

FRANK TENKTERER (FAUD)

Alle Termine und noch mehr Infos findet ihr auf dem Blog der „V6“ http://vsechs.blogsport.eu