TERZ 09.16 – WAR WORLD
Der Krieg in den Städten Kurdistans zeigte dem türkischen Militär ihre Grenzen auf. Veraltete Waffen und schlecht ausgebildete Soldaten führten nicht zum gewünschten Erfolg gegen die kurdische Bewegung. Und dazu gibt es noch die Ambitionen, zu einer militärischen Regionalmacht zu werden. Das geht nur mit modernen Waffen. Die Düsseldorfer Rüstungsschmiede Rheinmatall will dabei helfen. Mit Despoten hatte die noch nie Berührungsängste.
Die Türkei hat nach den USA die größte Nato-Armee. Zwischen 2014 und 2016 sind die Militärausgaben um 16% (in Deutschland waren es „nur“ 6%) gestiegen. Da lecken die Rüstungsschmieden der Welt Blut. Zumal die Türkei ihren veralteten Waffenbestand erneuern will, um militärisch dem Größenwahn ihres Quasi-Diktators Erdoğan in der Region Genüge tun zu können. Aufgrund ihrer Lage ist das Land für die NATO ein wichtiger Akteur und Stützpunkt im Nahen Osten. Da sieht man dann gerne über Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und politische Morde, die von Erdoğans Anhängern oder der türkischen Armee begangen werden, hinweg. Demokratie ist ja nicht so wichtig im politischen Geschäft und wird nur als Argumentsmuster gegen wirtschaftliche oder politische Feinde des Westens in Stellung gebracht. Insofern ist es nur konsequent, dass Rheinmetall mitmischen will. Man beteiligt sich zusammen mit der malaysischen Firma Etika und dem türkischen Rüstungskonzern BMC an einer neuen Rüstungsfirma. Deren Eigentümer, Ethem Sancak, werden laut „Die Welt“ beste Beziehungen zu Erdoğan nachgesagt. Kein Wunder, ohne gute Kontakte zur Familie Erdoğan gibt es kaum noch Möglichkeiten, an Staatsaufträge zu kommen.
Gebaut werden sollen gepanzerte Fahrzeuge mit Ketten und Rädern, die besonders in Städten zum Kampf geeignet sind, um Aufstände niederzuschlagen. Genau solche Fahrzeuge fehlten der türkischen Armee im Krieg gegen die Kurd*innen im eigenen Land und bald auch in den angrenzenden Staaten. Rheinmetall soll die dazu benötigten 120mm-Kanonen liefern. Kanonenrohre von Rheinmetall sollen in den neuen türkischen Panzer Altay eingebaut werden. Die 120mm-Kanone ist die gleiche, wie die im deutschen Leopard-2 Panzer eingebaute. So gelangt die Türkei dann doch zu einem Leopard-light-Panzer. Vor 15 Jahren klappte das noch nicht. Da kam ein Großauftrag an die Türkei über 1.000 Leopard-2-Panzer nicht zustande, weil die Grünen damals noch dagegen waren.
Was bleibt, ist die Feststellung, dass Rheinmetall mit der Genehmigung aus Berlin im wahrsten Sinne des Wortes skrupellos über Leichen geht und damit Geld macht. Viel Geld. Allein im ersten Halbjahr 2016 verdiente Rheinmetall mit seiner Rüstungssparte 1,25 Milliarden Euro. Ein Umsatzplus von 19 Prozent, und da war das schmutzige Geschäft mit der Türkei noch gar nicht mitgerechnet. Eigentlich müssten aufgrund der momentanen Situation in der Türkei und dem Verhalten Erdoğans sämtliche Geschäfte mit der Türkei auf Eis gelegt werden, doch das ist nur ein Traum.