arbeiten um zu wohnen

Die Landesentwicklungsgesellschaft Nord­rhein-Westfalen GmbH (LEG) mit Sitz in Düsseldorf verwaltet über 100.000 Wohnungen. Ende August hat die LEG den Wohnungsmarktreport für 2016 veröffentlicht. Demnach sind Preise für Mietwohnungen in Düsseldorf mit 3,4 Prozent erneut gestiegen. Doch trösten ja immer Vergleiche und das Wissen, dass es anderen noch schlechter geht: Köln belegt den ersten Platz, was die teuerste Miete in NRW angeht! Und außerdem dürfen wir uns in Düsseldorf des durchschnittlich höchsten Pro-Kopf-Einkommens in NRW, nämlich 25.963 Euro jährlich, rühmen! Wahrscheinlich variiert dieses aber ebenso stark von Stadtteil zu Stadtteil wie die Mieten: Die reichen von 7,87 in Garath (als einziges Gebiet unter 8 Euro) bis 12,23 Euro pro Quadratmeter in Oberkassel. Der Wohnungsmarktreport begründet die Beliebtheit der Stadt mit der hohen Lebensqualität und dem tollen Arbeitsplatzangebot. Schade nur, dass vom schönen Leben nicht mehr so viel übrig bleibt, wenn du ohne Ende arbeiten musst, um deine Miete aufzubringen.

minijob, minirente

Für die horrende Miete (s.o.) kannst du ja einfach noch einen Zweitjob annehmen. Der DGB Stadtverband Düsseldorf berichtete, dass rund 25.000 Düsseldorfer*innen noch einen zusätzlichen Minijob haben, davon 56 Prozent Frauen und 44 Prozent Männer. Mit Abstand die meisten dieser Minijobs sind in der privaten und gewerblichen Reinigungsbranche angesiedelt. Problematisch findet der DGB besonders, dass nur wenige der Minijober*innen bei ihrer Tätigkeit rentenversichert sind. Es ist richtig, dass zu kritisieren, in erster Linie ist es aber problematisch, dass Minijobs zur Budgetaufbesserung überhaupt nötig sind. Aber gut, die Zahlen machen die Musik, und wer arbeitet, fällt auch nicht unter die Arbeitslosigkeitsstatistik, die in Düsseldorf mit 8,5 Prozent vergleichsweise niedrig ist.

aufarbeitung verpennt

Der fraktionslose Politiker Daniel Schwerd wollte mit seiner Kleinen Anfrage im Landtag in NRW Licht ins Dunkel bringen und wollte wissen, wie viele Ermittlungsverfahren es auf Grundlage des §175 von 1946 bis 1994 in NRW gegeben hat. Der §175 stellte von 1872 bis 1994 sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe. Zwar wurde er Ende der 1960er und Anfang der 1970er reformiert, ersatzlos gestrichen aber erst 1994. Die Antwort der Landesregierung zu Schwerds Anfrage fällt äußerst mau aus, weil die entsprechenden Akten fast alle gelöscht, also rechtmäßig vernichtet wurden. Informationen etwa darüber, ob es auf Grundlage des §175 zu Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst kam oder ob auch nach der Streichung 1994 noch Menschen wegen des §175 inhaftiert waren, kann das Land nicht liefern. Allein eine Tabelle gibt den Hinweis, dass es in NRW in oben genanntem Zeitraum zu über 13.000 Verurteilungen kam, von denen viele junge Männer bis 21 Jahre betroffen waren. Schwerd wirft der Landesregierung vor, die Aufbewahrungsfristen sehenden Auges ablaufen zu lassen und sich vor einer Aufarbeitung zu drücken. Und das, „obwohl der Landtag schon 2012 die Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer in NRW beschlossen hat“.

hiv? dann bitte einmal hier eintragen

Auch weiterhin werden HIV- und Hepatitis-Infizierte in den Datenbanken des „Polizei-Auskunfts-Systems“ (POLAS) der nordrheinwestfälischen Polizei abgespeichert. Aktuell befinden sich in POLAS-NRW rund 870 Menschen, die in der Kategorie „ANST“ (für „ansteckend“) vermerkt sind. Das ist nicht nur stigmatisierend und entwürdigend, es führt auch noch nicht einmal zu der beabsichtigten Gewährleistung der Sicherheit von Polizist*innen. Das meinen auch Landtags-Linke, -Grüne, die Deutsche Aids-Hilfe und Datenschützer*innen. Sie weisen etwa darauf hin, dass von HIV-Infizierten in Therapie keine Ansteckungsgefahr ausgeht, das sammelwütige Vorgehen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt – und ausserdem: „Nicht das Wissen um mögliche Infektionsträger schützt, sondern das Wissen um das richtige Verhalten, sich vor einer Infektion zu schützen“, so der Sprecher der Aids-Hilfe NRW.

frauenpower

In der Septemberausgabe von „Die Wirtschaftsförderung informiert“ widmet sich die Stadt der Chancengleichheit auf dem Düsseldorfer Arbeitsmarkt. Dabei geht es ihr um die „Powerfrauen“. Dieser Begriff bedarf natürlich der Erläuterung, daher wird sinniert: „Frauenpower, das bedeutet Frauen mit Power, die in den Beruf bzw. in Führungspositionen streben oder ein eigenes Unternehmen anstreben.“ Zum einen nervt es, dass es beim Thema Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt stets um diese blöden Führungspositionen geht. Natürlich gehört die Formel „je höher und mächtiger desto männlicher“ abgeschafft, aber diese Fokussierung auf die oberen Etagen lenkt den Blick weg von den Problemen der Ebene. Zum anderen wird in der Broschüre der Eindruck erweckt, die einzige Schwierigkeit von arbeitenden Frauen sei die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Broschüre schafft es, die Verantwortung von Männern und gesellschaftlichen Institutionen für Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Organisation des Haushalts etc. völlig auszusparen. Es wird vielmehr postuliert, dass Arbeitsplätze für Frauen halt ermöglichen müssen, dass Frauen diese Care-Arbeit „nebenher“ auch noch hinkriegen können. Denn Frauen sind wichtiges Humankapital – dazu OB Geisel im Grußwort der Broschüre: „Wir können es uns angesichts des demografischen Wandels nicht leisten, 50 Prozent des Arbeitskräftepotenzials nicht optimal zu heben.“

rechte dichter. dichte rechte?

Ob der kreative Output den selbstverliebten Höhenflügen nach den Landtagswahlerfolgen in Mecklenburg-Vorpommern geschuldet ist? Der Anti-AfD-Song der Sängerin Jennifer Rostock hat die AfDler*innen von der „Campus Alternative-Düsseldorf“ so inspiriert, dass sie Feder und Tinte gezückt und als Erwiderung selbst folgende Zeilen gedichtet haben. *** Trigger-Warnung: Aus der Kategorie „was ich lieber niemals gelesen hätte“ ***

Willst du ne Partei, die die Bürger als Pack beschimpft,
die Kindergartenkinder schon mit Gender-Schwachsinn impft?
Dann wähl die Altpartei’n, dann wähl die Altpartei’n!
Bist du gegen sichre Grenzen
und für Kuscheljustiz?
Du schmeißt Steine auf die “Bulln”,
kommen sie in deinen Kiez
Ja dann wähl die Altpartei’n, dann wähl die Altpartei’n!
Der Nationalstaat als dein Feindbild, Gesinnungsterror und was weiß ich.
Das alles riecht verdammt nochmal nach neunzehnachtundsechzig.

polizei in der grauzone gegen bunte bilder

Sprayer*innen, die ihre Bilder an der Hall of Fame am S-Bahnhof Eller anbringen, müssen damit rechnen, von der Polizei kontrolliert zu werden. Diese hatte Personalien von Sprayer*innen aufgenommen und ihre Bilder fotografiert. Von einem Sprayer nach dem Grund dafür befragt, wies ein Polizist auf das Anliegen der Stadt hin, die Kenntnisse über mögliche verfassungswidrige Zeichen haben wolle. Die WAZ hakte bei der Stadt nach: Im Kulturamt wisse man davon nichts. Der mit ähnlichen Fällen betraute Rechtsanwalt Patrick Gau sieht hier die auch in anderen Städten gängige polizeiliche Praxis bestätigt, Fotos der Graffiti und Tags zu sammeln, um deren Stil dann mit anderen, illegal angebrachten Graffiti abzugleichen. Dieses Vorgehen bestätigt der Düsseldorfer Polizeisprecher Andreas Czogalla, indem er vermutet, dass im Fall der Hall of Fame in Eller die diensthabenden Polizisten Elemente eines illegalen Bildes wiedererkannt und die Personalien der angetroffenen Sprayer*innen festgehalten haben. Britta Kollman von Verbunt-Jugendkunst Düsseldorf e.V. bemüht sich um Vermittlung und will Polizei, Lokalpolitiker*innen und Anwohner*innen klarmachen, dass das Sprayen an der Hall of Fame absolut legal ist.