Nazis „Tschö“ sagen

Neonazis und rechte Schläger sind seit Monaten deutlich aktiver in Düsseldorf, vor allem in den Stadtteilen Eller und Garath. Antifaschistinnen und Antifaschisten aus der Stadt haben nun mit ihrem Aufruf, diese Entwicklung nicht stillschweigend zu dulden, Licht auf diese rechten Umtriebe gelenkt. Für den 9. Februar 2019 ist eine Demo angekündigt, mit der vor Ort selbst gezeigt werden soll: Es wird keine Nazi-Kieze in Düsseldorf geben! Düsseldorf bietet rechten Schlägern und rassistischer Hetze die Stirn!

Auf die letzte Demo-Erfahrung hätten etliche engagierte Menschen in Düsseldorf gut verzichten können. Schon während des Aufmarsch-Auftakts der kruden Masse von Leuten, die dem Aufruf der rechten Gruppe „Patrioten NRW“ gefolgt und am 17. November 2018 auf dem Johannes-Rau-Platz am Rheinufer aufgetaucht waren, war rasch klar: Das wird kein erfolgreicher Protest-Tag gegen rechte und rassistische Hetze. Zwar waren durchaus viele Menschen an diesem November-Samstag zu lautstarkem Gegenprotest zusammengekommen und hatten sich entschieden, rechte und rassistische Parolen auf Düsseldorfs Straßen nicht unwidersprochen zu lassen. In deutlicher Unterzahl war ihr Protest letztlich aber ohne Zweifel nicht stark genug aufgestellt gegen das offenkundig gefährliche Gemisch aus Neonazis und rechten Hooligans, aus Stammtisch-Rassist*innen und aus Gewalt-Freaks mit extrem rechten Straßenkämpfer- und Schutztruppen-Allüren.

Dabei war durchaus damit zu rechnen gewesen, dass die „Patrioten NRW“ spürbar viele von ‚ihren‘ Gruselgestalten würden mobilisieren können. Nicht zuletzt hatte der mindestens aus Dügida-Zeiten bekannte, frühere pro NRW-Mann Dominik Roeseler aus Mönchengladbach in seiner Social Media-Filterblase mit einem eigens gedrehten Mobi-Video Werbung für die rechte Demo in Düsseldorf gemacht. Wer weiß, dass Dominik Roeseler trotz Schmalztolle und Bürgerspeckbacken für knallharte Schulterschlüsse von durchgedrehten Volksdeutschen, von kürzer oder länger in der rechten Szene Aktiven und von Schlägertrupps aus dem rechten Hooligan-Spektrum steht, konnte ahnen, dass der Aufmarsch vom 17. November ähnliche Leute auf die Straße spülen könnte, wie sie im Oktober 2014 in Köln bei der ersten Zusammenrottung der Hooligans gegen Salafismus (HoGeSa) dabei waren – auch damals organsiert von HoGeSa-Mitbegründer Dominik Roeseler.

Die Entwicklung, die der rechte Aufmarsch am 17.11. nahm, kam also nicht aus dem Nichts. Nur wenige Minuten, nachdem sich der Demozug der Rechten in Bewegung gesetzt hatte, stürmten dutzende Schläger aus ihren Reihen durch die spärliche Polizeikette und griffen gezielt und verabredet Menschen aus der Gruppe der Gegen­demonstrant*innen an. Es steht zu vermuten, dass auch ein Gegenstand, der wie ein Wurfmesser aussah, in Richtung der Gegenprotestierenden geworfen wurde. Zum Glück flog er in Kopfhöhe der Angegriffenen ins Leere. (TERZ 12.18)

Die Polizeibeamt*innen dürften den vermeintlichen Messerwerfer vor Ort nicht gesehen haben. Drehten sie doch dem rechten Mob in dieser Situation den Rücken zu. Ihr Blick war ganz auf den Gegenprotest gerichtet, auf die Menschen am Straßenrand, die ein Transparent vor dem Bauch hielten, riefen und pfiffen.

Die Düsseldorfer Polizei wird sich fragen lassen müssen, ob dieser Einsatzplan nach Handbuch-Taktik im Sinne der Extremismustheorie gut war. Ihre künftige Demo-Begleitung für Neonazi-Aufmärsche wird sich daran messen lassen müssen, ob sie diese an der Staatsräson orientierte Fehleinschätzung ablegen kann – oder lieber weiterhin an den Osterhasen, den Weihnachtsmann oder den gewaltfreien Neonazi glauben möchte. Vielleicht hat der oder die clevere Beamt*in im Düsseldorfer Staatsschutzkommissariat inzwischen aber auch mal den Namen „Dominik Roeseler“ googeln können und bei der Antifa nachgeblättert, was „HoGeSa“ eigentlich heißt. Bislang war nicht nachvollziehbar, ob die hiesige Polizei ernst nimmt, was sich in Düsseldorf zusammenbraut.

Nächstes Mal besser

Ein wenig Knowhow in dieser Richtung könnte allerdings hilfreich sein. Denn in etwa dieselbe Kombo, die für den 17. November 2018 nach Düsseldorf aufgerufen hatte, hat für Anfang Februar erneut eine Kundgebung in Düsseldorf angekündigt. Am 2. Februar 2019 wollen zusammen elf aufrufende Organisationen gegen „Gewalt [...] auf unseren Straßen“ (sic!) auftreten. Angesichts der brutalen Angriffe vom 17.11. ist das Motto dieses weiteren Aufmarsches von beinahe eigentümlichem Humor.

Das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ) hat – wie im November 2018 – zu Gegenprotesten aufgerufen. Um es besser zu machen als zuletzt, wird es wieder und vor allem mehr engagierte Menschen brauchen, die sich den Neonazis, rechten Schlägern und Hooligans am 2. Februar 2019 entgegenstellen. Kreativ, laut, überall rund um den Kundgebungsort und vor allem: mit Vielen!

Dass das klappt, ist nicht unwahrscheinlich. Denn seit November 2018 ist nicht mehr zu übersehen, dass es Zeit wird, immer(!) dann vom Sofa runterzukommen, wenn Neonazis, rechte Schläger und Rassist*innen versuchen, in Düsseldorf aufzumarschieren.

Es gibt stadtweit aber auch kein naives Wegschauen mehr, wenn es um rechte Strukturen, Neonazis und eine rechte Szene vor Ort, hier in Düsseldorf, geht. Die Verhältnisse liegen auf dem Tisch, machen wir uns nichts vor: Die rechte Szene in Düsseldorf tritt aktiv, zunehmend organisiert und gewalttätig auf. Diese Entwicklung unwidersprochen zu lassen oder nur dann aktiv zu werden, wenn auswärtige „Patrioten“ mit ihren Schlägertrupps die Landeshauptstadt zu ihrem Aufmarschgebiet machen wollen, kann nicht länger genügen. Darum haben Antifaschistinnen und Antifaschisten Anfang des Jahres die Offensive gewählt. Sie haben ein breites Bündnis an Engagierten zusammengetrommelt, das am 9. Februar 2019 auf die Straße gehen wird. Von Gewerkschaften über Schüler*innen-AGs von „Schule ohne Rassismus / Schule mit Courage“, von Düsseldorf stellt sich quer bis Hochschul-Studierendengremien, von Jugendhilfeeinrichtungen bis zur Wohnungslosen-Initiative, von migrantischen Vereinen bis zur Kommunalpolitik, von Die LINKE über Grüne Jugend bis Jusos – gemeinsam mit zahlreichen Unterstützer*innen und mitaufrufenden Organisationen werden sie nicht etwa in der Düsseldorfer Innenstadt, sondern eben dort, wo rechte Schläger und rassistische Hetze sich einen Standort etablieren wollen, demonstrieren: In Eller.

Rechten Schlägern und rassistischer Hetze die Stirn bieten – Antifa in die Offensive!


Ein Aufruf von antifaschistischen Gruppen aus Düsseldorf zum Demo-Aufruf für den 9. Februar 2019

Lasst uns 2019 mit einer klaren Ansage starten: Wir überlassen rechten Schlägertrupps, rassistischen „Patrioten“ und Neonazis keinen einzigen Stadtteil, keine einzige Straße und keinen einzigen Raum!

Düsseldorf galt im NRW-Vergleich lange Zeit als Stadt ohne gut organisierte und besonders aktive extreme Rechte. Dieses Bild entsprach nie ganz der Realität und stimmt auch heute nicht: Die extrem rechte Szene in Düsseldorf ist sogar aktiver geworden. Sie versucht nicht nur, als organisierte Struktur aufzutreten, sie ist auch zunehmend offen gewalttätig. Diese Szene ist dabei kein reines Düsseldorfer Gewächs. Bei extrem rechten Aktivitäten vor Ort sind regelmäßig auch Personen aus dem Kreis Mettmann, aus Solingen, Essen, Duisburg, Mönchengladbach und anderen nahe gelegenen Städten und Kreisen anzutreffen. Ihr Einzugsbereich macht nicht an der Stadtgrenze Halt. Dass sie sich ebenso frech wie aufgeblasen aus der Deckung trauen, ist eine Entwicklung, die auch in mehreren anderen NRW-Kommunen zu beobachten ist. Darum ist es Zeit, dass wir einander zur Seite stehen und gemeinsam auf den Plan treten: Antifa in die Offensive!

Zuletzt in Düsseldorf

Für den 17. November 2018 hatten die sogenannten „Patrioten NRW“ bereits zum zweiten Mal zu einer Demonstration in der Nähe des Düsseldorfer Landtags aufgerufen. Wie zu erwarten war, tauchten zur rassistischen Kundgebung mit anschließendem Demo-Zug auch allerlei extrem rechte Hooligans, Hau-Drauf-Nazis und ihre (Männer-)Cliquen auf, darunter viele aus Düsseldorf, Köln („Begleitschutz Köln“) und dem Mönchengladbacher Einzugsgebiet des HoGeSa-Mitbegründers und ehemaligen „pro NRW“-Parteivizevorsitzenden Dominik Roeseler. Schon während der Auftaktkundgebung war erkennbar, dass insbesondere dieser Teil der späteren Demo-Teilnehmenden die Reihen der antifaschistischen Gegenkundgebung unweit des „Patrioten“-Auftaktortes am Johannes-Rau-Platz als ihr späteres Angriffsziel taxierte. Nach Beginn des Demo-Zuges lenkte die eingesetzte Polizei den bereits aufgeheizten rechten Mob auf die Straße, an der zu diesem Zeitpunkt Gegendemonstrant*innen lautstark ihren Protest ausdrückten. Nur wenige Minuten später durchbrachen rechte Hooligans die lockere Kette der Polizei und stürmten, teilweise bewaffnet, auf die am Straßenrand stehenden Personen zu. Mehrere Menschen wurden bei dem Angriff verletzt. Aus den Reihen der angreifenden Schläger der „Patrioten“-Demo warf ein Hooligan aus Köln ein Messer oder einen messerähnlichen Gegenstand in Richtung der Gegendemonstrant*innen. Nur knapp verfehlte dieser in Kopfhöhe fliegende Gegenstand einen Menschen. Bei einem der Angreifer – Ralf Nieland aus Düsseldorf-Eller – handelt es sich um den federführenden Kopf der „Bruderschaft Deutschland“. Er griff eine Person von hinten an und schlug ihr mehrfach auf den Kopf. Der Verletzte musste im Krankenhaus behandelt werden. Mindestens ein weiterer Täter, der einen anderen Gegendemonstranten schlug, kommt ebenfalls aus den Reihen der „Bruderschaft“.

Schlägermob „Bruderschaft“

Mit der „Bruderschaft Deutschland“ formiert sich in Düsseldorf seit 2017 ein gewalttätiger Zusammenschluss aus einem nahezu ausschließlich männlichen Milieu, das von rechten Hooligans und Möchtegernhools sowie Personen mit Anbindung an die Rocker- und Türsteher-Szene über altbekannte Aktivisten der extremen Rechten bis hin zu großmäuligen Stammtisch-Rassisten reicht. Als zweiter örtlicher Schwerpunkt entwickelte sich neben dem Stadtteil Düsseldorf-Garath, der von der „Bruderschaft“ als eine Art Homebase begriffen wird, 2018 der Stadtteil Eller. Hier patrouillierte die „Bruderschaft“ mehrfach, um Menschen einzuschüchtern, die nicht in ihr völkisches Weltbild passen oder die sie als Gegner*innen wahrnimmt. Auf Gruppenfotos von derartigen Auftritten im Stadtteil setzen sich bis zu 40 Personen in den üblichen Posen „männlicher“ Stärke und Kampfbereitschaft in Szene. Uniforme T-Shirts sollen dabei die Geschlossenheit der Gruppe demonstrieren. Auch in den Sozialen Medien tritt die Gruppe offen auf und behauptet, mit ihren Patrouillen für „Ruhe und Sicherheit“ im Stadtteil sorgen zu wollen. Vorbild ist die Essener „First Class Crew“, auch als „Steeler Jungs“, „Huttroper Jungs“ und „Borbecker Jungs“ bekannt.

Mit dabei bei Auftritten dieser Szene ist nicht selten Dominik Roeseler, der seit seinem Austritt bzw. Rauswurf aus der extrem rechten Partei „pro NRW“ als Parteiloser im Stadtrat von Mönchengladbach sitzt. Als Demoredner (etwa bei PEGIDA) und im Internet hetzt er gegen „Kopftuch-Tussis“ und „Burka-Schlampen“. Als Mitgründer von HoGeSa ist er darüber hinaus Teil jenes Hooligan-Zusammenschlusses, der 2014 in Köln bis zu 5.000 rechte Schläger auf die Straße brachte. Diese konnten sich damals nach Belieben austoben, da die Polizei mit deutlich weniger Personen gerechnet und den Aufmarsch nach eigenen Angaben unterschätzt hatte.

Heute versucht Dominik Roeseler weiterhin, im Spektrum der rechtsoffenen und gewaltbereiten Fußballfans zu fischen. Mit Ralf Nieland hat er einen gut vernetzten Ansprechpartner in Düsseldorf gefunden: Über den 48-Jährigen, der als Facharbeiter bei „ELKA Technik“ in Düsseldorf-Hassels beschäftigt ist, war bisher nur wenig bekannt. 2015 nahm er an einer PEGIDA/HoGeSa-Demo in Wuppertal teil und betätigte sich fortan am Aufbau lokaler Strukturen. Nach anfänglichen Rohrkrepierern setzt er nun auf die „Bruderschaft Deutschland“, deren ursprüngliche Garather Gruppe um Kai Kratochvil er weiter ausbaute. Dabei konnte Nieland auf seine Kontakte in der F95-Fanszene und auf seinen rechten Freundeskreis in Eller zurückgreifen. Zu diesem gehört auch Richard Lange, der ebenso wie Nieland und Kratochvil 2018 auf eindeutig neonazistischen Aufmärschen der Partei „Die Rechte“ anzutreffen war. Nicht nur deshalb, sondern auch aufgrund ebenso eindeutiger Inhalte ihrer Facebook-Seiten können und müssen alle drei als Neonazis bezeichnet werden.

Extrem rechte Resonanzräume

Bei der „Bruderschaft“ und ähnlichen als „Schutztruppe“ oder „Bürgerwehr“ auftretenden Gruppen handelt es sich aktuell nicht um klassische Neonazi-Kameradschaften und auch nicht um Vorboten einer parteiförmigen extrem rechten Struktur oder Organisierung. Bestens vernetzte und erfahrene „Politik“-Profis der extrem rechten Szene und ihrer Parteiformen sind – wie im Fall Roeselers – aber maßgebliche Teile solcher Strukturen, bringen sie auf Linie und füttern sie mit Ressourcen wie Demo-Anmeldungen oder Infrastruktur an, vom Lautsprecherwagen bis zum Mobilisierungsvideo. Aggressionspotenzial und Rassismus sind aber keineswegs importiert, sondern bereits ausgeprägt vorhanden.

So handelt es sich auch bei der „Bruderschaft Deutschland“ um Akteure, die sich als „Durchgreifer“ wahrnehmen und „Volk“ und „Nation“ vor „Überfremdung“ und „Ausländerkriminalität“ schützen wollen. Ganz auf rassistischer und patriarchaler Linie glauben Formationen wie die „Bruderschaft“, zum „Schutz ihrer Frauen, Familien und Nachbarschaft“ eine verloren gemeinte „Sicherheit und Ordnung“ höchstpersönlich verteidigen zu müssen und zu dürfen. Sie richten sich in ihrer extrem rechten Machtaneignung mit Gewalt gegen eine vermeintlich weltoffene Migrationspolitik – ihre Antwort ist rassistische Gewalt, Hetze und Bedrohung. Ganz gleich, ob sie sich von der extrem rechten AfD, von der in den Jahren 2015 bis 2017 in Düsseldorf sehr aktiven extrem rechten Partei „Die Republikaner“ oder von der neonazistischen „Die Rechte“ parteipolitisch vertreten sehen: Strukturen wie die „Bruderschaft“ wollen sich als entschlossene „Abendlandretter“, „Patrioten“ und „Migrationspaktgegner“ verstanden wissen, kampferprobt und in ihrer brachialen Gewalt vermeintlich unantastbar. Damit sind sie greifbarer und sichtbarer Ausdruck des autoritären und rassistischen Diskurses, der Einzug in Parlamente und Kneipen, in Wohnzimmer oder in Alltagssituationen in Schule oder Job, im Betrieb oder auf der Straße gehalten hat: Sie sind nicht mehr und nicht weniger als die hässliche Fratze der wachsenden Akzeptanz antimuslimischer, antisemitischer und migrationsfeindlicher Einstellungsmuster, die ihnen eine willkommene Daseinsberechtigung bietet. Das Personal für Hass und rassistische Gewalt steht bereit für Pogrome, Hetzjagden oder massive Übergriffe, nicht nur in Chemnitz, Cottbus oder Kandel. Es findet sich über digitale und reale Netzwerke, die von Fußballfan-Szenen über Kampfsport-Szenen und altgedienten RechtsRock-Strukturen bis hin ins Rockermilieu reichen. Einmal zusammengeschlossen, ist es nur ein kleiner Schritt, um die rechte Gesinnung auch auf die Straße zu tragen und mit Gewalt und deren Androhung Präsenz zu zeigen. Dafür brauchen und wollen Gruppen wie die „Bruderschaft“ zur Zeit augenscheinlich weder eine klassisch organisierte Neonazi-Struktur – wie sie etwa der Neonazi-Kader Sven Skoda (der mehrere Jahre in Eller lebte) als Kader der „Freien Kameradschaften“ und jetzt Bundesvorsitzender der Partei „Die Rechte“ repräsentiert(e) –, noch eine AfD, die große Sympathien bei der „Bruderschaft“ genießt.

Was jetzt?

Von Landespolitik, Justiz und „Sicherheits“-Behörden haben wir auch 2019 kein effektives Vorgehen gegen Neonazis und andere extreme Rechte zu erwarten und werden auch nicht darum bitten. Der 17. November 2018 in Düsseldorf hat einmal mehr gezeigt, wie fahrlässig die Polizei mit rechter Gewalt umgeht. Obwohl sich mit Dominik Roeseler jener Einpeitscher an der Spitze der Demonstration bewegte, der das HoGeSa-Gewaltspektakel in Köln angemeldet hatte; obwohl sichtbar war, dass sich die rechten Hooligans zu Angriffen verabredeten; obwohl das Gewaltpotenzial des rechten Mobs von Chemnitz bis Kandel mehr als bekannt ist: Die eingesetzten Beamt*innen drehten dem rechten Demozug den Rücken zu, ließen sich wie Anfänger*innen überrennen und den rechten Mob nach dem Angriff auch noch in Ruhe seine Demo fortsetzen. Kein Wunder, dass den extrem rechten Schlägern angesichts dieser jüngsten Erfahrung das Herz aufgeht – hat die Polizei sie am 17. November doch regelrecht dazu eingeladen, sich ungebremst auszutoben. Wenn rassismuskritische Menschen, Antifaschist*innen, Protest und ziviler Ungehorsam gegen rechte Aufmärsche kriminalisiert werden, während Neonazis ungehindert Menschen angreifen können, ist die Polizei Teil des Problems – nicht Teil der Lösung. Ob die inzwischen bekannt gewordenen extrem rechten Positionen etwa in der Frankfurter Polizeistruktur nun die Spitze des Eisberges oder nur ein Beispiel unter vielen sind, sei dahingestellt. Klar ist, dass besonders die Düsseldorfer Polizei mit ihrem hiesigen Staatsschutz traditionell nicht sieht, was sie nicht wahrnehmen will. Eine rechte Szene in Düsseldorf? Rechte und rassistische Gewalt auf den Straßen dieser Stadt? Das wollte schon vor 19 Jahren im Polizeipräsidium Düsseldorf niemand so recht hören, als nicht zuletzt durch antifaschistische Intervention und Öffentlichkeitsarbeit unübersehbar wurde, dass der Anschlag vom Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn vom 27. Juli 2000 als rassistische Tat, als Anschlag von Neonazis und als rechter Terror zu werten sein dürfte. Damals wie heute passt diese weltvergessene oder absichtsvoll extremismusdoktrinär schief gehängte Perspektive von Polizei und Ermittlungsbehörden in das Klima der Zeit. Wo 2000 die antisemitische und rassistische Hetze gegen neu nach Deutschland Kommende wieder einmal einen Höhepunkt erreichte, sind es heute offen rechte und rassistische Positionen gegen Menschen mit Fluchterfahrung, die nicht selten unwidersprochen bleiben. Repressionen gegen Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben, Razzien gegen ganze Straßenzüge, die von Menschen mit Migrationsgeschichte belebt werden, eine Düsseldorfer Polizei, die sich in fixer Abschiebepraxis üben will – und nicht zuletzt der autoritäre Umbau staatstragender Gesellschaftsentwürfe: Dies alles steht grund- und menschenrechtsorientierten Grundlagen entgegen. Stichwortgeber ist nicht selten die AfD, deren Forderungen von den Parteien von CDU/CSU, SPD bis hin zu den „Grünen“ aufgegriffen werden. Asylrechtsgesetzgebung, Abschieberegime, Polizeigesetz: Das sind die Bausteine für dieses Klima und Futter für diejenigen, die immer schon der Auffassung waren, handfest nachhelfen zu müssen. Die Hetze gegen Menschen, die in Europa vor Krieg und Verfolgung Schutz suchen und generell gegen Menschen, die von Rechten als „undeutsch“ angesehen werden, ist zum Normalzustand geworden. Auch Linke und andere, die sich für emanzipatorische Werte und gegen die extreme Rechte einsetzen, können vor Angriffen nicht mehr sicher sein. Mit der AfD ist eine rassistische Partei Teil des politischen Business im Parlament, die eben diese Ausgrenzungsstrukturen mit Applaus begrüßt, bisweilen sogar lauthals fordert. Ihre (extrem) rechte Agenda ist Teil und Motor des Problems: Rassismus. Dabei steuern Neonazis, die in ihren Vierteln Angsträume schaffen und Menschen angreifen, ihren Teil ebenso bei wie ihre rechten Einheizer*innen in den Parlamenten und die Hetzer*innen an den Stammtischen.

Darum heißt es:

Raus auf die Straße – gemeinsam gegen den rassistischen Normalzustand, gemeinsam gegen extrem rechte Umtriebe!
Antifaschistische Demonstration am 9. Februar 2019 in Düsseldorf-Eller
Beginn: 13 Uhr auf dem Gertrudisplatz (Anreise über S-Bf. oder U75-Haltestelle Eller-Mitte)

Antifaschistische Gruppen aus Düsseldorf