TERZ 04.19 – RECHTER RAND
Am 22. Februar 2019 wollte der Münsteraner Kreisverband der „Alternative für Deutschland“ (AfD) zum zweiten Mal seinen sogenannten „Neujahrsempfang“ im historischen Rathaus in Münster abhalten. Als Redner war unter anderem der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen eingeladen.
Münster ist im Vergleich zu anderen Städten für die AfD kein leichtes Pflaster. Beim ersten Neujahrsempfang im Rathaus waren 10.000 Menschen bei den Gegenprotesten, und auch sonst muss sie bei öffentlichen Veranstaltungen regelmäßig mit Gegenaktivitäten rechnen: Viele Veranstaltungen fielen aus, und die Partei findet mittlerweile abseits von öffentlichen Räumen fast keine Räumlichkeiten mehr. Bei der Bundestagswahl 2017 fuhr sie in der Stadt mit 4,9 Prozent das bundesweit schlechteste Ergebnis ein, und es gibt immer wieder Aktionen gegen das örtliche Parteibüro.
Auch dieses Mal organisierte das Münsteraner Bündnis „Keinen Meter den Nazis“, bestehend aus Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und religiösen und antifaschistischen Gruppen sowie Parteien, verschiedene Aktionen gegen den Neujahrsempfang. Mit einer bunten Mischung aus Großkundgebung, einer Tanz-Demo unter dem Motto „Raven gegen den Rechtsruck“ und der Kundgebung „United against Rechtsruck“, die von feministischen, antirassistischen und klimapolitischen Aktivist*innen geprägt war, sollte der AfD die Suppe versalzen werden.
Auch i furiosi und anderen Düsseldorfer Gruppen waren mit am Start.
Zu Beginn auf der Großkundgebung, wurden Reden ganz unterschiedlicher Organisationen des „Keinen Meter Bündnis“ gehalten. Dabei waren unter anderem Vertreter*innen von „Fridays for Future“, das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, die Antifaschistische Linke Münster, die Interventionistische Linke, die Parteien Die Linke, SPD und Grüne, der Integrationsrat sowie die Katholischen Jugend.
Kurz vor dem Anfang der Großkundgebung hatten sich verschiedene Gruppen für direkten Protest entschieden und, statt zum Prinzipalmarkt zu gehen, die Zugänge zur AfD-Veranstaltung blockiert. Wir beschlossen, ebenfalls, nicht beim symbolischen Widerspruch durch die Teilnahme an der Kundgebung stehen zu bleiben sondern die Anreise der AfD Mitglieder und Symphatisant*innen aktiv zu blockieren. Auf der Kundgebung formierte sich schon bald eine Gruppe aus ca. 150 entschlossenen Antifaschist*innen, die sich auf den Weg machten, um den völkischen Rassist*innen den Abend zu versauen.
Angekommen an einem bisher nicht blockierten Zugang zum Rathaus, stellten wir uns mit Transparenten vor die Polizeikette, die als Zugang für AfD Mitglieder und solche die es werden wollten, diente. Um die Räumung der Blockade für die Polizei schwieriger zu machen, setzen sich viele Leute auf den Boden. Die Polizei schien an diesem Tag kein wirkliches Konzept für den Zugang zu haben. Wichtigere Funktionär*innen wurden durch Einzelhandelsgeschäfte zum Rathaus gebracht. Andere Interessierte erfuhren offensichtlich nicht von dieser Möglichkeit. Die Polizei sperrte nur die Zugänge ab und versuchte lediglich den Weg freizumachen, wenn Menschen mit Eintrittskarten für den Neujahrsempfang sich bei Ihnen bemerkbar machten.
Die AfDler*innen versuchten immer wieder, durch die Blockaden zu kommen.
Mutmaßlich aufgrund der eigenen AfD-Propaganda, die ja immer wieder vor linker Gewalt warnt, waren es vor allem ältere Menschen, die teilweise sehr eingeschüchtert und verängstigt waren. Zwar verdienen AfD Sympathisant*innen bestimmt mehr als ein paar mahnende Worte, doch freundliche und bestimmte Ansagen, dass heute kein Durchkommen für sie ist, führten dazu, dass viele der Rassist*innen wieder abzogen. Andere AfD-Sympatisant*innen zeigten sich beratungsresistenter und fingen an zu schubsen und zu drängeln. Das ging in einigen Fällen für sie nach hinten los und sie wurden weniger freundlich aber umso bestimmter aus der Blockade verwiesen. Wie der „Volksmund“ sagt: so wie man in den Wald hineinruft, schallt es zurück.
Das Verhalten der Polizei wirkte hier eher willkürlich – während auf der einen Seite AfDler*innen rausgezogen wurden und unsere Aussage, dass hier kein Durchkommen sei, bestätigt wurde, schoben, schubsten und prügelten engagierte Beamt*innen auf der anderen Seite den Weg frei. Einschüchtern ließ sich die Blockade jedoch nicht.
Durch die verschiedenen Blockaden startete der Neujahrsempfang mit erheblicher Verspätung. Der Saal war dabei nicht vollgefüllt, da offensichtlich nicht alle Interessierten den Veranstaltungsort erreichten. Aktivist*innen berichteten darüber hinaus, dass die Bewegung unserer Gruppe aus der Großkundgebung heraus dazu führte, dass Hundertschaften, die zur Räumung anderer Blockaden abgestellt waren, abgezogen werden mussten, um sich mit uns zu beschäftigen. Hierdurch wurden praktisch andere Blockaden entlastet und vor der Räumung bewahrt.
Alles in allem kann man von einem Erfolg sprechen. Die Blockaden und das gemeinsame Auftreten haben gut geklappt – einige AfDler*innen konnten durch deutliche Ansprachen verscheucht werden. Die AfD zeigte sich auch ziemlich angepisst. In einer Lokalzeitung aus Münster heulte Jörg Meuthen später rum, er habe sich in Münster nie wohl gefühlt, weder während seines Studiums noch heute. Wir sagen: Gut so, wir fühlen uns umso wohler und kommen gerne wieder.
I Furiosi