Niemand bleibt alleine

In loser Reihenfolge gibt die Rechtshilfegruppe Düsseldorf Rechtshilfetipps (Teil 4)

Was tun bei Ingewahrsamnahmen?

Das passiert den Besten von uns – eben noch lautstark demonstriert und plötzlich hat es die Polizei auf dich oder jemand anderen aus der Demo abgesehen. Aber was tun, wenn es sich nicht verhindern lässt, dass sie dich oder wen anders mitnehmen? Kurze Begriffsunterscheidung: Ingewahrsamnahmen sind ebenso wie Festnahmen freiheitsentziehende Maßnahmen. Der Unterschied ist, dass bei der Ingewahrsamnahme kein konkreter Tatverdacht vorliegen muss, es handelt sich um eine Maßnahme der „Gefahrenabwehr“. Das Verhalten ist bei beiden Maßnahmen erst einmal gleich.

Solltest Du Ingewahrsam- oder Festnahmen beobachten, ist es gut, wenn Du herausfindest, um wen es sich handelt, damit Du beim EA anrufen kannst. Falls Du mitbekommst, dass andere wissen, wer die Person ist, frag nach, damit sichergestellt ist, dass der EA informiert wird. Im Zweifel lieber zwei Mal, als gar nicht Bescheid geben.

Falls Du selbst von einer Ingewahrsamnahme betroffen sein solltest, ist es erst einmal wichtig, ruhig zu bleiben. In der Regel wirst Du erst (oft nicht sehr nett) aus der Aktion geholt – sei es aus der Sitzblockade oder einer anderen Versammlung. Falls Du nicht sehr sicher bist, dass jemand aus deiner Kleingruppe mitbekommt, dass Du in Polizeigewahrsam (PG) kommst, solltest Du durch lautes Rufen auf dich aufmerksam machen. Rufe deinen Namen und dein Geburtsdatum, damit Umstehende dich beim EA melden können. Meist begleitet dich dann mindestens ein/e BeamtIn zu einer hierfür vorgesehenen Stelle, in der Regel in ein Polizeifahrzeug. Es kann sein, dass Du hier durchsucht werden sollst (zu deinen Rechten und Pflichten bei einer Durchsuchung mehr in einem folgenden Teil) oder deine Personalien bereits hier festgestellt werden sollen – deinen Ausweis solltest Du dabei haben, was sonst und was nicht, findest du an anderer Stelle der Rechthilfsgruppentipps.

Es ist ebenso möglich, dass Du ohne vorherige Personalienfeststellung zu einer Gefangenensammelstelle (Gesa) verbracht werden sollst, hierzu werden Fahrzeuge bereitgehalten, die sich nach und nach füllen – und dann losfahren. Dann folgt das beschriebene Szenario dort.

Am wichtigsten die ganze Zeit über: Rede nicht mit der Polizei! Auch eine lose Plauderei kann, wenn Du nicht höllisch aufpasst, dazu führen, dass Du Infos über dich und andere ausquatschst. Und Du möchtest vermutlich nicht, dass die Polizei mehr über dich weiß als eben nötig! Nicht vergessen: Auch ein nett wirkender Beamte wird die Infos aus eurem Gespräch zu Protokoll geben. Also am besten nur das sagen, was erforderlich ist. Du bist lediglich verpflichtet, Angaben zu machen, die zur Identitätsfeststellung notwendig sind – Name, Geburtsdatum, Geburtsort, ggf. Beruf (das kann sehr vage sein, zum Beispiel Angestellte*r– nicht zu verwechseln mit Arbeitsstätte oder Arbeitgeber*in) Nach der Identitätsfeststellung und eventuellen Durchsuchung wirst Du in der Regel in eine Zelle gebracht werden – meist bist Du dort nicht alleine. Du solltest unbedingt vorher auf einem Anruf beim EA bestehen! Du hast ein Recht darauf. Auch wenn die Polizei das nicht gerne akzeptiert – versuche dich durchzusetzen und melde dich beim EA. Denk aber bitte daran, dass alles, was du sagst, mitgehört werden kann – nichts zu irgendwelchen Aktionen, lediglich Name, Geburtsdatum durchgeben und dann auf die Fragen des EA antworten.

Falls Du aus einer Zelle zu einer Befragung geholt werden solltest, gilt das Gleiche! - Sag nichts! Nichts, was Du sagst, wird dich oder andere entlasten. Vergiss nie – die Polizei sucht immer nur nach Möglichkeiten, dich oder andere zu belasten. Es kann auch sein, dass versucht werden soll, im PG eine erkennungsdienstliche Behandlung (ED) durchzuführen. Das passiert nicht sehr häufig, aber wir informieren dich in einer der folgenden Ausgaben auch hier zu Deinen Rechten und Pflichten.

In der Zelle musst Du erst einmal warten. Meist kommst Du recht zügig raus, wenn die Aktion und damit die „Gefahr“ vorbei ist. Lass dich nicht aus der Ruhe bringen wenn die Polizei noch ein wenig damit wartet. Wenn Du dann rauskommst bekommst Du alle Sachen zurück, die dir vorher abgenommen wurden. Dir wird ein Protokoll vorgelegt werden, auf dem Du die Rückgabe quittieren sollst – unterschreib es nicht!

Wichtig ist – solltest du wieder draußen sein, melde auch das dem EA. Um mit dem im PG Erlebten gut zurechtzukommen empfehlen wir, die Aktion mit deiner Kleingruppe auszuwerten.

Auch wenn Du selbst nicht betroffen bist, kannst Du nach der Demo noch beim EA anrufen und nachfragen ob noch jemand in Polizeigewahrsam ist – für diesen Fall ist es super, wenn Du und deine Kleingruppe noch zur Gefangenensammelstelle fahren könntet, möglichst ein paar Genoss*innen mitnehmt und dort wartet, bis alle wieder raus sind. Solltest Du selbst in PG kommen, würdest Du dich nämlich sicher freuen, wenn Du bei deiner Entlassung ein paar freundliche und bekannte Gesichter siehst!

Wenn Ihr Fragen habt oder die Unterstützung der Rechtshilfegruppe braucht, meldet Euch unter: rhg-duesseldorf[at]riseup[dot]net

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