TERZ 11.19 – §§ VS. ANTIFA
In unserem neuesten Teil von „Was tun bei ...“ geben wir euch ein paar Infos zur erkennungsdienstlichen Behandlung. Was genau versteht man eigentlich unter einer ED-Behandlung, welche Möglichkeiten hat die Polizei und wie kann ich mich dagegen wehren?
Zunächst sei gesagt, dass es zwei verschiedene Arten der ED-Behandlung gibt:
1. Die ED-Behandlung zur Aufklärung, dabei wird noch unterschieden in
a) die ED-Behandlung direkt nach einer Aktion, wie z. B. einer Demonstration;
b) die ED-Behandlung zur Feststellung der Person;
c) die nachträgliche ED-Behandlung zur Aufklärung von Straftaten.
2. Die präventive ED-Behandlung, um zu erwartende, zukünftige Straftaten leichter aufklären zu können (zur präventiven ED-Behandlung erfahrt ihr mehr im nächsten Teil unserer Tipps in der Dezember-TERZ).
Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung handelt es sich um die Erfassung von persönlichen Merkmalen in der Regel durch die Polizei. Sie bedient sich dabei umfänglicher Maßnahmen, die aber nicht immer alle durchgeführt werden. Dazu gehören Portraitaufnahmen sowie Ganzkörperfotos und Anfertigung von Fingerabdrücken. Gleichzeitig werdet ihr häufig „begutachtet“, d. h. es werden Feststellungen bezüglich eurer körperlichen Individualität getätigt. Hautfarbe, Augenfarbe, Narben, Tattoos, Nasenform, andere Merkmale wie z. B. Sommersprossen etc. Die Entnahme von DNA-Material gehört nicht zur ED-Behandlung. Das erfordert einen richterlichen Beschluss (auch zum Thema „Entnahme von DNA“ informieren wir in einem weiteren Artikel).
Nach einer Aktion – wie z. B. einer Demonstration – werdet ihr häufig fotografiert, um euch auf eventuell vorhandenen Videoaufnahmen zu erkennen und um euch eventuelle Straftaten zuzuordnen. Diese Maßnahme kann von Polizei, Staatsanwaltschaft oder Richter*innen angeordnet werden.
Auch die nur teilweise Anwendung der ED-Behandlung – wie z. B. „nur“ die Anfertigung von Fotos nach der Ingewahrsamnahme bei einer Demonstration – findet in einer rechtlichen Grauzone statt, was die Polizei nicht daran hindert, diese Aufnahmen und auch weitere Feststellungen zu eurer Person zu tätigen. Eigentlich müssen die Maßnahmen zum Vorwurf „passen“ – bei einem üblichen Vorwurf wie „Landfriedensbruch“ ist die Abnahme von Fingerabdrücken nicht erlaubt, weil sie nicht bei der „Aufklärung“ hilft. Das ganze Repertoire an ED-Behandlung kann jedoch angewendet werden, wenn ihr die Nennung eures Namens, Adresse etc. verweigert. Häufig erfolgt die Aufforderung zur ED-Behandlung nachträglich. Dabei müssen die Betroffenen einer konkreten Straftat beschuldigt werden. Außerdem muss eine Notwendigkeit der Maßnahme zur Strafverfolgung bestehen, damit sie durchgeführt werden darf. Wenn ihr einen Brief mit der Aufforderung zur ED-Behandlung bekommt, ist es dringend erforderlich, euch bei der Rechtshilfegruppe zu melden. Hierbei drängt die Zeit, weil die Aufforderung meist sehr kurzfristig kommt und die rechtlichen Möglichkeiten, die Maßnahme zu verhindern, beschränkt sind.
Wie beschrieben sind die entsprechenden Gesetzestexte über zulässige Maßnahmen bei einer ED-Behandlung nicht wirklich eindeutig. Das legt die Polizei großzügig zu ihren Gunsten aus. Ohne expliziten richterlichen Beschluss dürfen jedoch keine körperlichen Untersuchungen wie Röntgen oder Blutabnahme zum Zwecke der ED-Behandlung erfolgen. Auch eine DNA-Entnahme gehört nicht zur ED-Behandlung und unterliegt deutlich strengeren Gesetzen. Ihr könnt euch also merken, dass es bei der ED-Behandlung immer nur um äußere körperliche Merkmale und die Erfassung derselben geht.
Die Dauer der Speicherung von ed-Daten ist abhängig vom jeweiligen Polizeigesetz des entsprechenden Bundeslandes und darf bis zu 10 Jahren betragen mit der Möglichkeit der Verlängerung.
Was kann ich versuchen, um eine ED-Behandlung zu vermeiden?
Je nach anordnender Stelle kann ein Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung gestellt oder Beschwerde eingelegt werden. Meldet Euch auf jeden Fall bei der Rechtshilfegruppe, dann gucken wir gemeinsam, was zu tun ist! Was ihr auf jeden Fall bei einer akut anstehenden ED-Behandlung machen solltet: Widerspruch einlegen und darauf beharren, dass dies protokolliert wird. ABER! Nichts unterschreiben, egal wie sehr euch die Beamt*innen einzureden versuchen, dass es euch helfen wird.
Sollte die ED-Behandlung bereits bei euch durchgeführt worden sein, habt ihr nachträglich immer noch die Möglichkeit, auf Vernichtung der Unterlagen und Löschung der erhobenen Daten zu klagen. Wird diese Klage wiederum abgelehnt, bleibt auch danach noch der Weg über ein Verwaltungsgericht. Generell ist es aber immer besser, wenn es erst gar nicht zur ED-Behandlung kommt.
Grundsätzlich ist man nicht dazu verpflichtet, während einer ED-Behandlung der Polizei Arbeit abzunehmen. So muss man beispielsweise einer Aufforderung fürs Photo die Mütze abzunehmen oder den Kopf in eine bestimmte Richtung zu drehen, nicht nachkommen. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass erfahrungsgemäß nach einer solchen Weigerung die Mütze wahrscheinlich eher unsanft durch den*die Beamt*in vom eigenen Kopf entfernt werden wird. Außerdem kann es passieren, dass man anschließend eine Anzeige wegen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ erhält – ein beliebtes Mittel zur Einschüchterung des*der Beschuldigten. Ob oder wie ihr euch zu der Aufforderung verhaltet, aktiv mitzumachen, ist eure ganz eigene Entscheidung. Manchmal hilft es euch sehr, einfach nicht alles zu machen, was von euch verlangt wird. Im Polizeipräsidium – umgeben von oft feindlich gesinnten Beamt*innen – ist es wichtig, stark zu bleiben und ihnen zu zeigen, dass ihr euch nicht einschüchtern lasst. Es hebt das Selbstwertgefühl, auch wenn es häufig mit Anschreien und schmerzhaften Griffen verbunden ist.
Unterschreibt nichts! Ein direkt nach der Maßnahme durch euch angefertigtes Gedächtnisprotokoll kann anschließend von großer Hilfe sein. Wendet euch nach oder bei angedrohter ED-Behandlung direkt an die Rechtshilfegruppe!