TERZ 02.20 – §§ VS. ANTIFA
Immer häufiger erstrecken sich die erkennungsdienstlichen Maßnahmen auch auf das Erbgut.
Wir hatten schon in unserem letzten Beitrag (TERZ 11.19) geschrieben, dass die Abnahme eures DNA-Materials einer richterlichen Anordnung bedarf. Trotzdem wird immer häufiger bei einer Festnahme bzw. Ingewahrsamnahme und einer folgenden erkennungsdienstlichen Behandlung gefragt, ob ihr das gestatten wollt. Diese „freiwillige“ Zustimmung ist rechtlich erlaubt, also folglich ist das immer (!) zu verneinen. Wie immer gibt es aber auch rechtliche Hintertürchen. In Eilfällen, wenn angeblich Gefahr im Verzug ist (die nicht genau definiert ist) kann dies die Staatsanwaltschaft auch anordnen und sogar die Polizei. In politischen Zusammenhängen wie bei Demonstrationen oder anderen Aktionen ist uns dies jedoch bis jetzt noch nicht zu Ohren gekommen, aber das kann ja noch kommen.
Ursprünglich war die DNA-Entnahme für schwerste Straftaten, wie z.B. Mord, eingeführt worden. Mittlerweile wird der Katalog aber immer mehr ausgeweitet. Inzwischen reichen Straftaten von erheblicher Bedeutung aus. Das sind z.B. Straftaten wie Handel mit Drogen, Bildung einer terroristischen Vereinigung (der berühmte §129a, der immer wieder gegen Linke als Ermittlungsinstrument eingesetzt wird), aber auch schwerer Betrug. Die DNA-Entnahme dient nicht mehr nur zur Aufklärung von Straftaten, sondern auch zur Gefahrenabwehr, also präventiv. Es wird davon ausgegangen, dass auch künftig Strafverfahren gegen euch zu führen sein werden. Und da reicht es dann aus, dass ihr mehrere geringe Vergehen begangen habt, wie Diebstahl, Beleidigung, Körperverletzung, etc. Immer wieder erhalten Genoss*innen im Nachgang von Ingewahrsamnahmen Post, dass sie zur DNA-Entnahme bei der Polizei erscheinen sollen. Dies kann nur ein Gericht anordnen. Das Bundesverfassungsgericht hat schon 2015 bemängelt, dass Gerichte diese DNA-Entnahmen viel zu leichtfertig anordnen. Eine pauschale Begründung reicht nicht aus. Erhaltet ihr solch einen Brief, der die DNA-Entnahme anordnet, ist Eile geboten. Meistens ist der Termin zur Entnahme sehr kurzfristig angesetzt. Verliert keine Zeit, informiert sofort (!) die Rechtshilfegruppe, die euch an erfahrene Anwält*innen vermittelt, die dann Rechtsmittel für euch einlegen, um die Maßnahme zu verhindern. Die Vergangenheit zeigte, dass dies in den uns bekannten Fällen erfolgreich war.
Falls es doch nicht zu verhindern war, geht in anwältlicher Begleitung zu dem Termin. Ansonsten gilt das Gleiche wie bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung: Ihr seid nicht verpflichtet, aktiv mitzumachen. Sie kann aber auch mit Gewalt durchgesetzt werden. Wenn ihr Euch dagegen wehrt, müsst ihr, wie immer im Umgang mit der Polizei, mit einer Anzeige wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt rechnen. Unterschreibt auf jedem Fall nichts, verlangt aber, dass der Widerspruch protokolliert wird.
Die Entnahme erfolgt mit einem Wattestäbchen, mit dem die Beamt*innen in eurem Mund einen Abstrich machen. Das Wattestäbchen wird in ein Labor geschickt, dass dann die Untersuchung durchführt. Im Moment darf nur das Geschlecht und das sehr eingeschränkte DNA-Identifizierungsmuster ermittelt werden. Hier ist in nächster Zukunft allerdings eine erhebliche Ausweitung zu erwarten. Mittlerweile ist es technisch möglich, erheblich ausführlichere Informationen zur Person aus der DNA auszulesen. Auch die Länge der Speicherung steht gerade zur Debatte. Im Moment dürfen die DNA-Daten 10 Jahre gespeichert werden, zukünftig 25 Jahre.
Zentral gesammelt werden die DNA-Daten vom BKA (Bundeskriminalamt). 2018 waren in der Datenbank, auf die auch die Länderpolizeien Zugriff haben, 1,2 Millionen Datensätze von unterschiedlichen Personen abgelegt. Über 800.000 waren Personen zugerechnet. 370.000 waren DNA-Daten ohne Personenzugehörigkeit, die bundesweit von der Polizei gesammelt wurden.
Noch kurz zu einem weiteren Aspekt der DNA-Entnahme. Immer wieder ruft die Polizei zu sogenannten Massen-Gentests auf. Die Polizei appelliert in diesem Fall an eine begrenzte, aber große Personengruppe, freiwillig DNA-Proben abzugeben, um den potenziellen Täter*innenkreis einzugrenzen („Ermittlung zum Ausschluss der Täterschaft“). Wie schon gesagt, die Teilnahme ist freiwillig, auch wenn Presse oder das Anschreiben der Polizei dies nicht ausdrücklich sagen. Eine Nicht-Teilnahme darf nicht zum Nachteil ausgelegt werden. D.h. ihr dürft nicht als mutmassliche Täter*in behandelt werden und ihr müsst auch nicht erwarten, dass wegen einer Nicht-Teilnahme eine Hausdurchsuchung ansteht. Die Daten aus diesen Massen-Gentests dürfen mit der zentralen BKA-Datei nicht abgeglichen werden. Eine regelmäßige und unabhängige Überprüfung, ob die Daten aus den Massengentests wie gefordert gelöscht und nicht in größere Datenbanken transferiert werden, findet allerdings nicht statt.
Rechtshilfegruppe Düsseldorf
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