Rheinmetall auf der Anklagebank

Mörderische Geschäfte

Die Düsseldorfer Rüstungsschmiede Rheinmetall ist vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Kriegsverbrechen angeklagt worden. In der deutschen Presse war dies kein großes Thema. Und auch auf den Aktienkurs hat die Anklage keine Auswirkungen. Also, alles so weiter wie bisher?

Am 11. Dezember reichte das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) Klage beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gegen mehrere Rüstungsfirmen ein. Eingereicht wurde sie zusammen mit Mwatana for Human Rights (Jemen), Amnesty International (Frankreich), the Campaign Against Arms Trade (Großbritannien), Centre Delàs (Spanien) und Rete Disarmo (Italien). Das Gericht wird aufgefordert, die Verantwortung staatlicher und wirtschaftlicher Akteure aus Deutschland, Frankreich. Italien, Spanien und Großbritannien zu prüfen. Manager*innen und italienische Beamt*innen seien dafür verantwortlich, dass Waffen, die bei Kriegseinsätzen in Jemen zum Einsatz kamen, an Saudi-Arabien oder andere Mitgliedstaaten des Militärbündnisses geliefert wurden. Die Strafanzeige richtet sich u.a. gegen Airbus Defence and Space GmbH, Leonardo S.p.A., Rheinmetall AG und BAE Systems Plc. Konkret geht es in der 350 Seiten langen Klageschrift um 26 einzelne Luftangriffe der Militärkoalition, die als Kriegsverbrechen zu bewerten sind.

Seit 2015 findet im Jemen ein Krieg statt, der gezielt die lebenswichtige Infrastruktur des Landes zerstört und vor allem gegen die Zivilbevölkerung gerichtet ist. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sowie weitere Verbündete greifen in den dort stattfindenden Bürgerkrieg von Separatist*innen und auch Islamist*innen mit der Staatsregierung ein. Seitdem wird das Land insbesondere von Saudi-Arabien attackiert. Die Internationale Presse berichtet nur selten von diesem Krieg. Dabei gibt es tausende, gut dokumentierte Angriffe auf Zivilgebäude, Märkte, Krankenhäuser und Schulen. Die UNO schätzt in einer Studie, dass durch diesen Krieg bis Ende 2019 etwa 102.000 Menschen direkt getötet wurden und indirekt weitere 131.000 durch Hunger, Krankheiten und Mangel an Krankenhäusern gestorben sind. Eine Großzahl der Opfer des Krieges sind Kinder unter fünf Jahren.

Etwa drei Millionen Jeminit*innen, das sind zehn Prozent der Bevölkerung, wurden in die Flucht getrieben. Die UNO schätzt, dass der fünfjährige Krieg die Wirtschaft des Jemen insgesamt 89 Mrd. Dollar gekostet hat. Im Februar 2018 hatte UN-Generalsekretär António Guterres die Lage im Jemen zur „schlimmsten humanitären Krise weltweit“ erklärt. Das EU-Parlament hat bereits mehrfach ein Waffenembargo gegen Saudi-Arabien gefordert, wegen „schwerer Völkerrechtsverstöße“, die das Land begangen habe. Trotzdem lieferten und liefern Unternehmen vor allem aus Europa weiterhin Waffen, Munition und logistische Unterstützung an die Staaten der Militärkoalition. Europäische Waffenexportbehörden genehmigen diese Lieferungen.

Für ihre Luftangriffe setzt die saudische Luftwaffe Tornados und Eurofighter ein. In der Luft betankt werden sie mit Airbus-Maschinen, alles Flugzeuge aus europäischer Produktion. Und vor allem: Geliefert wurde auch noch nach Beginn des Krieges 2015. Die deutsche Bundesregierung vergab zwischen 2015 und 2018 Lizenzen für den Export von Tornado-Komponenten an Saudi-Arabien. Der Gesamtwert aller Lizenzen für den Tornado zwischen 2015 und 2018 lagen zwar nur bei gut 15 Millionen Euro, doch auch ohne fehlende Kleinteile wie beispielsweise Sensoren kann ein Flugzeug nicht abheben. Damit sind auch diese Ausfuhren eine direkte Unterstützung des Krieges. Und ohne Wartungsleistungen der europäischer Firmenmitarbeiter, die nicht in der Liste der Rüstungsexporte auftauchen, können die Flugzeuge auch nicht eingesetzt werden.

Vor allem geht es aber in der Anklage um die Lieferung von Bomben, die beim Kriegseinsatz in Jemen zum Einsatz kommen und dort vor allem die Zivilbevölkerung töten. Italienische Nichtregierungsorganisationen (NGO) konnten zusammen mit der jemenitischen Partnerorganisation Mwatana for Human Rights nachweisen, dass Bomben von Rheinmetall im Jemen hinuntergingen. Wiederholt wurden Bombenteile der Serie MK-80 aus Rheinmetallproduktion in zerstörten Wohnhäuser und Krankenhäusern gefunden. Anhand der Produktionsnummern konnte belegt werden, dass sie aus Sardinien stammten. Dort werden sie von der Firma RWM Italia (Rheinmetall Waffe Munition) produziert, einem Tochterunternehmen des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinmetall. Immer noch legen Schiffe aus Saudi-Arabien in Sardinien an sowie Schiffe, die das Ziel Saudi-Arabien haben.

Eigentlich sind nach deutschem Recht Waffen- und damit auch Bombenexporte in Kriegsgebiete nicht gestattet. Gezielt umgehen Rüstungsfirmen wie Rheinmetall jedoch das Exportverbot, indem Tochterfirmen im Ausland die Waffen und Bomben exportieren, wie zum Beispiel nach Saudi-Arabien. Der Vorstandschef von Rheinmetall, Armin Papperger, gibt auch unumwunden zu, dass durch ausländische Tochterfirmen die „Unabhängigkeit von deutschen Exportregeln“ gesichert wird. Italien vergab an RWM Italia großzügig Lizenzen zum Export der Bomben, trotz des Krieges im Jemen. Die italienische Regierung verweist darauf das RWM Italia eine deutsche Firma sei, die deutsche Regierung ist der Meinung, dass sie eine italienische Firma sei. So wird die Verantwortung hin- und hergeschoben. Das ECCHR hatte deshalb 2018 in Italien Anklage gegen RWM Italia, deren Manager*innen in Italien und Deutschland sowie gegen italienische Beamt*innen gestellt. Passiert ist dazu bisher wenig. Währenddessen gehen die Bombenexporte nach Saudi-Arabien fleißig weiter. Und es ist natürlich auch klar, dass die Einnahmen von RWM Italia zurück nach Düsseldorf fließen und die Gewinne von Rheinmetall steigern. 2018 hat der Rüstungsumsatz von Rheinmetall 3.221 Mio. Euro betragen, über die Hälfte des Gesamtumsatzes. Somit sind nicht nur die Aktionär*innen Profiteur*innen von Krieg und Tod, sondern der Vorstand und Aufsichtsrat sind dafür direkt verantwortlich. Eigentlich müsste man sie als Kriegsverbrecher zur Rechenschaft ziehen, denn sie alle wissen von den mörderischen Geschäften von Rheinmetall, unterstützen diese und profitieren davon.

Dieses Jahr wird öffentlich dazu aufgerufen, die Aktionär*innensversammlung von Rheinmetall am 5. Mai in Berlin zu stören. Schon letztes Jahr kritisierten Aktivist*innen während der Versammlung die Kriegsgeschäfte von Rheinmetall. Am Dienstag, den 17. März wird es dazu eine Veranstaltung geben: zakk, Fichtenstraße 40 um 20 Uhr. Weitere Infos dazu in der nächsten TERZ.

Viele weitere Infos zu der Anklage gegen Rheinmetall und andere Rüstungsunternehmen unter: https://ecchr.eu/fall/bombenangriffe-made-in-europe/