TERZ 03.20 – RECHT AUF STADT
Bei den Erstvermietungen von Neubauwohnungen liegt Düsseldorf im absoluten Spitzenfeld der deutschen Städte. Auch die Losung „bauen, bauen, bauen“ hat daran nichts geändert. Allerdings verlangsamt sich das Tempo der Mietsteigerungen im Neubau.
So haben Immobilienfirmen ein neues Feld entdeckt: Die Modernisierung von Bestandswohnungen. Die Rendite ist enorm. Bei Modernisierungsmaßnahmen können die Investitionskosten auf die Miete umgeschlagen werden. Auch wenn sich die Kosten dadurch irgendwann amortisiert haben, bleiben die Aufschläge auf die Miete erhalten. Instandhaltungsarbeiten hingegen können nicht an die Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden. Also wird alles, was an Baumaßnahmen in einem Haus vorgenommen wird, als Modernisierung bezeichnet.
Große Immobilienunternehmen kaufen seit einiger Zeit ganze Häuserzeilen in Düsseldorf auf und modernisieren sie. Die Bestandsmieterinnen und –mieter müssen entweder die Mieterhöhungen akzeptieren oder ausziehen. Immer mehr Menschen können sich diese Mieten nicht mehr leisten und müssen in der Regel auch aus ihrem Viertel ausziehen, manchmal sogar aus der Stadt.
Bisher hat weder die Politik noch die Stadtverwaltung gegen diesen Trend etwas unternommen. Dabei gibt das Baugesetzbuch die Möglichkeit, dagegen vorzugehen. Laut dem §172 kann eine sogenannte Milieuschutzsatzung erlassen werden, die dafür sorgen soll, dass die soziale Zusammensetzung der Bevölkerung in einem Stadtteil erhalten bleibt. Mit einer solchen Satzung werden Abriss- und Modernisierungsarbeiten meldepflichtig, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen wird erschwert und die Stadt kann sich für diese Gebiete ein Vorkaufsrecht bei Immobilienverkäufen einräumen.
Um zu erreichen, dass solche Satzungen erlassen werden, hat sich eine breite Initiative zusammengeschlossen, die Unterschriften für ein Bürgerbegehren sammelt. Initiator war das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum. Mittlerweile unterstützen 37 Organisationen das Bürger*innenbegehren. Politische Parteien von links bis zur SPD, Gewerkschaften, Sozialverbände, kirchliche Einrichtungen und Wohnungsinitiativen sind vertreten.
Es müssen mindestens 14.140 Unterschriften gesammelt werden. Da auch immer wieder ungültige Unterschriften dabei sind, hat sich die Initiative zum Ziel gesetzt mindestens 16.000 Unterschriften zu sammeln. Wenn dieses Ziel erreicht ist, wird ein Bürger*innenentscheid angestrebt. Dabei sind alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, ihre Stimme in Wahllokalen für oder gegen die Einführung der Milieuschutzsatzung abzugeben. Bei Erfolg des Entscheides ist die Stadtverwaltung verpflichtet, Satzungen einzuführen.
Wahlberechtigt sind alle Einwohnerinnen und Einwohner mit einer EU-Staatsbürgerschaft mit erstem Wohnsitz in Düsseldorf, die mindestens 16 Jahre alt sind. Die Initiative strebt an, den Bürger*innenentscheid zusammen mit der Kommunalwahl im September 2020 durchzuführen; auch um die Kosten für die Stadt so gering wie möglich zu halten. Um die entsprechenden Fristen einzuhalten, sollten die nötigen Unterschriften bis Anfang Mai zusammenkommen.
Milieuschutzsatzungen können nicht für die gesamte Stadt erlassen werden, da die soziale Struktur in den einzelnen Vierteln unterschiedlich ist. Die Satzung kann immer nur für ein begrenztes Wohnquartier gelten. Die Stadtverwaltung erarbeitet zurzeit ein Konzept, mit dem benachteiligte Stadtteile aufgewertet werden sollen. Dazu hat sie für sämtliche Viertel umfangreiches Datenmaterial gesammelt und ausgewertet. Einige Stadtteile hat sie als Handlungsfelder definiert. Hier sieht sie vordringlich Handlungsbedarf. Eine solche Aufwertung ist in vielen Fällen empfehlenswert, führt aber oft auch dazu, dass in diesen Gebieten die Mieten steigen und die alt eingesessene Bevölkerung vertrieben wird. Um das zu verhindern, müssen die Mieterinnen und Mieter unter besonderen Schutz gestellt werden. Das soll mit der Einführung der Milieuschutzsatzungen erreicht werden.
Die Unterschriften müssen im Original abgegeben werden, können also nicht online gesammelt werden. Sie werden anhand des Melderegisters auf ihre Gültigkeit hin überprüft. Deswegen sind auch persönliche Daten, wie Geburtsdatum und vollständige Adresse mit anzugeben. Die Listen werden nach der Überprüfung vernichtet, um dem Datenschutz Genüge zu leisten.
Unterschriftenlisten können von der Homepage der Initiative https://wohnen-bleiben-im-viertel.de heruntergeladen werden. Die ausgefüllten Listen werden bei fiftyfifty, Jägerstr. 15 in Düsseldorf-Eller gesammelt. Unterschriften können auch bei einer der unterstützenden Organisationen geleistet werden, die ebenfalls auf der Homepage zu finden sind.
Wir können etwas ändern – diesmal fängt es mit einer Unterschrift an.