„Wer kämpfen kann, muss auch feiern“

Interview mit Rock gegen Rechts

Der Ausfall einer ganzen Festival-Saison macht natürlich auch vor dem Düsseldorfer Festival „Rock gegen Rechts“ nicht halt. Die Terz sprach mit Uwe und Thomas vom Orga-Team über die Bedeutung der 2013 ins Leben gerufenen Veranstaltung und die aktuelle Situation in der mit Szene-Spots spärlich gesäten Stadt.

TERZ: Vor einigen Wochen habt ihr verkündet, dass das diesjährige „Rock gegen Rechts“ ausfallen wird. Ihr wart ja vermutlich schon in den Startlöchern und hattet einiges an Planung fertig. Was bedeutet die Absage nun für euch?

Thomas: Die Planung war tatsächlich relativ weit fortgeschritten. Zum Glück haben wir noch nicht mit Haut und Haar dringesessen. Insofern ist es „nur“ der Verlust der Arbeit, die wir schon reingesteckt haben und natürlich der des Festivals selbst. Ich finde schon, dass für so eine prekäre linke Szene wie in Düsseldorf schöne große kulturelle Events, wo sich alle mal treffen und einen gemeinsamen Ausdruck hinbekommen, total wichtig sind. Auch, um auf andere auszustrahlen. Das nun das „Rock gegen Rechts“ ausfällt, ist ein Verlust für die linke Szene allgemein.

Uwe: Nicht nur für die linke Szene. Wir haben es ja auch geschafft, die Bürgerlichen mit einzubeziehen. Für die ist es wahrscheinlich genauso blöd, dass es ausfällt. Wir haben jedenfalls zum Glück noch keine Verträge unterschrieben, Kosten haben wir so gut wie keine.

TERZ: Schiebt ihr nun einfach alles, was ihr dieses Jahr vorhattet, ins nächste Jahr?

Thomas: Unser Termin steht ja: am ersten Samstag im August ist „Rock gegen Rechts“. Sobald Corona es zulässt, werden wir es dann machen. Mit den Bands müssen wir halt gucken, welche Bands im nächsten Jahr welche Festivals spielen und dann auch zu uns kommen können.

Uwe: Wir hoffen einfach mal, dass die Bands, die dieses Jahr spielen sollten, auch im nächsten Jahr können. Das wäre für uns die einfachste Option.

TERZ: Habt ihr denn was vor, was ihr dieses Jahr trotz Corona noch machen wollt? Einen Livestream vielleicht?

Uwe: Wir haben uns überlegt, dass wir – falls möglich – kleinere Konzerte im Pitcher oder im Tube zu veranstalten. Damit haben wir auch schon gute Erfahrungen gemacht. Aber ein Livestream ist viel Arbeit ... da müssen wir abwarten, wie sich das entwickelt.

Thomas: Jetzt, wo das AK47 den ersten eigenen Livestream erfolgreich gemacht hat, steht dem eigentlich nichts mehr im Wege. Für uns stellt sich natürlich die Frage, wie man mit so einer kulturellen Lücke umgeht, die da entstanden ist. Gerade im Kulturbereich gibt es so viele prekäre Institutionen, Künstler*innen, selbstorganisierte Kultur, Off-Kultur ... Ein positives Beispiel für Ideen aus der alternative Szene ist z. B. die Club-Szene in Berlin, die über Streaming mehrere Hunderttausend Euro einsammeln konnte, um die Clubs und DJs zu unterstützen...

TERZ: Dauerhaft die Künstler*innen durchzubringen, ist darüber aber sehr schwierig, das sind ja oft einmalige Spendenaktionen.

Uwe: Ich denke nicht, dass es unsere Aufgabe als Festival sein sollte, über so einen Streamingdienst die Künstler*innen am Kacken zu halten. Eher muss es darum gehen, den Leuten Ersatz für’s Festival zu bieten. Und auch denjenigen, die nun mit Corona-Verschwörungstheorien ankommen, etwas entgegenzusetzen. Mit den Corona-Leugner*innen hätten wir also eigentlich gerade einen guten Grund für ein „Rock gegen Rechts“.

TERZ: Seht ihr das auch als einen Grund, das Festival zu machen: Ein Zeichen zu setzen gegen die extreme Rechte in Düsseldorf und Umgebung? Oder ist es, wie Du eben auch beschrieben hast, ein Wohlfühl-Festival für die Düsseldorfer Szene?

Thomas: Na beides. Wir wollten eindeutig ein antirassistisches Signal in die kulturelle und politische Öffentlichkeit hinein setzen. Das haben wir in Form von Info-Ständen oder Ansagen auf der Bühne auch immer gut rübergebracht.

Uwe: Wer kämpfen kann, kann auch feiern – und muss es auch.

TERZ: Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, das Festival zu machen?

Uwe: Es ist aus der Situation heraus entstanden, dass die Rechte in Düsseldorf immer stark war, aber kulturell kein Zeichen dagegengesetzt wurde. Und es sollte die Linken und die Bürgerlichen zusammenbringen.

Thomas: Es gab natürlich auch vorher Initiativen gegen Rechts und auch kulturelle Events. Z. B. das Edelweißpiraten-Festival im Zakk. Aber das „Rock gegen Rechts“ sollte noch mal explizit einen Bündnis-Charakter und sowohl politisch als auch musikalisch eine ganze Spannweite aufweisen. Es sollte ein großes, offenes und partizipatives Festival sein, das es so noch nicht gab.

Uwe: Und dazu kommt die Tradition: das erste „Rock gegen Rechts“ gab es 1979 in Frankfurt. So lange hält sich diese Bewegung schon in verschiedenen Ausprägungen bundesweit.

TERZ: War es schwierig, hier in der Stadtgesellschaft aufgenommen zu werden? Wie läuft die Kommunikation mit der Politik?

Thomas: Grundsätzlich hat es keine größeren bürokratischen Hürden gegeben. Politisch ist es nicht immer gern gesehen, es war nicht immer wohlgelitten in der konservativen Ecke. Auch die Förderung durch die Stadt wurde erst in den letzten Jahren etwas angezogen.

TERZ: Nach welchen Kriterien sucht ihr denn die Bands aus? Schaut ihr da ganz genau nach der politischen Haltung?

Uwe: Unser Bestreben ist, dass es Bands mit einer politischen Aussage sind, die auch eine gute Stimmung rüberbringen. Uns ist besonders wichtig, dass es nicht nur Punkrock ist, auch wenn es in dem Bereich die meisten Bands gibt, die was zu bieten hätten. Wir versuchen auch, möglichst einen internationalen Charakter zu haben und es muss eine Stimmung geben, die die Leute zum Beben bringt. Es schreiben uns auch immer mehr Booking-Agenturen an, das erleichtert die Sache.

Thomas: Ansonsten – wir achten schon darauf, dass es eine antirassistische Message gibt und die Stoßrichtung klar ist. Wir sind aber nicht die Gesinnungsprüfer*innen der Bands. Auch Bands haben Entwicklungen vorzuweisen, was ihre politische Meinungsbildung und Äußerungen angeht. Die Bandauswahl entspricht der politischen Breite dieses Festivals.

Uwe: Es kann auch sein, dass Bands auf dem Festival einen Denkanstoß bekommen oder in Diskussionen verwickelt werden, wenn ein Text mal nicht okay ist.

TERZ: Ihr nehmt keinen Eintritt. Hattet ihr mal überlegt, dass ein Hut rumgeht oder so?

Uwe: Die Planung war nie auf Eintritt ausgelegt. Wenn die Leute spenden wollen, können sie das gerne machen.

Thomas: Wir sind auch darauf angewiesen! Ohne die Spenden geht es überhaupt nicht.

Uwe: Für dieses Jahr hatten wir schon Spendendosen besorgt, um unsere Leute damit rumzuschicken.

Thomas: In den vergangenen Jahren haben wir das auch im Vorfeld gemacht, z. B. Spendendosen in Kneipen aufgestellt. Eigentlich spenden auch immer superviele linke Vereine und Gewerkschaften, oder Düsseldorfer Bands haben größere Beträge gespendet. Neben der kommunalen Förderung ist das das wichtigste Standbein.

TERZ: Wie schätzt ihr die Kultur nach Corona ein?

Thomas: Für all das, was in Düsseldorf über Corona an Kultur wegbricht – Künstler*innen, die nicht weitermachen können, Orte, die dichtmachen müssen – die ganze Kultur- und Gastronomieszene ist ja im weitesten Sinne betroffen – muss man sich als Stadt und als Gesellschaft überlegen, wie man diese relevante Infrastruktur aufrechterhält. Wir sind als „Rock gegen Rechts“ stark dafür, ein Wiederaufbauprogramm loszutreten, damit Investitionen in diesen Bereich fließen und nicht nur Wirtschaftsprogramme gestartet und Fluggesellschaften gerettet werden. Partizipative Angebote oder „Umsonst und Draußen“-Veranstaltungen sind wichtiger denn je, denn sie stehen ja auch ein bisschen für das Gemeinwohl, dass wir als Gesellschaft fernab von Marktlogik und kapitalistischer Verwertung aufbauen wollen.

TERZ: Eine Hoffnung ist ja, dass die Leute momentan merken, was sie eigentlich an der Kultur haben, jetzt wo sie fehlt. Und dass sie, wenn die Einschränkungen aufgehoben sind, Corona eingedämmt ist, ausströmen und die Programmkinos, die Kleinkunstbühnen und Konzerte bevölkern.

Thomas: Die erste Party wird wild!

Uwe: Wir wissen noch nicht, wann sie kommt, aber sie wird kommen!

TERZ: Lieben Dank, dass ihr euch Zeit genommen habt für das Interview.

Ihr findet „Rock gegen Rechts“ im Netz unter https://rock-gegen-rechts-duesseldorf.de
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