Huch!

Nazis bei der Polizei

Wie kann das nur sein, fragen wir uns? Ganz plötzlich tauchen überall in der Republik Nazivorfälle bei der deutschen Polizei auf. Ein sogenannter „NSU 2.0“ bedroht mit Daten aus Polizeicomputern Personen. Die Polizei ist seit Monaten unfähig herauszufinden, wer diese Daten abruft. Aber das ist nur die Spitze des Eisberges.

Seit Jahren weisen zivilgesellschaftliche Organisationen auf erhebliche strukturelle Probleme bei der Polizei hin. Insbesondere die beiden Polizeigewerkschaften (von der die Gewerkschaft der Polizei [GdP] immer noch im Deutschen Gewerkschaftsbund [DGB] ist) weisen dies bis heute weit von sich und verunglimpfen lieber die Kritiker*innen. Vor allem weisen aber nicht-weiße Menschen auf den strukturellen Rassismus der deutschen Polizei hin, dem sie ausgesetzt sind. Vehement lehnt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eine Studie dazu ab. Seine Logik: Rassismus ist verboten, also gibt es ihn bei der Polizei nicht. Hmm, interessante Logik, die eine*n sprachlos macht. Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) schließt sich an und lehnt ebenfalls eine solche Studie ab. Das Problem scheint offenbar schlimmer zu sein als befürchtet, sonst hätten die beiden wohl keine Angst vor einer wissenschaftlichen Untersuchung. Aber was soll man von einem Innenminister halten, der in rassistischer Manier gerne über sogenannte Clan-Aktivitäten faselt und damit zu einem Stichwortgeber des Attentäters von Hanau wurde, der ganz gezielt in Shisha-Bars mordete. Genau diese Bars hat Reul als Boden der Clan-Kriminalität ausgemacht. Gerne lässt er sich auf billigstem propagandistischen Niveau bei Polizei-Razzien ablichten. Dazu passt auch, dass die Professorin im Fachbereich Polizei für Kriminologie und Soziologie, Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl, für die Polizei Essen ein Papier zur „Clan-Kriminalität“ geschrieben hat, das vor rassistischen Stereotypen nur so strotzt. Ansonsten zeichnet die Professorin aus, dass sie vor allem gegen Linke bzw. Antifas hetzt, die für sie einfach nur Kriminelle sind. Bei Rechten scheint sie dahingehend kaum Probleme zu sehen.

Rechte bei der Düsseldorfer Polizei?

Das Problem mit rechten Tendenzen bei Beamt*innen ist nicht neu. Schon immer gab es Vorfälle dieser Art. Gerade die Alternative für Deutschland brüstet sich, in Sicherheitsdiensten wie z. B. der Polizei viele Sympathisant*innen zu haben. Law and Order, als ein Schwerpunkt der AfD, ist schließlich bei der Polizei Hauptgeschäft. Anscheinend arbeitet bei der Düsseldorfer Polizei immer noch der Krefelder AfD-Politiker Guido Krebber als Kommissar. Er sagte 2018 bei einem Neujahrsempfang der AfD, dass die AfD bald die absolute Mehrheit im Bund habe, und dann werde „endlich aufgeräumt in diesem Land“. Konsequenzen wie eine Verwarnung oder ein Dienstausschluss sind nicht bekannt geworden. Krebber ist aktuell laut Webseite stellvertretender Sprecher der AfD in Krefeld und kandidierte bei der Kommunalwahl 2020 für den Krefelder Stadtrat. An Listenplatz 4 ist er nur knapp gescheitert, ist aber in die Bezirksvertretung Krefeld-Süd gewählt worden.

Rechte bei der NRW-Polizei

Dass das Problem bei der Polizei tiefgehend ist, zeigte sich erneut in diesem Monat. Mitte September wurde bei der Polizei Essen-Mülheim ein rechtes Chat-Netzwerk nur durch Zufall aufgedeckt: Das Privathandy eines Beamten wurde beschlagnahmt, darauf fand man das rechte Netzwerk. Im Moment sind 30 Beamt*innen suspendiert worden, die in übelster Weise rassistische, sexistische und Nazi-Propaganda verbreiteten. In dem Netzwerk, das seit mindestens 2015 besteht, störte sich niemand an derlei Äußerungen. Über 9 Terabyte Datenmaterial wurden bei Durchsuchungen beschlagnahmt und stehen jetzt zur Auswertung an – weitere Suspendierungen sind nicht ausgeschlossen. Ganz geknickt berichtete NRW-Innenminister Reul im Innenausschuss des Landtags am 24. September über weitere rechte Aktivitäten bei der NRW-Polizei. Zwischen Januar 2017 und September 2020 sind über 100 Mitarbeiter*innen unter den Verdacht des Rechtsextremismus oder Rassismus geraten. Zudem gebe es vier Verdachtsfälle im Innenministerium. Anlässlich dieser Zahlen mochte Reul jetzt auch nicht mehr von bedauernswerten Einzelfällen reden. Wichtig wäre jedoch, dass jetzt sämtliche Verfahren der letzten Jahre, an denen diejenigen Beamt*innen beteiligt waren, gegen die derzeit ermittelt wird, neu aufgerollt werden. Rechte Ansichten und Rassismus beziehen sich nun mal nicht nur auf Chat-Gruppen. So steht zu vermuten, dass ihre rechten Ansichten Eingang gefunden haben in ihre tägliche Polizeiarbeit. Ein weiteres Problem ist der Korpsgeist bei der Polizei. Da beschuldigen sich die Kolleg*innen nicht gegenseitig und ermitteln einseitig. Zudem gibt es Absprachen bei Anzeigen-Erstellung, aber auch vor Gericht. Um diesen Korpsgeist aufzubrechen, wäre es ein erster Schritt, eine unabhängige Kommission zu gründen, an die sich Betroffene wenden können. Überdies wäre es wichtig, eine unabhängige Ermittlungsinstanz ins Leben zu rufen. Es darf nicht sein, dass die Polizei gegen sich selbst ermittelt – es reicht nicht aus, dass bei entsprechenden Vorfällen eine andere Polizeidirektion als die betroffene ermittelt. Auch hier steht der Korpsgeist einer Unabhängigkeit entgegen, schließlich gilt derjenige bzw. diejenige, die eine Aussage gegen eine*n Kolleg*in macht, als Verräter*in. Unabdingbar ist es deshalb, den öffentlichen Druck zu erhöhen.

Wassily