Zu viel Stille um den PUA Kleve

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zur rechtswidrigen Inhaftnahme von Amad Ahmad und zu dessen Tod nach einem Brand in der Justizvollzugsanstalt Kleve im September 2018 verschwindet Stück für Stück aus der öffentlichen Wahrnehmung.

Dass der PUA Kleve – wie der Untersuchungsausschuss im Landtag von NRW kurz heißt – in seinen letzten Sitzungen nur ausgesprochen spärlich wahrgenommen wurde, dürfte nicht allein an Covid19 liegen. Der Landtag hat eine gute Handvoll Vorkehrungen getroffen, die einen Besuch im Parlamentsgebäude und in seinen Sitzungssälen durchaus sicherer machen, als die Fahrt mit einer S-Bahn – Plexiglasbarrieren, ausreichend Platz, desinfizierte Oberflächen … Es ist also auch in pandemischen Zeiten gut möglich, den Ausschussmitgliedern dabei zuzusehen, wie sie sich um die „Wahrheit“ im Fall der Verantwortung für die Freiheitsberaubung und den Tod von Amad Ahmad bemühen. Oder eben nicht.

Denn sauber im Sinne von „blütenrein“ ist der Landtag trotz aller Hygieneregeln nicht. Das dürfte damit zu tun haben, dass die im „Fall Kleve“ verantwortlichen, von der CDU geführten Ministerien – das Justiz- und das Innenministerium NRW – mit CDU-Mann Oliver Kehrl auf einen Hardliner als Obmann im PUA setzen können. Sein Plan scheint mehr und mehr aufzugehen: Die Beamt*innen und Mitarbeitenden in den Knästen Kleve und Geldern (als Zeug*innen gehört in der letzten Ausschuss-Sitzung im November 2020), der Kreispolizeibehörden Siegen-Wittgenstein und Kleve oder des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPB) des LKA NRW allesamt von der Verantwortung freizusprechen dafür, dass Amad Ahmad gegen jedes bessere Wissen über Monate ohne Rechtsgrundlage in der JVA Kleve inhaftiert war. Er war eingesperrt, obwohl bekannt war, dass gegen ihn kein Haftgrund vorlag. Es ist weiter zu fragen: Mit Absicht?

Aber nur wenige Ausschuss­besucher*innen interessieren sich dafür, welche Vertuschungen oder welches Schweigen Amad Ahmad in Vergessenheit geraten lassen. Oder mehr noch: Die ihn als einen jener Geflüchteten dastehen lassen, unwidersprochen, gegen die Oliver Kehrl pauschalisierend spricht, nur andeutend raunt: Silvester 2015. Oliver Kehrl, der nach eigenen Angaben wegen „Silvester 2015“ überhaupt erst in die Politik gegangen sei. Weil seine Tochter ihm von Übergriffen am Kölner Dom berichtet habe, als Augenzeugin. Oliver Kehrl, der also offenbar eine persönliche Agenda hat, die er auch in den PUA Kleve mitgenommen haben dürfte. ‚Seine‘ Minister Laschet und Biesenbach dürften das gut finden – ‚ihr‘ Abgeordneter wäscht ihnen die Weste.

Im PUA Kleve steht der rassistische Elefant mitten im Raum. Und keiner sieht hin. Darum: Kommt zu den Ausschuss-Sitzungen! Es ist wichtig, dass der Ausschuss in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, dass wir zusehen, was dort beschwiegen und aus dem Blickfeld hinweggefragt werden soll! Ausschussbeobachtung kann helfen, Druck aufzubauen gegen Verschweigen, Lügen, Ausweichen!

Die letzte Ausschuss-Sitzung in 2020 ist am Dienstag, den 08.12.2020 um 14 Uhr. Der Einlass ist unter Vorlage eines gültigen Personaldokumentes möglich.

Im Landtag ist für ausreichend Platz im Sinne vernünftiger Covid19-Infektionsprävention gesorgt, die Teilnahme grundsätzlich möglich.