Der Corona-Karneval

... draußen

„Memento homo, quia pulvis es et in pulverem reverteris“ – Bedenke, Mensch, dass Du Staub bist und zum Staube zurückkehren wirst – mit dieser Formel wurde mir im Schulgottesdienst in der Oberkasseler St. Antonius-Kirche mit Asche ein Kreuz auf die Stirn gemalt. Allen Menschen, die dieses Kreuz aus Asche (aus den verbrannten Buchsbaumzweigen des letzten Palmsonntags) draußen vor der Kirchtür nicht verstohlen abwischten, sondern bekennend den ganzen Tag über trugen, waren alle Sünden des Karnevals verziehen.

Aber diesen Karneval gab es keinen Rosenmontagszug. Gibt es da etwas zu verzeihen?

Jacques Tilly hat sich eine Überraschung für die Düsseldorfer*innen ausgedacht. Er schickt eine Miniaturausgabe seiner acht Mottowagen auf acht zuvor geheimgehaltenen Routen durch den fließenden Straßenverkehr. Das Wetter ist rosenmontäglich fies, es sind kaum Menschen auf den Straßen. So vollzieht sich dieser Flash draußen blitzschnell und von den meisten unbemerkt.

Ich sitze am Rosenmontag in meinem „Zug', der Linie 704, von den Unikliniken zum Hauptbahnhof, und kriege so den Wagen mit dem gegrillten Trump auf der Corneliusstraße eher zufällig vor die Linse.

Aufsehenerregender war da schon der Mottowagen von Jacques Tilly, den er mit Greenpeace vor den Kölner Dom gestellt hat: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet mit Narrenkappe als Bagger-Führer, der den Immerather Dom und die Kirche von Keyenberg abträgt.

NRWE, das ist dann schon eher etwas für Eingeweihte, mit niederrheinischem Lokalkolorit, dafür aber umso bissiger.

Oder um es aschermittwöchentlich auszudrücken:

Asche zu Asche – Kohle zu Kohle

Zum Waldspaziergang draußen im Braunkohlerevier diesmal von Keyenberg nach Kuckum kommen 382 Menschen, in den letzten 82 Wochen waren es insgesamt 65.000 Menschen, die an diesen Protestaktionen teilnahmen.

Der Trump auf dem Grill ziert dann auch die Titelseite der Rheinischen Post.

Sinnigerweise mit einem Schaufenster im Hintergrund, auf dem zu lesen ist: „We will be back soon'.

Ja, Trump ist längst – da nur eine Minderheit der Republikaner*innen im US-amerikanischen Senat für den Antrag der Demokrat*innen stimmen wollte – vom Impeachment-Grill genommen worden.

In Deutschland hat das Dreigestirn Merkel - Söder - Lauterbach den Zenit seiner Regentschaft überschritten.

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Schlüssigkeit der angeordneten Corona-Maßnahmen sinkt, ein Licht am Ende des Tunnels will keine*r mehr gesehen haben.

Auch das Interesse am Streit der Virolog*innen ist abgeflacht.

Andere Themen der politischen Auseinandersetzung, die in der Zeit der exekutiven Corona-Notstandsverordnungen unter der Decke gehalten werden konnten, drängen wieder in den Vordergrund.

Es drängt die Menschen nach draußen.

Die von der Polizei abgerissenen Baumhäuser im Hambacher Forst stehen wieder.

Laschet - Lass et!

Michael Flascha