Wir trauern um Udo Achten (1942-2021)

Ein persönlicher Nachruf

Udo Achten starb im Februar 2021 - nach kurzer Krankheit - unerwartet.

Udo – Gewerkschafter, Sammler, Kulturschaffender – hat die politische Auseinandersetzung in Düsseldorf in mannigfaltiger Weise geprägt. Seine Lehre als Papiermacher machte er beim Düsseldorfer Flick-Konzern Feldmühle. Als Jugendvertreter engagierte er sich früh in der IG Druck und Papier. Sein Bezug zur Produktion, zum Material insbesondere zum Druck und speziell zum Papier zog sich durch sein ganzes Leben.

Udo schlug den damals mühsamen zweiten Bildungsweg ein, studierte in den sechziger Jahren an der Fachschule Sozialarbeit in Eller, in einer Zeit, in der die Student*innen für die Anerkennung der Fachschule als Fachhochschule kämpften. Als Vorsitzender des Düsseldorfer SDS nahm er an den politischen Auseinandersetzungen in unserer Stadt Ende der sechziger Jahre teil.

Nach einem Studium der Pädagogik in Marburg wurde er Bildungsreferent beim damals neu errichteten großen Bildungszentrum der IG Metall in Sprockhövel, seinerzeit einmalig in Europa. Über Jahre nahm er auch einen Lehrauftrag an der (mittlerweile) Fachhochschule für Sozialarbeit in Eller wahr. Hier lernte ich ihn kennen und schrieb bei ihm auch meine Diplomarbeit zur gewerkschaftlichen Bildungsarbeit.

Udo war ein messerscharfer Analytiker und ein glänzender Rhetoriker. Seine Veranstaltungen waren für politisch engagierte Student*innen ‚Pflicht’. Überzeugend war er nicht zuletzt deswegen, weil er wie viele Student*innen der Sozialarbeit damals selber über den Zweiten Bildungsweg kam. Unter anderem vermittelte er neuere empirische Studien zum Strukturwandel der Arbeiterklasse der Marburger Schule und aus Frankreich. Er prägte eine Generation Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen in Düsseldorf und unterstützte so nicht zuletzt die Entwicklung der soziokulturellen Arbeit in den Siebzigern.

Udo Achten hat viele Ausstellungsprojekte und Publikationsprojekte vorangetrieben und anderen bei ihren Vorhaben den Rücken gestärkt. So hat er beispielsweise die ehrenamtlichen Keyworker*innen im Düsseldorfer Stadtmuseum vielfach tatkräftig unterstützt. Zuletzt griff er ihnen noch bei den Vorbereitungen zu einer Ausstellung zur sozialen Fotografie in Düsseldorf unter die Arme, die dann unter anderem wegen Corona nicht zustande kam.

Den Keyworker*innen in Oberkassel stand er bei ihrer 1968er Ausstellung im Gerhart-Hauptmann-Haus mit Rat und Tat zur Seite. Mich persönlich hat er damals bei einer alternativen Ausstellung zu 1968 in der Buchhandlung BiBaBuZe unterstützt.

Ein einfacher Verhandlungspartner war Udo nicht. Er nahm es sehr genau, konnte sehr ungemütlich werden, wenn es beispielsweise bei der Finanzierung seiner Publikationsvorhaben hakte oder die Qualität des Drucks nicht stimmte. Er wehrte sich dagegen, dass Leihgaben aus seinem Archiv bei ,Schnellschüssen’ nicht im richtigen Kontext präsentiert wurden. Er war sehr zäh, wenn diese Leihgaben nicht wieder ihren Platz in seinem Fundus fanden. Auch war er sehr akribisch, wenn es um den Erhalt seiner umfangreichen Sammlung ging, zum Beispiel seine historischen Dokumente in säurefreien Kartons zu konservieren. Die Leidenschaft für das Material, die physische Qualität von Papier, Druck, Fotografie und Buch, da nahm es Udo sehr genau ... Wenn man sich auf Udo einließ, Zeit und Geduld mitbrachte, war jede Begegnung mit ihm in seinem Archiv ein Erlebnis. Es wäre schön, wenn man zumindest Ausschnitte aus seiner Sammlertätigkeit auch in Düsseldorf einmal öffentlich präsentieren könnte.

„Eine gute Idee, aber ein Raum wird niemals ausreichen“, schreibt mir Christa, die jahrzehntelang für den Heinrich-Heine-Salon im Zakk verantwortlich zeichnete. „Der alte Zausel hinterlässt eine dicke Lücke.“

Michael Flascha

Udo Achtens wichtige Düsseldorf-Publikation

Düsseldorf zu Fuß und mit dem Rad
(Klartext, 2009)

Warum liegt die Berger Kirche so versteckt in einem Hinterhof? In welchem Düsseldorfer Restaurant soll Napoléon einmal gegessen haben? Wer weiß noch, dass Düsseldorf einst Zentrum linkspolitischer Agitation war und Ferdinand Lassalle sich mit seinen Gesinnungsbrüdern in der Bockhalle an der Poststraße 5 traf, wo jetzt gutsituierte Düsseldorfer*innen und umsatzstarke Galerien residieren? Der Stadtteilführer führt Sie fernab von allen Düsseldorfer Klischees auf ganz neue Wege durch Düsseldorf.
Das Buch ist mittlerweile vergriffen, aber noch antiquarisch erhältlich, z. B. einige Exemplare bei der Buchhandlung BiBaBuZe.
Udo Achten hat hier viele kompetente Autor*innen, unter anderem von der Geschichtswerkstatt Düsseldorf, für ganz unterschiedliche Touren durch die einzelnen Stadtteile versammeln können. Das Buch bräuchte eine Überarbeitung und Aktualisierung. Aber wer soll einen solchen Kraftakt vollbringen, wenn nicht Udo?