Feminismus für alle!

Interview mit femmes & schwestern

Die Combo „femmes & schwestern“ macht feministische Kulturarbeit, unter anderem zeigt sie Filme, bietet Workshops an, lädt zu Literatur-Abenden ein und initiiert Diskussionsrunden. Dafür wurde die Gruppe in diesem Jahr mit dem Gleichstellungspreis der Stadt Düsseldorf ausgezeichnet. Im Gespräch mit der Terz erzählen Caro und Dominique von ihrem Projekt.

TERZ Ihr habt den Gleichstellungspreis 2021 der Stadt Düsseldorf bekommen. Herzlichen Glückwunsch! Ihr seid ein frisches und junges Projekt – wart Ihr da überrascht, für den Preis ausgewählt zu werden?
Caro Ja! Wir waren total überrascht. Wir hatten von dem Preis gehört und uns einfach mal beworben. Als wir dann den Anruf bekommen haben, mit dem uns mitgeteilt wurde, dass wir gewonnen haben, war das gigantisch. Das heißt ja, dass unser Angebot gut ankommt.

TERZ Gewonnen habt Ihr damit auch ein Preisgeld von 10.000 Euro. Was habt Ihr mit dem Geld vor?
Caro Unser Anliegen ist es, feministischen Themen einen öffentlichen Raum zu geben. Deswegen stehen im Moment so Sachen zur Debatte, wie eine Ausstellung zu machen, dabei zum Beispiel Kontakt zu Streetart-Künstlerinnen aus der lokalen Szene aufzunehmen und sie einzubinden. Wir sind sehr zakk-zentriert, vielleicht können wir auch mal weiter in die Stadt hineingehen und neue öffentliche Räume erschließen. Es ist noch nicht komplett ausgearbeitet – aber es wird in diese Richtung gehen: Öffentlichkeit schaffen für feministische Themen.

TERZ Eure Gruppe gibt es erst seit 2018. Was ist Eure Motivation? Warum empfandet Ihr es als an der Zeit, eine feministische Gruppe zu gründen?
Caro Wir beide sind keine Gründungsmitglieder. Aber Christine Brinkmann, die im zakk u. a. zuständig ist für den Bereich Wort und Bühne, dachte damals, dass es wichtig ist, auch vom zakk aus eine Gruppe zu starten, die sich explizit mit feministischen Themen beschäftigt und aktiv Veranstaltungen dazu organisiert. Ich habe damals ein Freiwilliges Soziales Jahr im zakk gemacht und bin mit in die Gruppe rein. Wir begannen mit dem „Poetry Fem“, dem queerfeministischen Poetry Slam.

TERZ Ist femmes & schwestern denn immer noch im zakk angesiedelt?
Caro Ja. Wir werden auch glücklicherweise bei finanziellen Fragen und der Abwicklung unterstützt und bekommen die Räume zur Verfügung gestellt.

Ein niedrigschwelliges Angebot fehlte

TERZ Wir kommt Ihr zu Euren Veranstaltungsideen? Habt Ihr Euch in Düsseldorf umgeguckt und gedacht: genau das fehlt hier und deswegen müssen wir das selber machen?
Dominique Ich bin erst vor kurzem in die Gruppe gekommen, obwohl ich ihre Gründung damals mitbekommen habe, da ich neben dem Studium ein Praktikum im zakk gemacht habe. Ich denke schon, dass ein feministisches Angebot für Jugendliche und jüngere Leute in Düsseldorf gefehlt hat, das niedrigschwellig ist. Wo Du ohne besondere Vorkenntnisse und Voraussetzungen als junge Frau oder junger Mensch hingehen kannst, Du DIY-mäßig aktivistisch was tun oder auch im theoretischen Rahmen einen Film ansehen kannst. Aber wo Du Dich vorher nicht unbedingt mit dem Thema beschäftigt haben musst.
Caro Das ist im Moment auf jeden Fall unser Anspruch, auch, um aus unserer Bubble rauszukommen und Menschen anzusprechen, die jetzt nicht unbedingt sagen: „Oh komm, ich gehe heute Abend mal zu nem feministischen Diskussionsabend!“ Wir haben verschiedene Veranstaltungsformate, die unterschiedliche Menschen ansprechen können. Wir haben Film, wir haben Literatur, wir haben Workshops. Wir haben aber auch mal Diskussions- und Informationsabende. Wir versuchen relativ viel abzudecken in dem Rahmen, den das zakk ermöglicht.

TERZ Ich mache seit vielen Jahren beim feministischen Lesekreis mit, der über die Rosa-Luxemburg-Stiftung im zakk stattfindet. Der ist sehr verbindlich, weil wir ein halbes Jahr oder länger eine bestimmte Theoretikerin oder zu einem bestimmten Thema lesen. Wenn Du da etwas mitnehmen und verstehen willst, musst Du immer wieder kommen. Das ist echt nicht für jede.
Caro Hat aber natürlich eine andere Intensität. Da kann man anders an ein Thema rangehen, als wir das können.

TERZ Wie viele Menschen seid Ihr denn in der Gruppe?
Caro Wir sind gerade zu fünft: wir beiden, Alessandra, Magali und Helena. Wir sind also eine relativ kleine Gruppe.

TERZ Wie war denn das letzte Jahr im Hinblick auf Corona für Euch? Bestimmt schwierig, oder? Habt Ihr irgendwelche Veranstaltungen machen können?
Caro Das letzte Jahr war verrückterweise unser bestes bisher. Das Jahr, in dem wir die meisten Zuschauenden hatten! Wir haben das OpenAir-Kino machen können. Natürlich mit Hygienekonzept. Da hatten wir glaube ich an einem Abend 100 Menschen im zakk-Biergarten. Nur für so einen Kinoabend – das war beeindruckend. Wir konnten auch den Poetry Fem und ein Workshop-Wochenende machen. Und eine Lesung. Alles draußen, im Biergarten. Natürlich: viele Sachen waren spontan, vieles musste erstmal ausprobiert werden, aber es hat total gut funktioniert. Und die Leute hatten einfach Bock, die waren froh, dass das Angebot da war.
TERZ Sie waren kulturell ausgehungert.
Caro Ja, wie wir alle.

Solidarisch-Sein

TERZ Wie seid Ihr auf Euren schönen Namen „femmes & schwestern“ gekommen? Hat der überhaupt was zu sagen?
Caro Der war plötzlich da – ich glaube, er kam von einer Kollegin, die die Gruppe mit gegründet hat.
Dominique Ich weiß auch nicht genau, wo der Name herkommt. Aber ich interpretiere immer viel „Solidarität“ in den Schwestern-Begriff hinein. Solidarisch-Sein, sich empowern, was auf die Beine stellen.

TERZ Ihr seid ja für alle Altersgruppen offen, aber Tendenz trotzdem für jüngere Frauen, oder?
Caro Tendenz eher junge Frauen: Ja, aber das ist meistens nur bei den Workshops so. Bei allen anderen Veranstaltungen sind alle Altersgruppen quer durch die Bank dabei.
Dominique Und die Workshops sind nur für Frauen und sich als Frauen verstehende Menschen offen. Die anderen Veranstaltungen sind für alle offen.

TERZ Ihr bewegt Euch viel im Kunst- und Kultur-Bereich, auch bei den Workshops. Ihr versucht aber einen Spagat zu machen. Bei den Filmabenden geht es ja auch um politischere Sachen, um ernstere Themen.
Caro Ja. Beim Filmabend machen wir es so, dass wir vorher nicht ankündigen, was gezeigt wird. Das können kleine Filme über stärker feministische Themen sein, aber es kann auch ein Blockbuster sein. Wir hatten im letzten Jahr den Film, der die Geschichte von Ruth Bader Ginsburg erzählt. Aber auch „Töchter des Aufbruchs“ war bei uns zu sehen, ein kleiner Film über das Leben von Migrantinnen in Deutschland. Die Leute wissen nicht, was auf sie zukommt und können sich darauf einlassen.

TERZ Müsst Ihr in der Gruppe Grundsatzdebatten führen? Beispielsweise bei der Auswahl von Themen? Müsst Ihr untereinander erstmal diskutieren: was verstehe ich unter Feminismus? Ist das feministisch genug? Fühlen sich alle angesprochen, die wir erreichen wollen?
Caro Wir sind, zufälligerweise, alles weiße junge Frauen, und als solche stellen wir uns gerade, was Diversität angeht, schon mal Fragen wie: Für wen dürfen wir eigentlich Räume schaffen? Sind wir die Richtigen, wenn wir eine Veranstaltung zum – zum Beispiel – Thema Islam machen möchten? Da sprechen wir oft drüber. Ansonsten gibt es tatsächlich kaum Grundsatzdiskussionen, weil wir auf einem Level sind, auf dem wir gut zusammenarbeiten können. Das funktioniert in der aktuellen Gruppendynamik super.

TERZ Mich interessiert immer, wie in feministischen Gruppen feministische Themen verhandelt werden. Auch wenn alle sich als Feministinnen verstehen, muss das nicht unbedingt heißen, dass alle denselben Begriff von Feminismus haben. Deswegen ist es toll zu hören, dass es bei Euch so gut klappt!
Dominique Diese Diskussionen sind vermutlich auch stark vom Kontext der Veranstaltung abhängig. Also, wenn wir einen Streetart-Workshop anbieten, müssen wir uns über den theoretischen Hintergrund nicht so viel Gedanken machen, wie wenn wir überlegen, wen wir zu einer Lesung oder Diskussionsveranstaltung einladen.

TERZ Es muss ja auch nicht alles politisch aufgeladen werden. Ich finde, es braucht kulturelle Räume, wo man einfach kreativ und unbeschwert sein oder sich austauschen kann, ohne Angst haben zu müssen, etwas Falsches zu sagen oder etwas, was nicht so elaboriert klingt.
Caro Ja. Das ist auch Teil von dieser Niedrigschwelligkeit, die uns wichtig ist.

TERZ Danke Euch für das Gespräch und alles Gute!