NRW-Versammlungsgesetz verhindern

Landesregierung offenbart sich als Verfassungsfeindin

Im Januar – mitten in der Pandemie – legte die NRW-Landesregierung von CDU und FDP einen Gesetzesentwurf vor, der viele Menschen sprachlos macht: Versammlungen und Demonstrationen sollen nicht behindert, sondern gleich ganz verhindert werden. Daraus macht die Landesregierung keinen Hehl. Ein erster Überblick.

Das Grundgesetz von 1949 sichert im Artikel 8 das Recht sich zu versammeln – allerdings nicht uneingeschränkt. So muss und musste das Grundrecht immer wieder rechtlich durchgesetzt werden. Staatliche sowie kommunale Behörden machten oft deutlich, dass ihnen Demonstrationen lästig sind. Insbesondere, wenn es Linke sind, die gegen die herrschende Politik protestieren. In diesem Zusammenhang zeigte sich insbesondere in den Nachkriegsjahrzehnten deutlich, dass weder im Rechtswesen noch in der Politik oder bei der Polizei eine echte Entnazifizierung stattgefunden hatte. Belastete Juristen, aber vor allem Rechtswissenschaftler beeinflussten die Rechtsprechung – das wirkt bis heute fort. Und hier treffen sich auch Justiz und Polizei, denn der Feind steht weiterhin links. Einschränkungen des Versammlungsrechts finden Beifall bei Repressionsbehörden wie der Polizei oder den Polizeigewerkschaften. Diese wiederrum wirken ihrerseits auf die Justiz und Politik ein, um ihnen genehme Gesetze zu schaffen. Das kann man auch bei dem vorliegenden aktuellen Gesetzesentwurf sehen.

Das Problem steht links

Einerseits werden im oben genannten Entwurf der NRW-Landesregierung für ein neues Versammlungsgesetz bislang illegale, also kriminelle, Aktivitäten der Polizei bei Demonstrationen, wie z. B. das ständige Filmen und Fotografieren, legalisiert. Anderseits werden Aktionen und Aktionsformen, wie z. B. das Aufrufen zu Blockaden gegen Nazi-Demonstrationen verboten, damit kriminalisiert und sollen so letztendlich ganz verhindert werden. Aktionen und Demonstrationen gegen Nazi-Aufmärsche stören die Polizei. Das machen sie immer wieder deutlich. Zuletzt jammerte der Düsseldorfer Polizeisprecher nicht nur über die vielen Demonstrationen, sondern auch darüber, dass insbesondere die Gegenaktivitäten zu den Protesten der Corona-Leugner*innen so viel Aufwand verursachen würden. Es sind aber die antifaschistischen Gegenaktivitäten, die den Corona-Leugner*innen ihren Spielraum begrenzen. Die Düsseldorfer Polizei, wie auch die im Rest des Landes, lässt die Corona-Leugner*innen nämlich gewähren und nimmt Rechtsbrüche ohne Ende hin, ohne einzuschreiten. Demgegenüber werden die Gegner*innen mit penibel einzuhaltenden Einschränkungen gegängelt. Insofern wird auch heute schon das Versammlungsrecht einseitig zu Ungunsten von linken Aktivitäten ausgelegt.

Polizei entscheidet über Teilnahme

In Zukunft soll das Versammlungsrecht aber schon weit vor einer Demonstration greifen. Demonstrationstrainings, wie z. B. Blockadetrainings, werden explizit im Gesetzesentwurf genannt und sollen zukünftig verboten sein. Gleichzeitig soll die Polizei entscheiden, wer an einer Demonstration überhaupt teilnehmen darf. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen die Polizeibehörden die Teilnahme einzelner Personen untersagen und sie mit einer Meldeauflage am Tag der Demonstration belegen. Da dies erwartungsgemäß kurzfristig den Betroffenen mitgeteilt werden wird, dürfte eine rechtliche Prüfung im Vorfeld nicht möglich sein. Die Erfahrung zeigte bisher, dass dies vornehmlich Linke treffen wird. Auch dies bedeutet eine weitere massive Einschränkung des Rechts, sich zu versammeln.

Auch das Anmelden von Veranstaltungen wird erheblich erschwert. Der oder die Anmelder*in kann im Nachgang einer Demonstration für alle Vorkommnisse haftbar gemacht werden. Wer unter diesen Vorgaben eine Demonstration anmelden will, wird sich das zweimal überlegen. Und genau dies ist auch das Ziel dieser Gesetzesvorlage.

Legal, illegal … diesmal andersrum

In der Begründung des Gesetzentwurfs wird eine deutliche Kritik am Bundesverfassungsgericht geäußert, das das Versammlungsrecht als grundlegend auslegt hat: „Das Gericht habe ferner ausgeblendet, dass die Ausnutzung des Sensationsbedürfnisses der Medien durch geschickte Versammlungs- und Demonstrationsveranstalter teilweise gerade zur Überrepräsentation von Versammlungsereignissen in der Berichterstattung führen könne, die nicht durch die politische Bedeutung der jeweiligen Versammlung, sondern durch die medienwirksame Aktion bis hin zu gezielten (und gefilmten) Rechtsverletzungen geprägt seien. Bei überproportionaler Berichterstattung über sensationelle Versammlungen von Rand- und Splittergruppen wirke die Versammlungsfreiheit nicht staatsstabilisierend.“ Das Zitat aus dem Entwurf für das neuen Versammlungsgesetz macht auf einen weitergehenden bedenklichen Ansatz aufmerksam. Die Landesregierung sieht Versammlungen nicht als der Meinungsfreiheit zugehörig an, sondern spricht dieses Recht Gruppierungen einfach ab. Von einer reaktionären CDU war nichts anderes zu erwarten, aber nun hat die ursprünglich demokratische Freiheitsrechte postulierende FDP sich endgültig von dieser Haltung verabschiedet. Das geplante Gesetz soll Menschen davon abhalten, für ihre Meinung und für ihre Rechte auf die Straße zu gehen. Dieses Recht muss aber verteidigt werden.

Und nun?

Der Gesetzesentwurf wird von vielen Seiten heftig kritisiert. Es hat sich mittlerweile ein breites Bündnis gebildet, das mit vielfältigen Aktionen gegen den Gesetzesentwurf vorgehen wird. Im Moment finden die Planungen statt; eine Internetseite wird in Kürze online gehen. Achtet also auf Informationen.

nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de
Rechtshilfegruppe Düsseldorf (RHG)