Unruhe im König-Reich

Das Königreich[1] hat mehrere Provinzen[2], einen Reichsverweser[3] und einen König[4] mit eigener Burg in Köln[5]. Seine Untertan:innen unterteilen sich grob in zwei Gruppen: Einerseits die Provinzverweser[6] und der niedere Adel und andererseits das gemeine Volk.[7] Nachdem das Land durch einen schweren Fluch getroffen war[8], wurde das gemeine Volk besonders hart getroffen. Und so begab es sich, dass sich in einer Provinz eine Schar auf den Weg machte, zum Ritter:innen-Orden der schwarzroten Katze[9], um diese um Unterstützung zu bitten.

Hintergrund:

Schon im Dezember 2020 wandten sich die studentischen Beschäftigten der Münchner Filialen der Buchhandelskette Walther König mit einer zentralen Frage an die FAU.

„Ist es legal, dass wir während des Lockdowns Minusstunden anhäufen, die wir anschließend alle abarbeiten müssen?“

Da es sich bei den studentischen Beschäftigten allesamt um sogenannte „Werkstudenten“ handelt, werden für diese keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung abgeführt[10]. Praktisch bedeutet dies, dass die studentischen Beschäftigten nicht zur Kurzarbeit angemeldet werden konnten. Eigentlich hätte nun die Firma Walther König die Löhne in voller Höhe weiterzahlen müssen. Dies ist auch geschehen – allerdings mit der Einschränkung, dass die Kolleg:innen in der Zeit der Filialschließungen Minusstunden aufbauen und diese dann später wieder abarbeiten müssen. Dies ist natürlich der plumpe Versuch, einerseits auf die Unwissenheit der Beschäftigten und anderseits auf ihre Untätigkeit zu setzen.

In Wahrheit handelt es sich hierbei nämlich um den sogenannten „Annahmeverzug“.

Was bedeutet das? Annahmeverzug entsteht immer dann, wenn Arbeiter:innen ihre Arbeitskraft wie im Vertrag ausgemacht anbieten, der Boss diese aber nicht annimmt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Bosse von sich aus entscheiden, die Leute nicht arbeiten zu lassen, oder ob im Rahmen einer Pandemie bestimmte Tätigkeiten schlicht untersagt sind. Lezteres fällt unter das sogenannte „Betriebsrisiko“ – und das liegt nun mal beim Boss!

Der Konflikt:

Aber, nicht genug damit, dass König ganz offensichtlich sein Betriebsrisiko auf die studentischen Arbeiter:innen abwälzen will. Die FAU fand im Gespräch mit den Kolleg:innen sehr schnell heraus, dass es weitere Missstände gab. Augenscheinlich wurde den Kolleg:innen die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ebenso vorenthalten wie der bezahlte Urlaub. In beiden Fällen haben sie „Minusstunden“ geschoben, die sie später abarbeiten mussten. Günstigstenfalls wurde ihnen zugestanden, im Falle von Krankheit oder Urlaub ihre Schichten untereinander zu tauschen. Und das alles bei einem Lohn, der mit 9,85 € nur 50 bzw 30 Cent über dem gesetzlichen Mindestlohn[11] liegt, und Arbeitsverträgen, die in der Regel auf ein Jahr befristet sind – was „kalte Entlassungen“[12] sehr einfach macht.

Es lebe die Republik!

Als gute „Republikaner:innen“[13] entschlossen sich die Kolleg:innen, sich in der FAU zu organisieren und dem König und seinem Reichsverweser eine Liste mit Forderungen[14] zukommen zu lassen:

Und im Dorf ...

Hier unterhält der König gleich drei Filialen: In der Kunsthalle und der Kunstsammlung NRW (K20), beide am Grabbeplatz sowie im K21 Ständehaus auf der Ständehausstraße 1. Nachdem die FAU bundesweit Kontakte zu ehemaligen und aktuell beim König Beschäftigten geknüpft hat, gehen wir davon aus, dass die Situation an allen Standorten sehr ähnlich ist. Wenn dem so ist, dann werden auch hier die Werkstudent:innen in schöner Regelmäßigkeit um ihre verbrieften Arbeitsrechte gebracht. Rechte – die einzig und allein Mindeststandards setzen. Schlimmer noch als das wiegt aber sicher die Tatsache, dass die Beschäftigten mit solchen Taktiken ganz konkret sowohl um ihren kargen Lohn als auch um ihre Lebenszeit gebracht werden.

Zu dem Zeitpunkt, da wir diesen Artikel schreiben, dürfen wir noch nichts über unsere lokalen Bemühungen verraten. Wir holen dies schnellstmöglich nach. Bis dahin verweisen wir auf die Homepage der FAU München (https://fau-m.de) und darauf, dass die FAU Düsseldorf die Werkstudent:innen, die sich unter dem Hashtag #NotMyKönig zusammengeschlossen haben, in ihrem Kampf für ihre Arbeitsrechte und ihre Würde tatkräftig unterstützt. Gleichzeitig sind wir in engem Kontakt mit den Syndikaten in NRW, um alle Arbeiter:innen, die sich gegen das System „König“ zur Wehr setzen wollen, schnell und effektiv unterstützen zu können.

Mit allen Mitteln, die nötig sein werden, um diesen Kampf zu gewinnen.

Übrigens:

Ihr könnt auch aktiv werden. Auf unserer Homepage (duesseldorf.fau.org) findet ihr einen Musterprotestbrief, den ihr gerne per Briefpost, E-Mail oder Kommentar in den sozialen Medien (ihr findet das Unternehmen u. a. bei Instagram und Facebook) dem König und seinem Reichsverweser zukommen lassen könnt.

Rudolf Mühland (FAU Düsseldorf)

[1]  Walther König ist eine Buchhandelskette und ein Verlag mit Sitz in Köln. Buchhandlung und Verlag sind auf Buchtitel aus den Bereichen Kunst (-wissenschaft, -gewerbe, -theorie), Architektur, Design, Mode, Photographie, Film und Mode spezialisiert.
[2]  Filialen u. a. in Düsseldorf, Bonn, Essen, Münster, Berlin, Dresden, Frankfurt a.M., Hamburg, Nürnberg und Stuttgart sowie Amsterdam, Brüssel, London, Mailand, Paris und Wien
[3]  Geschäftsführer Udo Milz
[4]  Franz König, der Sohn von Firmengründer Walther König, übernahm die Geschäfte 2014. WK kümmert sich seither nur noch um das Antiquariat
[5]  Stammsitz der GmbH (Buchhandlungen) und Sitz des Verlages der Buchhandlung
[6]  Festangestellte und Filialeitungen
[7]  Werkstudent:innen
[8]  Pandemie und staatliche Verordnungen, die wochenlange Schließungen der Filialen zur Folge hatten.
[9]  Freie Arbeiter:innen Union / Anarchosyndikalist:innen
[10]  „Werkstudentenprivileg“ – es entfallen außerdem die Beiträge zur Pflege- und Krankenversicherung
[11]  2020 lag der gesetzliche Mindestlohn bei 9,35 € - Seit 01.01.2021 liegt er bei 9,50 € und steigt ab 01. Juli 2021 auf 9,60 € die Stunde
[12]  „Kalte Entlassung“ bedeutet in diesem Fall einfach den Verzicht darauf, den Arbeitsvertrag zu verlängern und/oder einen neuen Arbeitsvertrag abzuschließen.
[13]  Diese Bezeichnung ist nur der Metapher des Kampfes „König vs. Republik“, also „Willkür vs. Arbeitsrecht“ geschuldet und ist kein politisches Bekenntnis
[14]  Unvollständige Liste aller Forderungen