*[draußen] [drinnen] Bert Gerresheim - Bildergeschichten*

Mit seinen zahlreichen Bronzeplastiken im Düsseldorfer Stadtgebiet ist der Bildhauer Bert Gerresheim ein ‚nahbarer‘ Künstler. Sein sehr gegenständliches Werk ist im Stadtbild für den*die Betrachter*in ‚greifbar‘, wie es zum Beispiel die vielen blanke Stellen am Stadterhebungsmonument am Burgplatz dokumentieren. Oder sein Werk ist sogar begehbar, wie das Heinrich-Heine-Denkmal auf dem Schwanenmarkt.

Bei Bert Gerresheim führen seine ‚Kritzeleien‘ in frühester Kindheit zum Wunsch, auch plastisch zu arbeiten. Eine große Rolle für die Entwicklung Gerresheims spielt der unter den Nationalsozialisten als entartet verfemte Künstler Otto Pankok, der der linksorientierten Künstlergruppe ‚Junges Rheinland‘ angehörte. Nach dem Krieg wächst Bert Gerresheim auf der Brend‘amourstraße in Oberkassel auf. Hier entsteht über der Bäckerei, in der seine Mutter arbeitet, ein intensiverer Kontakt zu Otto Pankok, der in der gleichen Straße wohnt.

Seinem ursprünglichen Plan, sich auf das Priesteramt vorzubereiten, gibt Gerresheim nach seinem Abitur auf. Damit ist der Weg von der Brend‘amourstraße über die Oberkasseler Brücke in die nur wenige hundert Meter entfernt liegende Kunstakademie frei. Ohne weitere Bewerbungsverfahren nimmt ihn Pankok in sein Atelier an der Düsseldorfer Kunstakademie auf. In der Klasse von Pankok, zu der auch Günter Grass und Günther Uecker gehören, nimmt er in der Gruppe ‚Junger Realisten‘ den Kampf für die Behauptung eines gegenständlichen, figürlichen, konkreten Ansatzes an der Kunstakademie auf. Dieser Ansatz geht in der Folge an der Akademie immer mehr verloren.

Bert Gerresheim bleibt seiner realistischen Herangehensweise treu. Im Mittelpunkt seines Schaffens steht der Mensch, das menschliche Gesicht, wobei er sich in seinem Gestalten mit dem zeichnerischen Werk von Goya bis Daumier, von Dix bis Bacon von Ernst bis Picasso auseinandersetzt.

Seine historischen, politischen, religiösen wie lokalen Bezüge sind eindeutig, seine Gesichter aber sind oft vielfach gebrochen, verfremdet und laden so zur Interpretation, zu Stellungnahme, zum Wechsel des Standpunkts ein. Neben karnevalesken Elemente treten Motive des Totentanzes und immer wieder die Methode des Vexierspiegels, in der der Künstler sich und seine Welt sieht.

Bert Gerresheim selber ist eine sehr vielseitige, vielschichtige Persönlichkeit: Seinem Brot&Butter-Job geht er tagsüber als Kunstlehrer am Lessing-Gymnasium nach, während er nachts und am Wochenende zeichnet und schließlich ziemlich ambitionierte Bildhauerprojekte verfolgt. Er wird zum persönlichen Freund des im Rheinland eher wenig gelittenen Kardinal Meisner. Er wird Mitglied eines franziskanischen Laienordens. Seine oft apokalyptisch anmutenden Werke verzichten aber auf Heilsbotschaften: Ständiges Work-in-Progress.

*[drinnen]*

Anlässlich seines 85. Geburtstags hat Gerresheim Teile seines Ateliers ins Stadtmuseum verlegt. Die an Teilplastiken und Zeichnungen reiche Ausstellung demonstriert die Arbeitsweise des Künstlers. Der Werkstattcharakter der Präsentation lädt zum Berühren und zum Berührtwerden ein. Leider bleibt derzeit der Zugang zu dieser diese fassbaren Dimension der Ausstellung dem Publikum wegen der aktuellen Coronaschließung verwehrt.

*[draußen]*

Virtuelle Rundgänge im Netz schaffen hier kaum Abhilfe, um in die Erlebniswelt von Bert Gerresheim einzutauchen. Da das Werk von Bert Gerresheim aber im Stadtbild sehr präsent ist, bleibt uns der sehr lohnenswerte Rundgang - draußen. Um den narrativen Ansatz des Künstlers nachzuvollziehen, sei auf das Buch Michael Kersts ‚Bert Gerresheim – ein Bildhauer Leben‘ (Grupello) verwiesen. Hier gibt der Künstler seine eigenen #BertGerresheimGeschichten zu Protokoll.

Text und Fotos: Michael Flascha