Der LEG-Geschäftsbericht

In eigenen Worten

Immer wieder stehen die Wohnungsunternehmen in der Kritik. Die TERZ lässt jetzt mal eines von ihnen selbst zu Wort kommen. Dafür hat sie den letzten Geschäftsbericht der Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen für Städtebau, Wohnungswesen und Agrarordnung (LEG) zur Hand genommen und gnadenlos alles aus dem Zusammenhang gerissen, was dort so unter den Suchbegriffen „Miete“, „Miet-Erhöhung“ oder „Modernisierungen“ zu finden war.

Wer im letzten Geschäftsbericht des Wohnungsunternehmens LEG etwas zum Thema „Miet-Erhöhungen“ lesen will, muss nicht lange blättern. Schon auf der Seite 5 findet sich etwas– noch dazu etwas Positives. „LEG setzt breitflächig Miet-Erhöhungen aus“, steht da zu lesen: „Damit haben wir ein Zeichen der Solidarität und gesellschaftlichen Verantwortung in Zeiten der Corona-Pandemie gesetzt.“ Von der Aussetzung der „Miet-Anpassungen“ – die LEG verwendet lieber dieses Wort – profitierten nach Angaben des Konzerns 6.900 Kund*innen. Aber Covid-19 hat für die Firma auch gute Seiten, denn: „Gleichzeitig ist die Nachfrage nach zusätzlichem Wohn-Komfort und die Bereitschaft, dafür mehr Miete zu zahlen, durch Corona bei vielen Menschen gestiegen. Das eröffnet uns zusätzliche Miet-Potenziale.“

Diese eröffnen sich auch durch eine „Optimierung des Kerngeschäfts“, versteht die LEG darunter doch „die weitere Steigerung der operativen Exzellenz, nicht zuletzt eine intelligente und flexible Vermarktung des Wohnungsbestands und die agile Anpassung ihrer Miet-Angebote, um bei zunehmender Regulierung weiterhin Mieterhöhungspotenziale zu realisieren“.

Im Geschäftsjahr 2020 stiegen die Erträge aus den Netto-Kaltmieten von 586 auf 627 Millionen Euro, „ein Miet-Wachstum auf vergleichbarer Fläche von 2,3 Prozent“ realisierte die LEG. 2019 waren es noch 2,9 Prozent gewesen. In Düsseldorf, wo die Gesellschaft 5.421 Wohnungen besitzt, betrug die Zuwachs-Rate „nur“ 1,9 Prozent. Allerdings ist die Stadt mit einer Durchschnittsmiete von 8,02 Euro pro Quadratmeter schon mit weitem Abstand das teuerste LEG-Pflaster. Dahinter folgt abgeschlagen der Kreis Mettmann mit 6,91 Euro pro Quadratmeter. Düsseldorf zählt für das Unternehmen nämlich zu den Wachstumsmärkten, und die „zeichnen sich durch demografisch und wirtschaftlich starke Standorte mit überdurchschnittlichen Mieten bei geringen Leerstandsquoten aus“. Zu den „stabilen Märkten“, zählen Städte mit Mieten von rund 5,65Euro pro Quadratmeter wie Dortmund, Essen und Mönchengladbach. „[D]ie wohnungswirtschaftliche Attraktivität ist im Durchschnitt solide bis hoch“ – so charakterisiert die LEG dieses Segment. Am Schluss folgt dann eine Kategorie mit Städten wie Duisburg oder Recklinghausen, wo sich die Miet-Preise bei ca. 5,48 Euro pro Quadratmeter bewegen. Hier locken, was zunächst etwas ungewöhnlich erscheinen mag, die fettesten Brutto-Renditen. Auf 5,9 Prozent belaufen diese sich, während die stabilen Märkte „bloß“ 5 Prozent und die attraktiven „nur“ 3,9 Prozent abwerfen. In diesen „Märkten mit höheren Renditen“ ist nämlich ein Unsicherheitsfaktor eingepreist. Sie „unterliegen grundsätzlich einem größeren Risiko von Bevölkerungsrückgängen“, erläutert der Geschäftsbericht. Aber die LEG schreckt das nicht ab: „In diesen räumlichen Teilmärkten wird es jedoch bei hoher Vor-Ort-Präsenz, attraktiven Mikro-Standorten und guter Markt-Durchdringung weiterhin Chancen für attraktive Renditen geben.“

Chancen und Risiken

Weitere Unwägbarkeiten handelt im Folgenden der „Risiko- und Chancenbericht“ ab. Da macht die LEG verstärkt „Ausweich-Bewegungen“ weg von den großen Städten mit ihren teuren Mieten aus. Doch das Unternehmen zeigt sich gewappnet: „Durch die breite Markt-Präsenz der LEG kann daher eine sich ggf. abflachende Preis-Entwicklung in den Ballungsräumen durch eine stärkere Nachfrage und somit Preis-Entwicklung in den ländlicheren Regionen kompensiert werden.“

Auch in Sachen „Mietausfälle“ kann die LEG Entwarnung geben. „Aktuell sind nur leicht erhöhte Mietausfälle zu registrieren. Ursächlich sind hier u. a. die umfangreichen Zahlungen von staatlichen Transfer-Leistungen sowie die Lohnfortzahlung über die Kurzarbeiter-Regelungen“, konstatiert der Geschäftsbericht.

Ein Problem stellen allerdings die eigenen Mit­arbeiter*innen dar. Wenn nämlich „Geschäfts-, Vertrags- oder auch persönliche Beziehungen zwischen Mitarbeitern der LEG-Gruppe und externen Personen bestehen“, drohen „dolose Handlungen“, also Handlungen zum Schaden des Konzerns: „Im Bereich der Vermietung kann es zu regelwidrigen Miet-Vergünstigungen kommen.“

Und dann wäre da noch die Politik. „Die Risiken aus Gesetzes-Änderungen (z. B. Umlage-Fähigkeit der CO2-Umlage, bundesweiter Mieten-Deckel) bestehen unverändert“, so die LEG. Dementsprechend setzte die Aktie des Unternehmens gleich zu einem Höhenflug an, als das Bundesverfassungsgericht Mitte April den Berliner Mietdeckel aufhob. Aber damit ist die Kuh noch nicht vom Eis: „Veränderte gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen zu energetischen Anforderungen, Verkehrssicherungspflichten und Mieterschutz können Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen haben.“ Diese negativen Effekte drohen bei Modernisierungsmaßnahmen ebenfalls, „wenn außerplanmäßig erhöhte Kosten auf Basis der Begebenheiten am lokalen Wohnungsmarkt nicht an die Mieter weitergegeben werden können, ohne deren Zahlungsfähigkeit zu überfordern“. Nicht ganz so schlimm ist es hingegen, wenn sich die Handwerker*innen-Arbeiten verzögern, denn das führt „in der Regel lediglich zu einer späteren Realisierung der Miet-Erhöhungen im Vergleich zur Planung“.

Insgesamt jedoch sieht die LEG mehr Chancen als Risiken: „Grundsätzlich wird in den nächsten Jahren eine Fortsetzung der positiven Miet-Entwicklung erwartet. Im frei finanzierten Bestand können Miet-Erhöhungen infolge von Mietspiegel-Anpassungen, bei der Neuvermietung und im Zusammenhang mit Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen werden. Im preisgebundenen Bestand können alle drei Jahre vor allem inflationäre Entwicklungen durch Anpassung der Kosten-Mieten an die Mieter weitergegeben und auch wertsteigernde Modernisierungen vorgenommen werden“. Das ist aber längst noch nicht alles. „Bis 2028 wird die Mietpreis-Bindung bei rund 25.000 Wohneinheiten des aktuell preisgebundenen Portfolios auslaufen. Das bietet langfristig Spielraum für Miet-Anpassungen bei den hinsichtlich des Mietpreises oft deutlich unter dem Markt-Niveau liegenden Beständen“, frohlockt die Wohnungsgesellschaft. Schöne Aussichten.

Jan