zu schwerer stoff

Vor 40 Jahren endete der Düsseldorfer Majdanek-Prozess gegen das Personal des KZs wegen gemeinschaftlichen Mordes bzw. gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord mit außerordentlich milden Urteilen. Das Theater-Kollektiv „Pièrre Vers“ nahm das zum Anlass, das Verfahren in einem Stück aufzuarbeiten. Der ideale Spielort dafür wäre natürlich das ehemalige Landesgericht in der Mühlenstraße gewesen, wo die Verhandlungen sechs Jahre lang stattfanden. Aber das Immobilien-Investmenthaus Frankonia als jetziger Besitzer des gesamten Areals erteilte „Pièrre Vers“ eine Abfuhr. „Der Eigentümer ließ uns auf Anfrage wissen, dass er so einen schweren Stoff seinen Gästen und den Bewohnern nicht zumuten könnte“, so der Regisseur Christof Seeger-Zurmühlen gegenüber der „Rheinischen Post“. „Ich denke, wenn man ein so ge­schichtsträchtiges Gebäude wie das Land- und Amtsgericht über­nimmt, hat man auch eine gewisse Verantwortung“, kritisierte er die Entscheidung. Lediglich eine Ausstellung zum Thema in seinen Gefilden überschritt für den Eigentümer die Zumutbarkeitsgrenze nicht.

darf’s ein bisschen mehr sein?

Wenn eine Immobilien-Firma einen Bebauungsantrag für ein Areal stellt und eine Genehmigung erhält, heißt das noch lange nicht, dass sie sich auch ans Werk macht. Oftmals sehen die Unternehmen ihre Mission nach dem Erhalt des positiven Bescheids bereits als erfüllt an, denn dieser lässt sich zu Geld machen, da er den Wert des Grundstücks bei einem Weiterverkauf erhöht. Der*die neue Besitzer*in muss dann den Aufschlag, den er*sie zahlte, einpreisen. Er*sie tut das in der Regel, indem er*sie bei den Projekten die Wohnfläche vergrößert und die Bauanträge entsprechend nachbessert. Ebendiese Methode kam bei einem an der Fritz-Wüst-Straße geplanten Mehrfamilien-Haus mit fünf Wohnungen nebst Tiefgarage zur Anwendung. Balkone, welche „die festgesetzte, ausnahmsweise zulässige Bautiefe von 17 Metern um jeweils 2,29 Meter“ überschreiten, waren lange nicht das Einzige, das die Bezirksvertretung abnicken sollte. Die aber weigerte sich und versagte dem Bau-Vorhaben die Zustimmung.

antisemitische vorfälle

Im Zuge des jüngsten militärischen Konflikts zwischen Israel und der Hamas stieg in Nordrhein-Westfalen die Zahl antisemitischer Straftaten. 106 Vergehen zählte die Polizei, 58 Verdächtige konnte sie ermitteln. 17 davon waren Deutsche, 16 Syrer*innen, neun Libanes*innen, vier Deutsch-Libanes*innen, sechs Türk*innen und einer Deutsch-Türke. In Düsseldorf gab es zwei Vorfälle. Unbekannte fackelten die vor dem Rathaus gehisste Israel-Flagge ab. Zudem wurde auf dem Gedenkstein für die Synagoge, die auf der Kasernenstraße stand, bevor Faschist*innen sie 1938 in der Reichsprogromnacht ansteckten, ein Feuer entfacht. „Wir sind sehr besorgt darüber, dass es diesen Anschlag gab, im unmittelbaren zeitlichen Kontext zu der aktuellen Gewalt-Eskalation in Israel“, sagte der Vorsitzende der Jüdische Gemeinde, Oded Horowitz. Und der Gemeinde-Direktor Michael Rubinstein kritisierte, dass die Politik ihre Zusage nach dem versuchten Massenmord in Halle nicht eingehalten habe, jüdische Einrichtungen besser zu schützen. „Inzwischen müssen wir zu unserem großen Bedauern feststellen, dass es überwiegend bei Ankündigungen geblieben ist“, so Rubinstein.

tod eines häftlings

Mitte Dezember 2020 starb ein Untersuchungshäftling im Haftkrankenhaus Fröndenberg (Kreis Unna). Klaus S. hatte in den Wochen zuvor in der Justizvollzugsanstalt Aachen die Nahrung verweigert, magerte immer stärker ab und kam daraufhin in das Hospital. Dort konnten die Mediziner*innen dem 67-Jährigen jedoch nicht mehr helfen. Eine Zwangsernährung hatte die JVA-Leitung vorher geprüft, aber verworfen. Zur Begründung führte sie eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an, wonach Menschen, die im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind, das Recht haben, sich zu Tode zu hungern. Ob der Mann allerdings wirklich bei klarem Verstand war, steht sehr in Frage. Der ehemalige Diplom-Ingenieur nahm nämlich nichts mehr zu sich, weil er das Essen für vergiftet hielt. Zudem glaubte der Inhaftierte, der Teufel hätte die Macht über ihn ergriffen. Der Rechtsanwalt des Senioren kritisierte das Verhalten der Verantwortlichen dann auch scharf: „Aus meiner Sicht hat der Strafvollzug hier vollkommen versagt. Mein Mandat hätte in eine Psychiatrie gehört.“ Der Rentner saß ein, weil er im Verdacht stand, seine Frau getötet zu haben. Während des Prozesses hatten Gutachter*innen ihm eine schwere Depression attestiert. Von dieser Diagnose wusste aber die JVA Aachen wundersamerweise nichts. Deshalb beschränkte sich die medizinische Betreuung von Klaus S. im Gefängnis auf einen einzigen Termin bei einer Psychiaterin kurz vor der Krankenhaus-Einweisung. Anfang Juli beschäftigte sich der Rechtsausschuss des Landtags auf Antrag der Opposition mit der Causa. Der SPD-Landespolitiker Sven Wolf zog im Vorfeld Parallelen zum Tod von Amed Ahmad, der – widerrechtlich inhaftiert – 2018 in einer Zelle der JVA Kleve verbrannte (TERZ berichtete mehrfach). Dabei kritisierte der Sozialdemokrat Justizminister Peter Biesenbach (CDU) scharf. „Jetzt erneut ein tragischer Fall in der Verantwortung des Justizministers. Und wieder arbeitet der Minister mit den Mitteln der Intransparenz, um von dem Fall abzulenken“, so Wolf. Auch nach der Ausschuss-Sitzung blieben für SPD und Bündnis 90/Die Grünen noch viele Fragen offen. „Unter Aufsicht zu Tode gehungert – Der Häftling, den der Staat sterben ließ“, so überschrieb der „Kölner Stadt-Anzeiger“ seinen Artikel zum Thema.