TERZ 07/08.21 – MUSIC
Record Store Day und der alljährliche Sammler*innenwahnsinn.
Alle hassen ihn und motzen drüber, aber hingehen tut mensch dann trotzdem. Der Record Store Day, erfunden von der Industrie, um einem*einer das Geld aus der Tasche zu ziehen. Es zwingt uns aber auch niemand, teilzunehmen. Aufgeteilt ist der Record Store Day (RSD) dieses Jahr wegen Corona auf zwei Batches am 12.06. und 17.07.21. Einen guten Monat vorher habe ich mich durch die Liste gearbeitet und Ralf von Hitsville dann meine Wünsche zugemailt, das meiste hat auch geklappt. Here we go: was gab es denn so im Juni 2021 Schönes?
Von Wire zum Beispiel einen wunderschönen PF456 Deluxe Repress, als Doppel 10“ und extra 7“ im Hardcover-Buch. Mit Lyrics, Liner Notes und Fotos. Musikalisch sind Aufnahmen enthalten unter anderem von der Twelve Times You 7“ Single, der Read & Burn 01 CD EP, der Read & Burn 02 CD EP, dem Send CD Album und dem PF456 Redux 12" Vinyl Album. Alle Aufnahmen sind zwischen 2000 und 2003 entstanden, also nach der Wire-Phase und dem Ausstieg von Robert Grey 1991 (Schwamm drüber). Die Aufnahmen zeigen warum Wire immer noch eine der wichtigsten sowie besten (Post)Punk Bands seit 1976 und auch in Würde gealtert ist. Was man von vielen 77-Combos ja leider nicht behaupten kann. Ich erinnere mich an einen Samstagmorgen in 2003, als ich nach der Nachtschicht wach werde und „In The Art Of Stopping“, aufgelegt von Kathinka Cave, durch die Wohnung dröhnt. Wirklich großartige Songs. Herausgekommen auf Pinkflag, dem hauseigenem Wire Label.
Weiter geht es mit Mogwai, zum RSD 2021 kann endlich das ZeroZeroZero (A Mogwai Soundtrack) Album als Doppel LP raus. 2020 Aufgrund der Corona Pandemie bislang nur im digitalen Format erhältlich, gab es dann Mogwai zum RSD dann auch auf weißem Vinyl. ZeroZeroZero ist eine Italienische Krimi-Serie, in der es um Drogenschmuggel geht. Selber gesehen habe ich Serie noch nicht - kennt die eine oder einer von Euch? Lohnt die sich? Der Soundtrack selbst beinhaltet das, was man von Mogwai erwartet, Post Rock von den Urvätern des Genres. Und das Mogwai gute Soundtracks können, haben sie ja bereits unter anderem bei „Before The Flood“, „Atomic“, „Les Revenants“ und vielen mehr bewiesen. Rausgekommen ist der Original Soundtrack auf Rock Action Records, dem Mogwai Hauslabel. Und das neue Album „ As The Love Continues“, auch von 2020, lohnt sich ebenfalls, so nebenbei gesagt.
Auf meiner Want-List standen aber auch zwei Live Alben. Die Fontaines D.C. aus Dublin, Irland mit Live At Kilmainham Gaol und Shame aus London mit Live In The Flesh. Beide Alben in grandioser Aufnahmequalität, beides UK Bands der neuen Schule. Fontaines D.C. im Gatefold Cover mit bedruckter Innenhülle und Poster sowie Songs von den beiden Studioalben „Dorgel“ und „A Heros Death“. 10 an der Hand veröffentlicht von „Partisan Records“. Shame dagegen mit nur 7 Stücken, im Standard Cover ohne bedruckte Innenhülle, kein Poster aber nicht weniger gut! Alle Shame Songs sind frühere Live Aufnahmen vom „Drunk Tank Pink“ Album, das Anfang des Jahres herausgekommen ist. Auf „Dead Oceans“ in schwarz-gelbem Vinyl. Und wie gesagt, beide Live Aufnahmen sind wirklich sehr gut und spiegeln den momentanen Zeitgeist der Britischen Post Punk-Szene wieder. Kilmainham Gaol in Dublin ist ein ehemaliges Gefängnis, heute ein Museum und fängt sehr gut die Atmosphäre des Live Gigs der Fontaines D.C. ein. Shame dagegen spielen im altehrwürdigen Electric Brixton in London. Musikalisch kann man beide Bands mit den Idles vergleichen, die ja im November 2018 eine großartige Abrissparty im zakk gefeiert haben. An den Kater kann ich mich noch heute erinnern.
The Who beglückten uns dann dieses Jahr mit dem Face Dances Album, seit mehreren Jahren werden ja The Who Alben zum RSD nachgepresst. Face Dances ist ebenfalls wieder, wie auch die anderen The Who RSD Veröffentlichungen, Half-Speed gemastert in den Abbey Road Studios und hat einen grandiosen Sound! Herausgekommen als Doppel LP, auf einer blauen und einer gelben LP, mit OBI-Band, also auch haptisch macht das ganze etwas her. Mal schauen was uns dann nächstes Jahr präsentiert wird.
Auch Bardo Pond waren wie jedes Jahr mit dabei. Dieses Mal mit zwei Alben, Vol.1 und Vol. 2. Vol. 1 kam in 2000 und Vol. 2 dann 2001 als Tour CD raus. Beide Aufnahmen sind aber schon von 1998 und wurden extra noch einmal für Vinyl remastert. Vol. 1 auf orangenem Vinyl und Vol. 2 auf transluzentem smoke-Vinyl. Wie beschreibt man Bardo Pond? Entdeckt habe ich die Bardo Pond vor Jahren in Köln bei a-musik, also eher schwere statt leichter Kost. Psychedelic Rock mit Noise, Space, Acid, Post-Rock Anteilen, gemischt mit Shoegazer? Ab und zu mit Gesang, öfter wird aber die Querflöte verwendet. Auf jeden Fall keine Sonntagmorgen-Musik. Schaut Euch mal das „Limerick“ Video von 1996 bei YouTube an. Oder „Cross Over“ von 2017, das ist geschmeidiger.
Da warten wir dann auf nächstes Jahr und hoffen das Vol. 3, 4, 5, 6, 7 auch noch veröffentlicht werden. „Fire Records“ werden uns bestimmt nicht verdursten lassen!
Geordert habe ich auch Girls In Synthesis (GIS), die auf „Harbinger Sound“ die Shift In State 12“ zum RSD herausgebracht haben. Harbringer Sound war auch das Label, welches die ersten Sleaford Mods Veröffentlichungen auf Vinyl herausgebracht hat, jetzt aber leider in Liquidation gegangen ist (Was auch immer das heißt, mehr habe ich dazu gerade auch nicht herausgekriegt). Die GIS 12“ ist somit das letzte Harbinger Release. Post Punk, Noise, der einen*eine am frühen Morgen wach macht, Anspieltipp: „Calm Waters“. „Grey in White Blob Vinyl“, bedruckte Innenhülle und Download Coupon. Bei Bardo Pond gibt es auch Download Coupons, will die jemand haben? Die Kompilation „Pre/Post: A Collection 2016-2018“ ist auch noch erhältlich, die „alten“ Singles sind jetzt schon unbezahlbar teuer und lohnen sich auf jeden Fall ebenfalls!
Von Nada Surf gab es das Cycle Through Companion Album zum „Never Not Together“ Album von 2020. Auf der A Seite sind drei neue Songs: Under The Linden Tree, Stories Going ‘Round und Between The Wars, die alle drei schon den Kauf rechtfertigen. Sowie vom 2020 Album Looking For You (Orchestral Version), So Much Love (Acoustic), Tanto Amor (So Much Love, Spanische Version), Tant D’Amour (So Much Love, Französische Version) und Just Wait (Extended Film Version), damit ist die LP auch für Sprachschüler*innen geeignet! Blaues Vinyl, Gatefold Cover und auch ein Download Coupon, den gebe ich auch ab. Ach ja, „City Slang“.
Jetzt geht es in die 1960er Jahre, genaugenommen in die Jahre 1966 bis 1968, da gab es The Creation, eine Garage Band aus UK. Zum RSD kam die Kompilation ...In Stereo heraus. 19 Songs als Doppel LP, Gatefold Cover, durchsichtiges Vinyl, bedruckte Innenhüllen mit vielen Liner Notes. Die Stereo Mixe sind von 2016, neu gemastert von „Alec Palao“. Alec arbeitet unter anderem auch bei „Ace Records“, einem sehr guten Reissue Label aus UK. Die Kompilation jetzt ist aber auf „Demon Records“ rausgekommen. Das Label kann ich auch empfehlen. Und die Kompilation ist sehr gut zusammengestellt, Instrumentals, Cover Versionen, UK vs. US Versionen und so weiter. Anspieltipp: „Can I Join Your Band“. Die Band hat sich wohl in den 90ern reformiert. (Für nähere Infos wäre ich dankbar!)
Deniz Tek And The Mortman, ja Deniz Tek von „Radio Birdman“, hat zum RSD auch eine neue Single rausgebracht. San Francisco Girls vs. Hot Smoke & Sassafras auf „Wild Honey Records“ Aufgenommen in Houstons legendären SugarHill Studios, ich sage nur 13th Floor Elevators, von Andy „Mort“ Bradley, der schon diverse andere Radio Birdman Veröffentlichungen produziert hat. Gewidmet ist die Single Kenny Cordray, der auch an der Produktion beteiligt war sowie Gitarre gespielt hat und plötzlich und überraschend nach den Aufnahmen verstorben ist. Das gesamte Line Up liest sich wie ein Who Is Who der Garage Rock Szene und das beiliegende Siebdruck Poster rechtfertigt den Kauf zusätzlich. Ja, ein Siebdruck Poster, knallig bunt im Cover Artwork. Gelbes Vinyl, limitiert auf 500 Kopien. Vom Poster gab es nur 80 Siebdrucke und da bin ich durch einen glücklichen Zufall rangekommen. Die sind verlost worden an die teilnehmenden Händler*innen.
Von Tom Petty, Gott hab in selig, kam zum RSD ein Repress des 1996 „She’s The One Soundtracks“ heraus. Was auch bei dem Preis des 1996 Originals wirklich Sinn macht. Angel Dream (Songs And Music From The Motion Picture „She’s The One“) hat vier extra Songs, dafür fehlen ein paar andere, eine bedruckte Innenhülle und ein schönes Cover: Tom mit Gitarre in der Hand in eine Prärie Landschaft reinmontiert. Hat schon etwas von Jesus. Ist aber auch egal, „Grew Up Fast“ jagt mir auch gute 25 Jahre später immer noch kalte Schauer über den Rücken. Remastert und neu abgemischt auf kobaltblauem Vinyl, auch wenn nicht wirklich limitiert bei 12.000 Kopien.
Und jetzt zu meiner RSD Entdeckung 2021, zwei Cover Einkäufe: von Bert Jansch das The Black Swan Album und das „Edge Of A Dream“ Album. Beide Alben wurden auf „Earth“ neu veröffentlicht. Das Black Schwan Cover in Silber gehalten, mit silbernem Vinyl und das Edge Of A Dream Album in goldenem Artwork mit goldenem Vinyl. Beide Cover haben mich sofort angesprochen und die Gastmusiker*innen taten dazu ihr übriges. Hope Sandoval, Makoto Sakamoto, Beth Orton und Devendra Banhart zum Beispiel. Musikalisch geht das Ganze zum Beispiel in Richtung Nick Drake und selbst Neil Young war wohl Fan seiner Gitarren-Arbeit. „War“, denn Bert ist 2011 an Krebs verstorben. Johnny Marr hat 2015 ein Gitarren Tribute-Video für Bert Jansch veröffentlicht, das findet man sehr leicht bei YouTube, schaut mal rein. Edge Of A Dream kam ursprünglich 2002 nur auf CD raus und dieses Jahr dann erstmalig auf Vinyl und The Black Swan zwar 2006 auch als LP, ist aber gesucht und rar, und da macht dann ein Repress auch Sinn. Ich finde beide LP‘s großartig. Bei beiden Alben sind auch Download Coupons dabei, die gebe ich ab! Meldet Euch bei Interesse, ich mache Fotos und maile Euch die dann zu.
So, das war es dann zum ersten RSD Batch, mal schauen was der Juli so bringt. Es sollen wohl endlich alle Sisters Of Mercy John Peel Sessions auf Vinyl veröffentlicht werden. Und noch mehr.
Grüße, The Oberbilker