TERZ 01.22 – MUSIC
Der Gabentisch ist prall gefüllt:
Weihnachtsgeschenke, Wintermusik und anderer Kleinscheiß.
Der erste Geschenktipp zu Weihnachten ist für den Düsseldorfer Kraut-Fan. Von Mood Taeg ist das neue Album Anaphora via Happy Robots in England veröffentlicht worden. Da die Band aber in Düsseldorf beheimatet ist, sollte das Album hier im gutsortierten Fachhandel erhältlich sein. Den Erstling Exophora habe ich in einer der letzten Ausgaben besprochen – das extra nochmal als Hinweis, das Cover Artwork der beiden Alben ist recht ähnlich, nicht dass es da zu Verwechslungen kommt. Hört euch „Diskonkordanz“ an und kauft Mood Taeg Alben!
Konrad Kraft aka Detlef Funder hat das Album Obtaal auf seinen eigenem Label Paraschall veröffentlicht. Paraschall ist das Unterlabel von Paraschall Studios, das heißt, dass Detlef Funder das Werk auch selber gemastert hat. Der Sound ist exquisit, Detlef Funder kann wirklich mit den Reglern umgehen! Obtaal ist ein hervorragendes Winteralbum, das Techno, Ambient und Neo-Klassik zu einem betäubenden Mix verarbeitet, der die kalten Abende in dieser Jahreszeit verkürzt. Das Album ist liebevoll in einem handgemachten Cover verpackt. Es gibt fünf verschiedene Art-Editionen, in jeweils 50er Auflage, die alle einzigartig aussehen. Jedes Cover ist für sich ein Kunstwerk, und ich war schon kurz davor, mir alle fünf davon ins Regal zu stellen. Die Aufnahmen selber sind von 2003 - 2004, erblicken aber erst jetzt das Licht der Welt. Konrad Kraft ist seit Mitte der 80er Jahre aktiv, 1987 erschien sein erstes Album Arctica als Kassette. Er war auch mit einem Track auf der Kompilation Sammlung: Elektronische Kassettenmusik, Düsseldorf 1982 - 1989 vertreten, die ich in einer der letzten Ausgaben besprochen habe. Stefan Schneider, der das Label TAL betreibt, hat mir verraten, dass er im nächsten Jahr ein Album mit aktuellen Aufnahmen von Konrad Kraft veröffentlichen wird. Da freu ick mir doch! Die Doppel-LP ist ein Pflichtkauf für den oder die Freund*in elektronischer Musik!
In den Startlöchern stehen auch Oiro, 100blumen und die Joseph Boys mit neuen Alben für 2022. Da die Presswerke komplett überlastet sind, ist da die Frage, wann die Werke auf Vinyl veröffentlicht werden. Darum wird Oiro das neue Album Coole Narben in einer 100er Auflage vorab auf Raccoone Records veröffentlichen. VÖ ist für den Januar geplant, ich hoffe, das Tape schon in der Februar-Ausgabe besprechen zu können.
Van Bloomen aka Marci van Blumen hat ebenfalls ein neues Tape herausgebracht, drei Synthwave-Techno-Granaten, die zum nicht mehr vorhandenen Clubbing in der Nacht einladen. Eigentlich sollten Van Bloomen dieser Tage im Ratinger Hof spielen und das Tape dort unters Volk bringen, aber dank Omikron ist dieser Gig dann auch ausgefallen. Zu dem Titeltrack „Time Is Running Slow“ und zu „Creepy Guy“ gibt es schon zwei schöne Videos bei YouTube, viel Spaß beim Anschauen. Das Tape gibt es über die Van Bloomen Bandcamp Seite und digital könnt ihr euch die Files über das Label Pro Noize zulegen. Unterstützt lokale Bands!
Die Doom-Metal-, Post-Punk-, Industrial-, Shoegaze-Band Anatomy Of Habit aus Chicago stand vor dem gleichen Problem wie Oiro, 100blumen oder die Joseph Boys. Durch die Überlastung der Presswerke verschieben sich Vinyl-Veröffentlichungen immer weiter nach hinten. Deshalb hat die US-Band ihr drittes Album Even If It Takes A Lifetime als Tape selbst veröffentlicht. Ausgefeilte Gitarrenriffs sowie der Einsatz von Metal-Percussion, Vibraphone und Analog-Synth, Drums, Bass, Piano und Keyboard mit dem tragenden Gesang von Mark Solotroff verbinden sich zu einem schleppenden doch brachialen Sound. Das Tape gibt es via Bandcamp, dort könnt ihr in die Files reinhören. Es steht dann auch schon das vierte Album Black Openings in der Pipeline, da ist der VÖ-Termin aber noch unbekannt. Und ob das Vinyl wie das 2014er Album Ciphers + Axioms auch auf Relapse Records erscheinen wird, habe ich noch nicht herausbekommen. Da alle drei Songs ultralang sind, gibt es hier keinen Anspieltipp.
Wo wir gerade bei Relapse Records sind: Monolord aus Schweden haben ihr fünftes Album No Time To Shine diesen Herbst veröffentlich. Wie gehabt gibt es Doom/Sludge-Metal mit Stoner-Rock-Anleihen, für den Black Sabbath unbedingt empfehlenswert. Dass euch keine fröhliche Musik erwartet, macht das Cover deutlich, schaut es euch am besten selbst an. Und hört euch mal „To Each Their Own“ bei Bandcamp an. Mich hat die Band auf jeden Fall wieder gepackt. Erhältlich in diversen Vinylfarben, Standard-LP mit Textblatt.
Zum Schluss kommen wir zu einem Winter-Album der besonderen Art. Winter Tales ist herausgekommen auf Deutsche Grammophon, und das alleine ist schon ein Qualitätssiegel. Neo-Klassik und Ambient von unter anderem: Roger & Brian Eno, Ane Brun, Víkingur Ólafsson, Peter Gregson, Hania Rani und weiteren Künstler*innen der Gegenwartsmusik – ein Weihnachts-Album, das uns nicht zum hundertsten Mal „Jingle Bells“ oder „Sti-hille Nacht“ um die Ohren haut. Es werden hier 12 Musikstücke präsentiert, die Weihnachten oder Chanukka neu interpretieren und wirklich ansprechend sind und den Winter nicht mehr so grau erscheinen lassen. Die Umdrehungszahl von 45 RPM statt 33 RPM trägt ungemein zur Dynamik und Klangqualität bei. Ein Album aus einem Guss, veröffentlicht in einem stimmungsvollen Klapp-Cover.
Euch allen dann schöne Weihnachten, egal ob ihr feiert oder nicht, einen guten Rutsch in das Jahr 2022 und bleibt gesund und Corona-frei! Wir sehen uns im nächsten Jahr …
Euer Oberbilker