FAU Düsseldorf: Anarchosyndikalist*innen on Tour

Ein Blick zurück nach vorne

Die Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften (FVdG) war während des ersten Weltkrieges einer umfassenden Repression und zahlreichen Verboten ausgesetzt. Mit dem Zusammenbruch des Kaiserreiches schlossen sich die nun wieder legalisierten Gewerkschaften der FVdG mit mehreren der gerade erst entstandenen Arbeiter Unionen zur Freien Arbeiter Union Deutschlands / Syndikalisten zusammen. Kurz darauf vertrieb im März 1920 ein Putsch die Regierung aus Berlin. Die Arbeiter*innen reagierten darauf mit einem Generalstreik, der im Ruhrgebiet zu einer Revolution führte, die nach vier Wochen aus einem Bündnis von SPD, Reichswehr und Freikorps (genau die, die gerade eben noch gegen die Regierung geputscht hatten!) niedergeschlagen wurde. Der Zeitpunkt für eine anarchosyndikalistische Organisierung war trotz allem günstig, denn gerade radikale Arbeiter*innen suchten eine Alternative zu SPD, USPD und KPD. Sie wandten sich einem eigenständigen Strang der Arbeiter*innenbewegung zu, dessen Wurzeln in Deutschland bis ins 19.Jahrhundert zurückreichen[1].

Hochburgen der FAUD/Anarchosyndikalisten (AS) lagen unter anderem im Ruhrgebiet und im Rheinland. Mit „Die Schöpfung“ aus Düsseldorf verfügten sie über eine eigene Tageszeitung(!)[2] für das Rheinland und eine Wochenzeitung („Der Syndikalist“), über Jugendgruppen, Frauenverbände und eigene Siedlungsprojekte (in Düsseldorf zum Beispiel die „Freie Erde“). Die anarchosyndikalistisch organisierten Arbeiter*innen lehnten die Trennung wirtschaftlicher, kultureller und politischer Kämpfe ab und fordern stattdessen den Kampf ums Ganze. Alle Teile des Lebens sollten selbstverwaltet sein. Die Anarchosyndikalist*innen verstanden sich dabei sowohl als ökonomische Kampforganisation wie auch als radikale Kulturbewegung. Auf ihrem Höhepunkt organisierten sich rund 150.000 Mitglieder in der FAUD/AS[3].

Bis zur Selbstauflösung 1933[4], kurz vor der Machtübergabe an die Nazis, lagen die Schwerpunkte der FAUD/AS neben den Arbeitskämpfen (in Düsseldorf sind hier besonders die Fliesenleger zu erwähnen) vor allem auf der Gründung und Festigung der Internationalen Arbeiter*innen Assoziation[5] dem Aufbau der Syndikalistischen Frauenbünde, der Jugendgruppen und der zahlreichen Kultur und Gesundheitsorganisationen. Natürlich war ein weiterer Schwerpunkt die Analyse und Warnung vor dem Faschismus[6]: zuerst vor allem in Bezug auf den italienischen Faschismus, mit Gründung der NSDAP wurde vor allem diese betrachtet.

Während des Faschismus war Düsseldorf ein wichtiges Drehkreuz für Flüchtlinge und Schmuggelware, etwa fürZeitungen aus dem Ausland und Berichte über die Zustände in Deutschland. Mit der Gruppe DAS entstand eine Auslandsorganisation der FAUD deren Mitglieder aktiv an den Ereignissen 1936 in Spanien teilnahmen. Andere FAUD-Mitglieder organisierten sich in Polen und spielten eine wichtige Rolle im Warschauer Aufstand. In ganz Deutschland wurden hunderte Mitglieder verschleppt, inhaftiert und ermordet.

Nach dem Krieg reorganisierten sich einige Überlebende in der Föderation Freiheitlicher Sozialisten. Aber erst im Jahr 1977 wurde in der BRD die bis heute bestehende Nachfolgeorganisation gegründet: die Freie Arbeiter*innen Union (FAU).

FAUD on Tour

Von März bis Juli wollen wir uns auf insgesamt fünf Radtouren zusammen mit Euch auf Spurensuche begeben. Jede Tour widmet sich einem eigenen Schwerpunkt. Die erste Tour widmen wir den revolutionären Ereignissen von 1920. Sie führt uns vom Stadtzentrum in Duisburg über Walsum, Dinslaken, Hünxe und Krudenburg nach Wesel. Die Touren im April, Mai und Juni finden allesamt in Düsseldorf statt (Start und Endpunkt ist jeweils das FAUD-Lokal V6 in Unterbilk). Während wir im April und Juni gleich mehrere Themen ansprechen (zum Beispiel die syndikalistischen Frauenbünde, die Siedlung Freie Erde, die FAUD als Kulturbewegung u.v.a.m.) konzentrieren wir uns am 8. Mai auf den anarchosyndikalistischen Widerstand gegen die Nazis.

Unsere letzte Tour führt uns noch einmal nach Duisburg. Dort werden wir, wie vorher in Düsseldorf, an ausgewählte Orte mit Bezug zur alten FAUD/AS fahren und in mehreren kurzen Vorträgen über die Geschichte, die Kämpfe und die Ideen der Anarchosydikalist*innen berichten.

Alle Touren sind so angelegt, dass sie auch von Anfänger*innen gut bewältigt werden können. Die Teilnahme ist grundsätzlich kostenlos – Spenden sind uns aber natürlich immer sehr willkommen.

FAU Düsseldorf

Alle Infos:
https://duesseldorf.fau.org/termine/srrw/

FAU-Radtouren

Alle Touren sind für Anfänger*innen geeignet!

Tour 1: Märzrevolution
Sa., 19.03., Start: 10h, Duisburg HBF
Von Duisburg über Walsum, Dinslaken, Hünxe und Krudenburg nach Wesel auf den Spuren der revolutionären Ereignissen von 1920.

Tour 2: Die FAUD
Sa., 23.04., Start- und Endpunkt: FAUD, Lokal V6, Volmerswerther Str. 6, Düsseldorf
Heute geht es unter anderem um die Siedlung Freie Erde und die FAUD als Kulturbewegung.

Tour 3: Anarchosyndikalistischer Widerstand
So., 08.05., Start- und Endpunkt: FAUD, Lokal V6, Volmerswerther Str. 6, Düsseldorf
Auf den Spuren des anarchosyndikalistischen Widerstand gegen die Nazis.

Weitere Touren im Juni und Juli!

[1]  Im Jahr 1897 gründeten die sogenannten Lokalisten die Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften (FVDG). Ihr Ziel war es, die Basis der Arbeiterschaft gegenüber den zentralistischen Gewerkschaftsorganisationen zu stärken und sie vor der Vereinnahmung durch die Sozialdemokraten zu schützen. 1919 benannte sich die FVDG in FAUD um.
[2]  Später als Wochenzeitung – u.a. auch ein wichtiges Presseorgan für die Syndikalistischen Frauenbünde.
[3]  Das war 1921. Danach verliert die FAUD/AS Mitglieder, bis 1933 der fünfstellige Mitgliederstand von 1918 wieder erreicht war.
[4]  Zu diesem Schritt entschloss sich die FAUD/AS um so möglichst viele Strukturen und Mittel in den Untergrund retten zu können. In Düsseldorf verfügten die FAUD so zum Beispiel über eine eigenen Untergrunddruckerei. Desweiteren wurden Fluchtwege angelegt und Schmuggelrouten bestimmt, um Informationen hinein und hinaus schmuggeln zu können.
[5]  Das „*innen“ kam erst in den 1990er/2000er Jahren dazu. Als die im Dezember IAA 1922 gegründet wurde, hieß sie Internationale Arbeiter Assoziation.
[6]  Alle frühen Appelle an die Arbeiter*innenschaft, die sich auf den Faschismus und besonders auf geeignete Gegenmaßnahmen (wie den Generalstreik) bezogen, verhallten ergebnislos… Ausnahmen bildeten lokale Kartelle antiautoritärer Gruppen.