Protest gegen Rheinmetall

Das mörderische Geschäft bleibt nicht ohne Kritik

Etwa 80 Personen hatten sich am 10. Mai vor der Konzernzentrale von Rheinmetall in Düsseldorf-Derendorf eingefunden. Aufgerufen hatte ein breites Bündnis vor allem friedenspolitischer Gruppen sowie die Düsseldorfer Gruppe AKKUSTAN (Antifaschistische Koordination Kurdistan Düsseldorf). Anlass war die Aktionärsversammlung von Rheinmetall, die erneut nur online stattfand. 142,9 Millionen Euro sollten an die Aktionär*innen ausgeschüttet werden.

Als am 24. Februar Russland die Ukraine angriff, knallten bei Rheinmetall die Champagnerkorken, denn Krieg ist gut fürs mörderische Geschäft. Nur drei Tage nach dem Einmarsch verkündete der Bundeskanzler ein 100 Milliarden Euro schweres Aufbauprogramm für die Bundeswehr und erneut knallten die Champagnerkorken, denn es ist klar, dass vor allem der größte Rüstungskonzern in Deutschland, Rheinmetall, davon profitieren wird. Und prompt kündigte Rheinmetallchef Pappberger an, davon mindestens 42 Milliarden abzusahnen. Und wieder knallten die Champagnerkorken. Der Aktienkurs von Rheinmetall schoss in ungeahnte Höhen. Zwischenzeitlich hatte er einen Stand von über 222 Euro verzeichnet, nachdem er am 1.Januar noch bei knapp über 86 Euro lag.

Insofern freuten sich nicht nur das Manager*innen von Rheinmetall, sondern vor allem die Aktionär*innen, die gar nicht genug Krieg haben können. Mittlerweile wird darüber debattiert, ob Rheinmetall nicht in die erste Börsenliga aufsteigen soll, den DAX.

War die Rüstungsindustrie in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit nicht besonders beliebt und musste sich immer wieder für ihr Mordgeschäft rechtfertigen, schwebt sie gerade auf einer Welle der Akzeptanz. Es wird die schwierige Aufgabe von Antimilitarist*innen sein, diese Fassade von Rheinmetall und anderen zu demaskieren. Es geht ihnen nicht um die Menschen oder die Durchsetzung von Menschenrechten, es geht knallhart ums Geschäft. Das zeigt die Ausfuhr von Waffen bzw. die militärische Kooperation mit Despotenstaaten wie z. B. Saudi-Arabien, Ägypten oder der Türkei.

Gerade am Beispiel der Türkei wird die Heuchelei der deutschen Bundesregierung deutlich. Denn nicht nur in der Ukraine herrscht Krieg, sondern u. a. auch in Kurdistan. Immer wieder greift die Türkei Gebiete von Rojava – dem kurdischen Gebiet in Nord-Syrien – an, auch mit deutschen Waffen bzw. Waffenkomponenten. So stammen z.B. wesentliche Teile von Killerdrohnen, die gezielt Menschen umbringen, aus deutscher Produktion.

Völkerrechtswidrig hat die Türkei mehrere Gebiete besetzt und will Rojava vernichten. Jeden Tag wird das Gebiet angegriffen, werden Menschen verletzt und getötet. Eine neue Invasion wird vorbereitet. Doch die deutsche Bundesregierung, die doch jetzt eine „feministische“ Außenpolitik propagiert, schweigt dazu. Sie müsste nämlich anerkennen, dass Erdoğan ein ebensolcher Kriegsverbrecher ist wie Putin, nur dass die Türkei in der NATO ist. Ebenso schweigt die Bundesregierung zu den Angriffen des türkischen Militärs im Irak. Dort greift sie Stellungen der PKK an, die in Deutschland immer noch als Terrorgruppe diffamiert und kriminalisiert wird. Aber nicht nur die PKK-Stellungen werden angegriffen, sondern auch zivile Gebiete, um die dort Lebenden zu vertreiben. Das im Irak offenbar auch Giftgas durch das türkische Militär eingesetzt wird, interessiert das grüne Außenministerium nicht. Auch wird die Forderung von kurdischen Organisationen nicht unterstützt, ein internationales Expert*innen-Team zu schicken, um die Vorwürfe zu untersuchen. Selbst der wissenschaftliche Dienst des Bundestages, der nicht im Verdacht steht, auf der Seite der Kurd*innen zu sein, stellte in der Vergangenheit fest: Mit dem Völkerrecht sind Erdoğans Militärattacken gegen die Kurd*innen nicht vereinbar.

AKKUSTAN in ihrer Rede dazu: „Im Gegenteil: der türkische Präsident präsentiert sich im Krieg Russlands gegen die Ukraine als vermeintlicher Friedensstifter. Die NATO steht zusammen gegen Russland, der gemeinsame Feind lässt die Angriffe im Nachbarland mal wieder vergessen. Ebenso wie die Inhaftierung politischer Gegner*innen, von Journalist*innen oder die täglich anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in der Türkei für die NATO keine Rolle zu spielen scheinen.

Angesichts des Krieges in der Ukraine sieht es einmal mehr so aus, dass die Stabilität der Beziehungen zur Türkei mehr wiegt als die Einhaltung von Völkerrecht und der Schutz der Menschen in der Region, die dem türkischen Angriff schutzlos ausgeliefert sind.“

Was sichtbar wird, ist eine Heuchelei, die Politik unterschiedlich betrachtet. Und in dieser Hinsicht unterscheidet sich die neue Bundesregierung nicht von der alten.

Grotesk wird es, wenn Rheinmetall – schon vor dem Krieg gegen die Ukraine – Bemühungen startet, sich als nachhaltig klassifizieren zu lassen. Erst vor kurzem bekräftigte Rheinmetall-Chef Pappberger in einem Interview im Focus sein Bemühen darum: „Dabei tun wir wahnsinnig viel, um in allen Bereichen noch nachhaltiger zu werden. Bis 2035 werden wir zum Beispiel CO2-neutral sein, weil das auch unser Großkunde Bundeswehr als Ziel hat.“

Nachhaltig Krieg führen?

Papperger: „Das mag verrückt klingen, aber wir bauen vielerorts auf der Welt auch große Solarparks. Selbst unsere Radpanzer wird es bald als Hybrid geben. Nur im Kriegsfall würde dann noch ein Diesel zum Einsatz kommen. ESG ist für uns sehr wichtig.“ (ESG= Umwelt (Environment), Soziales und gute Regierungsführung (Governance))

Man könnte diese Passage als Realsatire abtun, aber genau so sieht grüner Kapitalismus aus. Ein Rüstungsunternehmen soll als nachhaltig bewertet werden, um neue Investmentsfonds bedienen zu können. Dabei ist Krieg so ziemlich das zerstörerischste Mittel des Kapitalismus.

Ebenso als Realsatire könnte man das Agieren der Stadt Düsseldorf ansehen, wenn es nicht im wahrsten Sinnen des Wortes blutiger Ernst wäre. Hierzu AKKUSTAN: „Heuchlerisch auch die Stadt Düsseldorf. Schon vor dem Angriffskrieg in der Ukraine hat die 100-prozentige städtische Tochtergesellschaft „D. Live GmbH & Co. KG“ unter dem Label „Sportstadt Düsseldorf“ einen Sponsor-Deal mit Rheinmetall geschlossen. Einen SPONSOR-Deal! Rheinmetall will in Sporthallen Werbung am Spielfeldrand machen. Geplant ist dies für die Düsseldorfer Handballer*innen und die Capitol Bascats. Ob diese das Sponsoring annehmen, können sie natürlich selbst entscheiden.

„Der entscheidende Treffer wurde Ihnen präsentiert von Rheinmetall!“ Ernsthaft? Ein Unternehmen, das seinen Umsatz und Gewinn daraus zieht, wenn Menschen Menschen umbringen, will sich als gütiger Spender im Sport engagieren? Militarismus als Normalzustand?“

Düsseldorfer Antimilitarist*innen