Vision Zero - Demnächst Null Verkehrstote in Düsseldorf?

2021 kamen 15 Menschen im Düsseldorfer Verkehr ums Leben. Und mit dem Schulbeginn 2022 sind innerhalb weniger Tage drei Mal Schulkinder, die sich an grünen Ampeln regelkonform verhalten haben, von einem Auto angefahren und verletzt worden. Zwei Mal fuhren die Täter*innen sogar weiter, ohne sich um die verletzten Kinder zu kümmern. Das Verkehrssystem muss stärker die Bedürfnisse ungeschützter Verkehrsteilnehmer*innen wie Zufußgehende und Radfahrende berücksichtigen. Dafür braucht es eine Gesamtstrategie, um auch präventiv Verkehrssicherheit herzustellen. Vision Zero ist ein Verkehrskonzept für Null Tote im Straßenverkehr, das in den 1990er Jahre von der schwedischen Straßenverkehrsbehörde entwickelt wurde. Vision Zero steht für einen Paradigmenwechsel in der Verkehrssicherheitsarbeit und für ein umfassendes Handlungskonzept, das in den Niederlanden, in der Schweiz und Finnland aufgegriffen wurde. In diesem Sinne stellt die Ratsfraktion der Linken einen Antrag, die Verwaltung zu beauftragen, ein konkretes und verbindliches Vision-Zero-Verkehrssicherheitskonzept für Düsseldorf zu erstellen und zur Beratung- und Beschlussfassung vorzulegen. Trotz Unterstützung von der SPD scheiterte dieser Antrag an der Ratsmehrheit von Grünen und CDU: Vision Zero, sicherlich, nice to have - aber dafür Geld ausgeben und Verbindlichkeit schaffen? Bei der Begründung ihrer Ablehnung hat die CDU eine ganz andere gefährdete Gruppe für sich entdeckt: die Fußgänger*innen. Und sie kennt auch die Gefährder*innen: die Radfahrer*innen. ³ foto/text (papon)

Gegen horrende Steigerung bei Grundnahrungsmitteln

Das Netzwerk „Tasche Leer - Schnauze Voll“ plant jeden Monat zum 15. eine Aktion, mit der Sozialproteste von Links auf die Straße getragen werden sollen. Im Fokus der Aktion am 15. Dezember werden die exorbitanten Preissteigerungen für Grundnahrungsmittel stehen. Zum Austausch über die geplanten Aktionen gibt es eine offene Telegram-Gruppe mit stark steigenden Teilnehmer*innenzahlen - mittlerweile folgen über dreihundert. Hier kann mensch sich kurzfristig über den Stand der Planungen für den 15. Dezember und Möglichkeiten der Teilnahme und Unterstützung informieren. Offen für alle ist auch das zweiwöchentliche Treffen des Aktionsbündnisses montag­abends um 19.00 Uhr im zakk. Das nächste Treffen ist am 12.Dezember, also kurz vor der geplanten Aktion. ³ foto/text (papon)

Wandkalender „Wir sind die Moorsoldaten“ der VVN-BdA Düsseldorf erschienen

Für das Jahr 2023 hat die VVN-BdA Düsseldorf einen Wandkalender über die Düsseldorfer „Moorsoldaten“ erstellt. Damit erinnert die VVN-BdA an die KZ-Häftlinge, die vor 90 Jahren aus den Gefängnissen in die neu errichteten Emslandlager Börgermoor, Esterwegen und Neusustrum verschleppt wurden. In dieser unwirtlichen Gegend wurden die Häftlinge auf das Furchtbarste schikaniert und mussten täglich bei völlig unzureichender Ernährung und Bekleidung, nur mit Spaten ausgerüstet, das Moor urbar machen. Die ersten 90 Häftlinge aus dem Raum Düsseldorf mussten schon ab Juni 1933 die Barackenlager aufbauen. Ab Sommer 1933 waren 2.000 meist politische Häftlinge aus dem Düsseldorfer Regierungsbezirk der Willkür und Brutalität der SS völlig schutzlos ausgeliefert. Unzählige von ihnen kamen dabei zu Tode. Insgesamt 200 Düsseldorfer „Moorsoldaten“ wurden im Emsland gequält. Stellvertretend werden in diesem Kalender zwölf von ihnen vorgestellt. Unter ihnen einer der Verfasser des „Moorsoldatenliedes“, Wolfgang Langhoff, und der spätere Düsseldorfer Kulturdezernent Hanns Kralik. 2023 jährt sich zum 90. Mal die Machtübertragung an Adolf Hitler. Im Kalendarium werden die Schritte zur Etablierung der faschistischen Gewaltherrschaft im Jahr 1933 festgehalten. Ergänzt wird diese Chronologie durch die speziellen Ereignisse in Düsseldorf. Der Kalender, der sich bestens als Geschenk für Antifaschist*innen zum Jahreswechsel eignet, ist gegen eine Spende von mindestens 5,- Euro bei der Düsseldorfer VVN-BdA zu beziehen.
Bestellungen per Mail über: info[at]vvn-duesseldorf[dot]de .

NSP den Tag versauen

Das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer” ruft zu Protesten gegen die neue militante neonazistische Kleinstpartei NSP auf. Am Samstag, dem 10. Dezember 2022 will die sogenannte „Neue Stärke Partei“ (NSP) im Rahmen ihrer „Kampfkultur“-Kampagne auch in Düsseldorf aufmarschieren. Das Motto lautet: „Damals wie heute – Kampfkultur – ein Ringen um unsere Heimat!“ Die 2021 aus dem 2015 gegründeten Verein „Volksgemeinschaft Erfurt e. V.“ entstandene Partei versucht seit Anfang 2022, ihren Wirkungskreis über Thüringen hinaus auszudehnen und sich als attraktive Alternative zu anderen extrem rechten Formationen zu präsentieren. Wir sollten den Nazis in Düsseldorf so richtig den Tag versauen. Achtet daher auf weitere Ankündigungen im Internet, wann und wo das Bündnis sich treffen wird. Haltet euch den Termin frei, ladet eure Freund*innen ein und kommt mit uns auf die Straße.
Weitere Infos zur NSP unter: https://linkes-zentrum.de/lz/index.php/list/view/317

Spuk im Märchenwald

Am 02.11.2022 ist Carlo Clemens aus Bergisch-Gladbach, AfD-Abgeordneter im Landtag von Nordrhein-Westfalen, als „MdL“ seiner Immunität verlustig gegangen. Wie dpa meldete und wie es weithin in der Presselandschaft aufgegriffen wurde, hat die Staatsanwaltschaft Kassel deren Aufhebung beantragt. Auslöser wird ein Strafermittlungsverfahren gegen den vormaligen Bundesvorsitzenden der Jungen Alternative (JA) und Ratsherrn Clemens sein. Warum der AfDler ein Verfahren in Hessen hat? Nun, er sitzt zwar für den Wahlkreis „Rheinisch-Bergischer Kreis II“ im Düsseldorfer Landtag, sein Engagement für eines seiner Lieblingsthemen – „Heimat“ – scheint aber grenzenlos. Jetzt ermitteln die Kasseler Staatsanwält*innen wohl gegen Clemens, weil er im März 2022 im hessischen Reinhardswald eine unangemeldete politische Versammlung unter freiem Himmel angeführt haben soll – genauer: eine Art Wanderung durch nebelumwaberte, laubüberdeckte Pfade inklusive Protestmanifestation und Videodreh zur Rettung des sogenannten „Märchenwaldes“. Der Look des Videos ähnelt dem Stil der Identitären Bewegung, seine Kulisse für den Film gewordenen Volksmythos „Heimat Deutscher Wald“: Die Sababurg. Sie wird stets mit den Grimmschen Märchen in Verbindung gebracht – wie deutsch kann ein Ort sein? Die AfD-Kampagne richtet sich gegen den Bau eines Windparks. Die Rechtsaußenpartei scheint Naturschutz als Thema zu nutzen, um auf Mitnahme-Effekte im Kontext lokalen Bürger*innen-Engagements zu setzen. Eine hr-Dokumentation zeigte Anfang November 2022 schließlich, dass es bei den Protesten gegen die Windkraftanlage im „Märchenwald“ allerdings nicht (nur) um Naturschutz, sondern vor allem um politische Interessen, Fake News und Desinformationsstrategien von Bauernfänger*innen geht. Die AfD ist nicht explizit genannt. Es wird indes spannend bleiben, ob Clemens als Landtagsabgeordneter von den Kasseler Staatsanwält*innen zur Rechenschaft gezogen wird.

Kommt die Kultur durch den Winter?

Wie kommt die Kunst durch den Winter? Zu diesem Thema hatte der Rat der Künste Düsseldorf am 2. November Vertreter*innen von Politik und Verwaltung ins FFT geladen. Erschienen waren unter anderem die frischgebackene Leiterin des Kulturamts, Angelique Tracik, und Bürgermeisterin Clara Gerlach. Die Kulturamtsleiterin betonte in ihrem halbstündigen, eher ermüdenden Referat immer wieder die Einheit der Künste, während Christoph Westermeier vom Rat der Künste, selbst bildender Künstler, es auf den Punkt bringt: Die finanziellen und sozialen Herausforderungen, denen Künstler*innen sich in diesem krisenhaften Winter nach den Coronajahren stellen müssen, sind doch sehr unterschiedlich.
Da sind einerseits die etablierten städtischen Häuser wie Oper, Tonhalle oder Schauspielhaus, die größeren Vertreter der freien Szene wie das FFT, das Tanzhaus oder das Zakk, die finanziell einigermaßen so etwas wie Planungssicherheit haben. Dagegen müssen sich Künstler*innen, Musiker*innen, Tänzer*innen, Maler*innen, Autor*innen oder Fotograf*innen der freien Szene mit viel Improvisation und meist ohne Unterstützung oft auf eigene Faust durchschlagen.
Ob angesichts sinkender Kulturetats das Düsseldorfer Leuchtturmprojekt Opernhausneubau noch zeitgemäß sei, wird aus dem Publikum gefragt. Dass ein Neubau her muss, steht für Grünen-Bürgermeisterin Clara Gerlach ganz außer Frage. Dabei wissen wir ja von Elbphilharmonie, vom Kölner Schauspielhaus und vom Humboldtforum, dass das für die Oper angesetzte Neubaubudget von 750 Millionen sicherlich mit einem Faktor X zu multiplizieren sein dürfte.
Und im Gegensatz zum letzten Leuchtturmprojekt Wehrhahnlinie ist heute auch in Düsseldorf das Geld knapp und die Gefahr groß, dass sich die Stadt an der Neuen Oper verhebt. Wäre es da nicht doch sinnvoller, die bestehende Oper zu sanieren? Und stattdessen in die Qualität eines laufenden Kulturbetriebs zu investieren? Aber nein, man macht weitere 1,6 Millionen für Findungskommissionen und Wettbewerbe zur Aufrechterhaltung der hochtrabenden Opernhausträume locker.
„Eine eher lustlose denn erhellende Fragerunde mit dem Publikum, an deren Ende vieles unbeantwortet und ungesagt bleibt“ und dazu „Informationen, die auf der Homepage der Stadt abrufbar sind“ kommentiert die Rheinische Post die Veranstaltung im FFT und titelte „ein ergebnisarmes Gespräch“.foto/text (Papon)

Für Gisa – Gnade?

Am Freitag, 4. November ist es dann doch passiert. Als zunächst alles danach aussah, dass man im Falle von fiftyfifty-Verkäuferin Gisa Gnade vor Recht ergehen lassen würde, wurde die 56-Jährige nun doch verhaftet (siehe TERZ 11/2022). Sie sitzt jetzt im Bau wegen Schwarzfahrens - womöglich für ein Jahr!
Schwarzfahren gilt irrwitzigerweise in Deutschland als Straftatbestand. Ein Anachronismus des Strafrechts aus dem Blütejahr des deutschen Rechtsstaats: 1935. Da hilft Gisa nun kein Freikaufen, der einzige Weg, der bleibt - ein ‚Gnadengesuch‘. Doch der Adressat Dr. Benjamin Limbach, NRW-Justizminister (Bündnis 90/Die Grünen) ziert sich.
„Free Gisa. Keine Haft für Schwarzfahrer*innen“ – das fordern jetzt viele Prominente in einem Offenen Brief an den zuständigen NRW-Justizminister. Darunter sind Künstler*innen wie Ulrich Erben, Thomas Ruff und Imi Knoebel, die Schriftstellerin Ingrid Bachér, der Karnevalswagenbauer Jacques Tilly und der Tote-Hosen-Gitarrist Breiti. Am 29.November ziehen Gisas Unterstützer*innen vor das Justizministerium NRW. Es geht eben nicht nur um Gisa, um unser aberwitziges Strafrecht, sondern vor allem auch um die vielen, die das Düsseldorfer Sozialticket von 39 Euro monatlich einfach nicht bezahlen können. Diese Gruppe
profitiert null von dem für Januar in Aussicht gestellten bundesweiten 49-Euro-Ticket. Ein Antrag der Linken auf die Prüfung der Durchführbarkeit eines sehr günstigen Monatstickets für diese Personengruppe, das eventuell nur für das Düsseldorfer Stadtgebiet gilt, wird einmütig von Grünen und CDU abgelehnt. Auch die SPD kann sich nicht dafür erwärmen. Sie hofft auf die Finanzierung eines solchen Projekts über Bundesmittel durch die Genoss*innen in Berlin. Doch das kann dauern. Immerhin: Der Rat beschließt gegen die Stimmen von CDU und AfD, dass der Straftatbestand Schwarzfahren entfallen soll. Das ist nicht nur recht, sondern auch billig: Denn auch das wird dauern.
Foto/Text (papon)
Den offenen Brief an den Justizminister des Landes NRW gibts zum Beispiel hier: https://www.zakk.de/index.php/?option=com_content&view=article&id=491