Aus der Praxis:

Die Vernichtung von Mietwohnraum

Am Beispiel von Mamisch und Paschertz (MP)

Die Immobilienfirma Mamisch und Paschertz (MP) kauft in Düsseldorf seit 2018 Häuser mit Mietwohnungen auf, um diese in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Hatte sie 2018 noch circa 20 Häuser im Portfolio, sind es mittlerweile um die 50 Objekte. Zunächst werden den Mieter*innen Abfindungsangebote gemacht, und wenn sie dann ausziehen oder versterben, lässt man die Wohnungen leerstehen. Dem Unternehmen gehören nach Recherchen des „Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum“ ungefähr 100 leerstehende Wohnungen in Düsseldorf. Mieter*innen, die nicht weichen, wird das Leben schwer gemacht. Langwierige Handwerksarbeiten, Auszugsprämien und nervende Wohnumfeldbedingungen – damit will die Firma offensichtlich Mieter*innen loswerden.

Mietpreis-Betroffene melden sich zu Wort

Eine Mieterin ist mit einem selbstgebastelten goldenen Miethai vor das Büro von MP gezogen. Es regnet Konfetti und der Schampus fließt. Das ist Sarkasmus, wenn einem das Wasser bis zum Halse steht. Dieter Hanf zieht am 17. November vor das Rathaus, wo MP-Betroffene in Bademänteln mit Rollkoffern auf ihre aussichtslose Lage aufmerksam machen und Oberbürgermeister Stephan Keller und den Vorsitzenden der Fraktionen einen offenen Brief übergeben.

Herr Hanf lebt seit über 50 Jahren mit seiner Frau Renate in einem Haus auf der Bunsenstraße in Bilk, das MP aufgekauft haben. Seit Mai 2022 wird hier saniert. Durch Lärm und Dreck, unsauberes Wasser aus Leitungen, Wasserschäden an der Decke, die zeitweise nicht funktionierende Heizung und einiges mehr fühlt sich Herr Hanf unter Druck gesetzt. Die meisten seiner Nachbar*innen haben inzwischen das Handtuch geschmissen und sind ausgezogen. „Aber in unserem Alter und nach all diesen Jahren – wo sollen wir denn hin?“ Für Dieter Hanf steht nach einem Leben voller Arbeit nun seine Existenz auf dem Spiel. Der Düsseldorfer Mietwohnungsmarkt ist leergefegt, die Mieten bei Neuvermietungen kaum bezahlbar und einen Kredit für eine Eigentumswohnung aufzunehmen, ist im Alter - nicht nur wegen der rasant steigenden Darlehenszinsen - selbst nach einem erfolgreich abgeschlossenen Berufsleben auch keine Alternative.

Martina Burkandt wohnt seit über 20 Jahren in einem Haus an der Pfalzstraße. Nie gab es Pro­bleme mit dem Vermieter – bis MP die Immobilie 2019 aufkaufte. Seit 2020 wird saniert, und der Ärger nimmt für sie kein Ende mehr. Neun von elf Parteien sind mittlerweile ausgezogen, Frau Burkhardt wehrt sich gegen die Vertreibung.

Die Umwandlung in Eigentumswohnungen bedroht mittlerweile nicht nur „Randgruppen“, sondern ebenfalls Menschen aus einem eher mittelständischen Milieu, wie auch die Existenzen von selbständigen Künstler*innen und Kreativen und kleinen Selbständigen, für die eine bezahlbare Miete ein unverzichtbarer Faktor ihrer knappen Kostenkalkulation ist.

Bei dem Protest gegen die Machenschaften von MP geht es Helmut Schneider vom Düsseldorfer Bündnis für bezahlbaren Wohnraum weniger darum, die Profitabsichten der Immobilienfirmen zu geißeln, als darum, den konkreten Kampf vor Ort gegen die Verdrängung aus der eigenen Wohnung zu unterstützen.

Die Profitgier der Vermieter*innen stand auch im Zentrum einer anderen Aktion des Bündnisses „Tasche Leer - Schnauze Voll“ am 15. November vor der Düsseldorfer Zentrale von Vonovia an der Eulerstraße. Ein Unternehmensvertreter hatte auf einem Wirtschaftsforum vor Investor*innen angedeutet, dass man bei Mieter*innen, die auf Grund der Krise Schulden anhäufen oder die steigenden Energienebenkosten nicht stemmen können, durchaus Kündigungen in Betracht zu ziehen seien. Mit einer Wand aus gestapelten Umzugskartons mit der Aufschrift „Keine Profite mit der Miete“ versucht die Aktion auf diese drohende Gefahr hinzuweisen.

Die Stadt Düsseldorf verfehlt all ihre vollmundigen Versprechungen zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Das riesige, seit Jahren brachliegende Gelände der schwer angeschlagenen Adler Group soll nun wieder zurück an den ursprünglichen Eigentümer gehen, der erst einmal weitere Investor*innen mit der Bereitschaft einzusteigen suchen will. Das kann dauern. Noch unklarer ist, was wann mit dem Gelände der Adler Group auf dem Terrain der ehemaligen Gerresheimer Glashütte passiert.

So greift der Mietpreisdeckel ... nicht!

Die meisten Düsseldorfer*innen sind Mieter*innen. Bei 360.000 Wohnungen in der Stadt liegt die Eigentumsquote gerade einmal bei knapp unter 20 Prozent.

Die Frage nach der Höhe der Miete steht also für die meisten Düsseldorfer*innen im Vordergrund. Eine aktuelle Studie des Düsseldorfer Mietervereins zeigt: Nur 70 Prozent der neu inserierten Wohnungen in Düsseldorf haben eine zulässige Miete, insbesondere in innenstadtnahen Bezirken wird es oft teurer. Jede vierte Mietwohnung ist überteuert - d. h. sie verstößt vermutlich gegen die Mietpreisbremse. Das geht rauf bis hin zu Wucherpreisen. Strafbarer Mietwucher liegt vor, wenn die Vergleichsmiete um 50 Prozent überschritten wird, Mietpreiserhöhungen um 20 Prozent können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Im Auftrag des Düsseldorfer Mietervereins hat nun das Freiburger Analyseunternehmen Mietenmonitor für Düsseldorf dargelegt, dass seit November 2019 in einem Zeitraum von drei Jahren mehr als 5.700 Wohnungsangebote und damit 26 Prozent zu hoch angesetzt waren. Bei diesen Verdachtsfällen auf Verstöße gegen die Mietpreisbremse lagen 13,5 Prozent der Inserate mehr als 20 Prozent über dem Mietspiegel, 550 Angebote befanden sich sogar im strafbaren Wucherbereich.

Der Mieterverein Düsseldorf sieht die Stadt in der Verantwortung. In Freiburg etwa wurde von der Stadt ein Referat für bezahlbares Wohnen geschaffen. Hier werden z, B. Vermieter*innen von überteuerten Online-Inseraten angemahnt.

Die Stadt Düsseldorf hingegen empfiehlt Mieter*innen bei Verstößen gegen die Preisbremse, eine*n Anwalt/Anwältin einzuschalten. Das reicht dem Mieterverein nicht. Der Mieterverein empfindet die Empfehlung der Stadt „eher als eine Ermunterung, so fortzufahren, als ein Hinweis auf weit verbreitetes Unrecht oder gar eine Drohung mit Sanktionen.“ Die rechtlichen Mittel, mit der die Stadt gegen Mietpreissteigerungen vorgehen kann, sind sicherlich begrenzt. Aber selbst diese Mittel werden nicht voll ausgeschöpft. Die Möglichkeiten, die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen über Erhaltungssatzungen oder städtische Vorkaufsrechte zu stoppen, werden nur zögerlich eingesetzt. Wo kein Wille ist, fehlt halt oft auch der Weg.

Text: Michael Flascha
Fotos: Michael Flascha( 1-3,4-5 )
/Initiative für bezahlbaren Wohnraum(4)