Seenotrettung ist kein Verbrechen

oder

das Weihnachtsgeschenk für den Linksversifften-Grünalternativen-Gutmenschenhaushalt.

Eigentlich war der VÖ von Seenotrettung Ist Kein Verbrechen schon im September diesen Jahres, aber die Besprechung haben Mrs. Cave und ich extra für die Dezemberausgabe aufgehoben, denn der Sampler ist wirklich das ideale Weihnachtsgeschenk für Freund*innen, die Eltern, einfach für die ganze Welt. Die Benefiz-Compilation unterstützt Sea Punks, eine Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen aus dem Mittelmeer zu retten. Zudem ist das Thema „Seenotrettung“ brisanter und wichtiger denn je in Europa, besonders wenn wir uns die letzten Wahlergebnisse in Italien und oder Schweden anschauen. Außerdem beinhaltet SIKV alles, was in Deutschland oder dem deutschsprachigen Raum gerade Rang und Namen hat. Musikalisch ist die Compilation so breit und abwechslungsreich aufgestellt, dass für jeden und jede etwas dabei ist. Der Sampler ist eine Kooperation von Grand Hotel van Cleef, Unter Schafen Records und AL!VE und natürlcih ausgestattet mit ausführlichen Liner Notes und Informationen zu der Entstehung des Samplers und den Sea Punks.

Erhältlich auf Light Blue Vinyl als Doppel-LP oder Doppel-CD. Preorder-Versionen kommen mit einer extra Single, die besprechen wir natürlich auch. Außerdem gibt es im Shop von Grand Hotel van Cleef noch die Möglichkeit, SIKV mit einer zusätzlichen Spende zu kaufen! Einfach die Webseite besuchen, den Sampler bestellen und zusätzlich etwas spenden. Auf der Seite von Sea Punks ist das ebenfalls möglich, also los! Das bis jetzt eingenommene Geld wurde dazu verwendet, um das neu gekaufte Seenotrettungsschiff SEA PUNK ONE im September auf erste Mission in das Mittelmeer zu schicken.

Starten tut die Seenotrettung mit Tocotronic und Jugend Ohne Gott Gegen Faschismus, eine der besten Singles aus dem Jahr 2021, die in diesem Format natürlich auch in Oberbilk zuhause ist. Weiter geht es mit den Ärzten und Our Bass Player Hates This Song, einem Loblied auf die Demokratie und darauf, dass es die nie geschenkt gibt, sondern verlangt, das wir alle etwas dafür tun müssen.

Dann kommt Danger Dan mit Das Ist Alles Von der Kunstfreiheit Gedeckt, textlich einer der besten Songs, den er je geschrieben hat, mehr muss man dazu, glaube ich, nicht sagen.

Steiner & Madlaina und Das Schöne Leben waren mir vorher nicht bekannt. Die beiden Frauen, Nora Steiner und Madlaina Pollina, kommen aus Zürich und präsentieren uns eine wunderschöne Ballade, die mich irgendwie an Italien und den Widerstand der Partisanen gegen die Schwarzhemden und Benito Mussolini erinnert.

Antje Schomaker präsentiert uns mit Ich Muss Gar Nichts zuckersüßen Indie-Pop. Geboren in Rheurdt und nun wohnhaft in Hamburg, rechnet Antje in „Ich Muss Gar Nichts“ mit allen Erwartungen ab, welche die Gesellschaft an sie als Frau stellt.

Seite A schließen Kettcar mit Sommer ’89 (Er Schnitt Löcher In Den Zaun) ab, eine Erinnerung an den Umbruch, der Ende der 1980er Jahre in Europa stattfand.

Seite B eröffnet Thees Uhlmann mit dem Song Junkies Und Scientologen, einem Lobgesang oder Abgesang (Fragezeichen?) an die Welt, die Gesellschaft, an uns alle. Kleine Randnotiz, Thees wurde auch schon von den Roten Rüben bei den Fanzinetreffen in den 1990ern in Neuss bekocht, da sieht mensch mal, was gute Vegane Vokü so alles bewirken kann.

Danach kommt The Notwist mit Exit Strategy To Myself, einem klassischen Notwist-Song, teilweise verspielt, dann wieder mit Gitarren-Noise-Wänden und Electronic Skills, die einem erneut klar machen, warum die Weilheimer eine der deutschen Ausnahme-Bands sind.

Ilgen-Nur aus Berlin mit dem Track Easy Way Out waren mir gar nicht so geläufig, kannte ich dann aber doch aus dem Radio, und die Gitarrenriffs gefallen mir sehr. Dass Max Rieger von Die Nerven ihr Album und auch diesen Song aufgenommen, produziert und gemischt hat, hört man Easy Way Out eindeutig an, das müsste als Referenz reichen.

Schrottgrenze featuring Sookee kommt danach und präsentiert uns Traurige Träume, Pop/Rock mit Rap-Einlagen. Treibende Drums, die zum Mitwippen einladen und durch Sookees Rap-Einlagen abgerundet werden. Eine Randnotiz: Sookee ist vor Jahren auch im Linken Zentrum aufgetreten.

Die Kölner Neufundland präsentieren mit Viva La Korrosion Rock/Post Punk, der sich musikalisch und textlich bestens in den Sampler einfügt. Mal schauen, wann ich/wir die live sehen, Köln ist ja nicht weit weg von der Landeshauptstadt.

Den Abschluss auf Seite B machen Kummer featuring Fred Rabe mit Der Letzte Song (Alles Wird Gut). Hier musste ich erstmal nachforschen, wer dahintersteckt. Kummer ist Felix Kummer von Kraftklub, und Fred Rabe (Frederik Rabe) spielt bei den Giant Rocks aus Hamm mit. Die Kraftklub-Referenz lässt mich dann auch an das Konzert vor ein paar Jahren in der Esprit-Arena zurückdenken, und Der Letzte Song (Alles Wird Gut) hätte dann auch sehr gut in die damalige Setlist reingepasst.

Seite C beginnt mit Casper featuring Haiyti und Mieses Leben/Wolken. Textlich ist und musikalisch kann der Song punkten, aber da ich jetzt wirklich keine Ahnung von Rap habe, spare ich mir hier weitere Ausführungen.

Jan Delay featuring Denyo rechnen dann in Spaß sehr funky mit dem Wutbürger*innentum ab. Denyo kommt auch aus Hamburg und ist nicht nur Sänger, sondern auch als Radiomoderator tätig.

Bei der Textzeile „Sie hatten alle noch nie Spaß und darum sind sie voller Hass!“ muss ich irgendwie an unsere Deutschen Eichen denken (-;

Deichkind rappen weiter mit Wer Sagt Denn Das?, unsere Antifa-Buddys präsentieren sich wieder von ihrer besten Seite. Wobei ich auch sagen muss, so richtig schlechte Songs habe ich von Deichkind noch nie gehört. Die Messlatte legen die Hamburger*innen wie gewohnt sehr hoch.

Dann kommt Bosse mit Das Paradies, und der Braunschweiger beschreibt in Das Paradies so eine schöne Zukunft, dass es einem die Tränen in die Augen treibt! „Da war‘s genial, weil einfach niemand ein Arschloch war!“

Moby Dick von Gurr aus Berlin ist eine tolle Garage-Pop-Nummer, mir fallen spontan alte Songs von Stereo Total oder den Lolitas ein. Low-Fi und minimalistisch gespielt, wie es sich für Garage-Pop gehört, dazu melancholischer Frauengesang, besser geht es nicht!

Die Giant Rocks habe ich ja schon weiter oben erwähnt. Die Band aus Hamm schließt mit Heat Up und solidem Indie-Pop die Seite C ab.

Seite D wird von Turbostaat und Ein Schönes Blau eingeleitet. An das Turbostaat-Konzert im Linken Zentrum denken Mrs. Cave und ich gerne zurück, die Nordlichter sind supernett und sympathisch! Ein Schönes Blau stammt vom aktuellen Album Uthlande, wie gewohnt eine knackige melodische Punk-Rock Granate.

Dann kommt der Schweizer Faber und Das Boot Ist Voll. Faber aka Julian Pollina hat italienische Wurzeln und bringt ein so langsames und melancholisches wie dunkles und böses Klavierstück zur Aufführung.

Mit dem Song Es Nervt der Goldenen Zitronen wird es elektronisch und clubtauglich, der treibende Basslauf geht in die Beine! Es Nervt hat keinerlei Anleihen mehr an das erste Album Porsche – Genscher – Hallo HSV, was damals eine absolute Punkrock-Granate war!

Rockiger und getragener wird es wieder mit Mine aka Jasmine Stocker und der Schweizerin Sophie Hunger. Hinüber ist auch der Titeltrack vom aktuellen Mine-Album und kommt ähnlich düster rüber wie Faber mit Das Boot Ist Voll. Gute Laune ist hier nicht das Motto, und Hinüber passt sich sehr gut in das gesamte Album-Konzept ein: „Das Meer Ist Aus Plastik, Der Hunger Ist Groß …“

Bei Ami Warning und Blaue Augen musste ich wieder die Suchmaschine anschmeißen. Ami kommt aus München, spielt ruhigen Reggae mit Pop-Anleihen, der auf Blaue Augen sehr verträumt rüberkommt, und auch hier muss sich sagen: Sehr gut ausgewählt!

Den Abschluss auf der Doppel-LP machen unsere Freunde aus Düsseldorf Die Toten Hosen mit Europa. Der Song ist vom 2012er Album Ballast Der Republik/Die Geister Die Wir Riefen, und dürfte wahrscheinlich vielen bekannt sein.

Akne Kid Joe hauen uns auf der Seven-Inch auf Seite A Ein Morgen Ohne Deutschland um die Ohren. Kurz & knackig, und wer AKJ noch nicht kennt, der/die ist selber schuld!

Die Nerven beglücken uns dann auch mit Europa vom aktuellen 2022er Album. Von dem Song gibt es eine ziemlich geile Live-Version mit dem Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld bei YouTube: Die Nerven feat. RTO Ehrenfeld – „Europa“ | ZDF Magazin Royale googeln!
Und Ich Dachte Irgendwie, In Europa Stirbt Man Nie! Live im ZDF!

Und ich kann gar nicht so viel kotzen, wie mir beim tagespolitischen Geschehen schlecht wird, trotzdem schöne Weihnachten und einen guten Rutsch, euer Oberbilker, auch von Mrs. Cave (Korrektur). Es kann nur besser werden!

Bonus-Album ist Nichts von FJØRT, auch auf Grand Hotel van Cleef erschienen. Nichts ist das fünfte Album der supernetten Jungs aus Aachen. Mrs. Cave und ich haben die 2019 (?), auf jeden Fall vor Corona, an einem kalten Samstag live im zakk gesehen. An die Temperatur und den Samstag kann ich mich noch sehr gut erinnern, denn die NPD, die REPs oder andere Dumpfbacken sind an dem Samstag durch Düsseldorf gezogen und wollten ihren ideologischen Schwachsinn in der Stadt verbreiten. Ich hatte die ehrenvolle Aufgabe, an diesem Tag mit auf den Lautsprecherwagen von DSSQ aufzupassen und war an dem Abend dementsprechend durch, habe mich dann aber trotzdem noch mit Mrs. Cave aufgerafft, um ins zakk zu fahren. Verfroren, müde und kaputt wie Hund schauten wir uns FJØRT an, und sofort bei der zweiten Ansage positionierten sich die Aachener ganz klar gegen Rechts, das Publikum stieg ein, und „Nazis raus“ hallte durch die Halle. Da wusste ich, warum der Samstag doch keine vertane Zeit war. Nach dem Konzert habe ich dann FJØRT auch kennengelernt, das supernett ist ernstgemeint! Jetzt aber zum neuen Album. Ausgefeilter Posthardcore-Punkrock, laute Gitarrenwände, tolles Songwriting, verspielte & ruhige Parts und eine ordentliche Portion Wut machen Nichts zu einem der Anwärter: Album des Jahres!

Der Lautstärkenregler steht mittlerweile auf 12 Uhr, ist das geil und rappelt in der Bude!