Die Frauen im Iran brauchen weiter Sichtbarkeit

Die Revolution im Iran ist im vollen Gange und auch in Düsseldorf zeigen sich die Menschen solidarisch. An der Heinrich-Heine-Universität fand eine Veranstaltung zu den Ereignissen in dem Land statt.

Die Bilder von den mutigen Frauen, die sich im Iran dem Regime widersetzen, gehen seit September um die Welt und sind auch in Düsseldorf angekommen. Durch die Straßen ziehen Menschen, die sich mit der feministischen Revolution im Iran solidarisieren und die Befreiung vom Regime fordern. Jin, Jiyan, Azadî (deutsch: Frau, Leben, Freiheit) tönt es durch die Straßen. Der Ausruf stammt aus der kurdischen Arbeiter*innenbewegung. Die Proteste im Iran setzten nämlich zu einer Zeit ein, in der die wirtschaftliche Lage im Land schlechter wurde und die soziale Schieflage die Bevölkerung schon länger in Aufruhr versetzte.

Auslöser der Proteste war der Tod von Jina Mahsa Amini. Weil sie gegen die Kleiderordnung des Iran verstieß, wurde sie von der Sittenpolizei festgenommen und starb am 16. September in Polizeigewahrsam. Seitdem steht das Regime unter Druck. Iraner*innen gehen auf die Straße und widersetzen sich den Regeln des Regimes: sie ziehen ihre Kopftücher ab und verbrennen sie. Auch Männer und Muslimas, die aus religiösen Gründen ihr Kopftuch weiter tragen, sind unter den Protestierenden und rebellieren gegen das System.

Das Regime lässt sich das natürlich nicht einfach gefallen und antwortet mit harten Repressionen. Bei den Protesten starben nach Angaben von Reuters bislang mehr als 500 Demonstrierende (Stand 11.12.2022). In den ersten Tagen der Proteste schaltete die Regierung Teile des Internets ab, in der Hoffnung, die Unruhen geheim halten zu können. Über die sozialen Medien und die Iraner*innen im Westen, die Bilder und Videos aus den Gebieten verbreiteten, wurden die Verbrechen des iranischen Staats öffentlich.

Anfang November forderte das Parlament die Todesstrafe gegen die Demonstrierenden. Mohsen Shekari wurde vorgeworfen, bei einem Protest in Teheran Straßenblockaden errichtet und einen Beamten mit einem Messer verletzt zu haben. Mit dem Urteil „Kriegsführung gegen Gott“ wurde der 23-Jährige nach Angaben des Regimes am 8. Dezember gehängt. 24 weiteren Personen wird diese „Kriegsführung gegen Gott“ vorgeworfen, und auch sie sollen hingerichtet werden. Iranische Medien meldeten zuletzt, dass die Sittenpolizei aufgelöst wurde, Aktivst*innen melden daran jedoch Zweifel an.

An der Heinrich-Heine-Universität (HHU) organisierte der Allgemeine Studierenden Ausschuss (AStA) am 24. November unter dem Titel „Be our Voice“ Vorträge, eine Podiumsdiskussion und eine Filmvorführung zu den Protesten. Als Moderatorin fungierte die iranische Journalistin Susan Zare.. Zwei Studentinnen der HHU führten in das Thema ein und erklärten, wie es zu den Aufständen kam und wie sich die Ereignisse in den letzten Wochen entwickelt haben. Auf bewegene Art thematisierten die beiden auch die Lage der Deutsch-Iraner*innen, die glücklich über die Freiheit in Europa seien, gleichzeitig aber den Iran als ihre Heimat schätzen.

Susan Zare eröffnete dann die Podiumsdiskussion und ließ die anwesenden Expert*innen zu Wort kommen. Faranak Rafiei – Mitgründerin der Gruppe „Iran Fact Records“ und ein Jahr vor der sogenannten Islamischen Revolution im Iran geboren – erinnert sich noch daran, wie der Umsturz Ende der 1970er Jahre die Rechte der Frauen einschränkte. Tareq Sydiq, Politikwissenschaftler der Uni Marburg, forscht zu Protestbewegungen im Autoritarismus und betonte, wie stark die Bewegung im Iran zusammenstehe. Die Aktivistin Mina Imangholi führte das auf die mediale Verbreitung der Aufstände zurück, was die Moral stärke. Amirhossein Samaie, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Wuppertal, brachte sich ebenfalls in diese Diskussion ein und betonte die Dynamik der Massen in solchen Zeiten.

Ali Samadi Ahadi – der Regisseur des Films „The Green Wave“, dessen TV-Fassung mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde – war auch Teil des Podiums. Im Anschluss wurde sein Film zu den Protesten im Iran 2010 gezeigt, die nach einer mutmaßlich gefälschten Wahl losbrachen und vom Regime brutal niedergeschlagen wurden. Zum Ende der Veranstaltung plädierte er noch einmal für Solidarität vor allem durch westliche Feminist*innen, die sich dem Thema noch nicht genug verschrieben hätten. Jina Mahsa Amini sei Kurdin gewesen, deswegen wären die Proteste stark von Kurd*innen geprägt, im Gegensatz zu den Jahren zuvor allerdings hätten sich noch keine Splittergruppen gebildet und die Bewegung zerstreite sich nicht untereinander.

In der Woche nach der Veranstaltung fand auch an der HHU die „Campus Rally for Iran“ statt. Ein Event, zu dem sich an über 200 Universitäten weltweit Studierende solidarisch mit den feministischen Widerstandskämpfer*innen zeigten.

Die Gäste der Veranstaltung wie Aktivist*innen weltweit sind sich einig: Die Aufmerksamkeit, die den Kämpfen im Iran geschenkt wird, ist wichtig und darf nicht aufhören. Der Widerstand muss sichtbar bleiben und auch in Deutschland darf das Thema nicht von den Straßen oder Timelines verschwinden. Denn die Gewalt bleibt real: das Regime könnte ein weiteres Mal das Internet abstellen und versuchen die Bevölkerung abzuschirmen. Die Demonstrationen in Düsseldorf finden regelmäßig statt und brauchen Unterstützung, um sichtbar zu bleiben.

Maxi K.