Nächstenliebe versus Solidarität?

Zum Thema „Zukunft von Soli­darität und Nächstenliebe“ hatte die Düsseldorfer Altstadt-Armen­küche im Januar den Armuts­forscher Prof. Dr. Christoph Butter­wegge und den Sozial­minister des Landes Nordrhein-Westfalen, Karl-Joseph Laumann, zu einer Podiums­diskussion in die Maxkirche eingeladen. Der Saal war rappelvoll, ungefähr 160 Zuhörer*innen vorwiegend aus dem Bereich des sozialen und sozialpolitischen Engagements waren der Einladung gefolgt.

Christoph Butterwege versprühte ein eindrucksvolles Feuerwerk von Zahlen zur wachsenden sozialen Ungleichheit und einer Gerechtigkeitslücke. Darauf wollte sich Staatssekretär Matthias Heidmeier – der in Stellvertretung des verhinderten Sozialministers angereist war – nur partout nicht festlegen lassen. Es gebe überhaupt keine Patentrezepte – die ganze Gerechtigkeitsdebatte bezeichnete er als ein wenig ‘old school’ – halt eher 70er-Jahre – und so mochte sich die rechte Hand von Herrn Laumann sich zu einer Reihe konkreter Fragen und Vorschläge aus dem Publikum nicht verbindlich äußern. Der Staatssekretär versprach aber, all diese Anregungen einmal mitzunehmen und zu überdenken. Vermutlich wäre sein Chef vom Arbeitnehmer*innenflügel der CDU doch ein bisschen konkreter geworden.

Die Armenküche am Burgplatz feiert jetzt ihr 30-jähriges Bestehen. Vor der Pandemie versorgte die Armenküche rund 70 bis 100 Wohnungslose täglich mit einer warmen Mahlzeit, also eine Klientel, die von den Tafeln – die eine eigene Küche und einen feste Wohnanschrift voraussetzen – nicht bedient werden können. Zurzeit werden von der Armenküche rund 170 bis 250 Mahlzeiten pro Tag ausgegeben. Ermöglicht wurde das u. a. dadurch, dass das Essen mittlerweile auch als Take-away ausgegeben wird und nicht nur der gemeinsame Vor-Ort-Verzehr möglich ist. Ein solches tägliches Angebot lässt sich nicht allein mit ehrenamtlichen Kräften stemmen. Aufgabe der Ehrenamtler*innen ist es nicht zuletzt, für dieses Angebot Spenden und Zuschüsse einzuwerben, um Kontinuität und Verlässlichkeit zu sichern.

Holger Kirchhöfer vom Initiativkreis Armut Düsseldorf erklärt zum Ansatz der politischen Einmischung der Altstadt-Armenküche: „Neben der Sorge für das unmittelbare leibliche Wohl und einer Sozialberatung intervenieren wir, wenn wir inhumane Politik registrieren oder wenn Arme verdrängt werden sollen. Die Armenküche will Lobby sein für diejenigen, die selbst nicht oder nur schwer für ihre Angelegenheiten kämpfen können. In den vergangenen Jahren hat die Armenküche immer dort ihre Stimme erhoben, wo es für die Ärmsten wichtig war: gegen Übergriffe, für eine sinnvolle Weiterentwicklung des Hilfesystems, für die Rechte der Ärmsten, gegen ihre Vertreibung aus dem öffentlichen Raum. Wir kümmern uns auch um die Belange der Obdachlosen im Kontakt mit städtischen Stellen und Medien. Wir setzen uns gegen eine Verdrängung der Armen aus unserer Innenstadt und für ein gutes Miteinander aller im öffentlichen Raum ein. Ziel muss die Überwindung von Armut und gerechte Verteilung sein.“

Text & Foto (online): Michael Flascha