TERZ 02.24 – LAUSIGE ZEITEN
„Ausreisepflicht konsequent durchsetzen - Ausreisegewahrsam am Düsseldorfer Flughafen einrichten“, übertitelte die FDP-Fraktion am 5.12.2023 im Düsseldorfer im Landtag ihr Antragspapier.
Die Errichtung eines Abschiebeknasts in Düsseldorf mit 25 Plätzen kam in den letzten Jahren immer wieder ins Gespräch, bereits die schwarz-gelbe Landesregierung brachte das Vorhaben auf den Tisch. Schwarz-Grün hielt daran fest, wenn auch das von Josefine Paul (Grüne) geführte Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration als oberste Ausländer*innenbehörde im Koalitionsvertrag festhielt, dass Abschiebehaft einen schwerwiegenden Eingriff in den grundrechtlichen Freiheitsbereich einer Person darstelle. Im Sinne der Verhältnismäßigkeit setze man sich eindringlich dafür ein, dass vorrangig mildere Mittel ausgeschöpft werden müssten.
NRW ist bundesweiter Spitzenreiter bei Abschiebungen, Düsseldorf einer der größten Abschiebeflughäfen Deutschlands (siehe TERZ 11/2023: Menschenverachtende Migrationspolitik).
Die FDP begründete ihren Antrag wie folgt: „Der Ausreisegewahrsam wird im Transitbereich eines Flughafens oder einer Unterkunft vollzogen, von der aus die Ausreise möglich ist. Über den Flughafen Düsseldorf ist auch im bundesweiten Vergleich ein großer Anteil der Abschiebungen auf dem Luftweg abgewickelt worden. Das Instrument des Ausreisegewahrsams ließe sich daher mit Blick auf die kurzen Vorlaufzeiten effektiver nutzen, wenn der Gewahrsam auf einer zusätzlichen Liegenschaft in Flughafennähe vollzogen würde. So können außerdem Belastungen für die Rückzuführenden und die eingesetzten Begleitkräfte reduziert werden”, so die FDP. Mit anderen Worten: Sind die abzuschiebenden Menschen erstmal eingesperrt, können sie mit wesentlich weniger Aufwand und Mühe ins Flugzeug verfrachtet und an der Wahrnehmung ihrer Rechte gehindert werden.
„Wir wollen kein weiteres Abschiebegefängnis, (...) Abschiebehaft muss abgeschafft werden. Wir wenden uns gegen die repressive Abschiebepolitik in NRW und bundesweit und fordern eine gänzlich andere Politik gegenüber Menschen, die ihre Herkunftsländer verlassen mussten: Eine Politik des Willkommens und des Bleibens”, so formuliert das „Bündnis gegen Abschiebeknast in Düsseldorf und überall” seine Forderung. Dem Bündnis gehören 14 lokale und überregionale Initiativen, Gruppen und Vereine an, es wurde Anfang 2022 gegründet.
Am 14.12. 2023 fand eine vom Bündnis spontan organisierte Kundgebung auf dem Oberbilker Markt statt, um gegen den Abschiebeknast in Düsseldorf und den Antrag der FDP zu protestieren sowie mit Wortbeiträgen zum Thema zu informieren. Es versammelten sich ca. 60 Menschen, auch Politiker*innen und Medienvertreter*innen waren gekommen.
Bei der Landtagsdebatte am Folgetag wurde der FDP-Antrag mit den Stimmen von CDU, Grünen und SPD abgelehnt. FDP und AfD stimmten dafür. Begründung für die Ablehnung war u.a., dass der Abschiebeknast Büren in NRW nicht ausgelastet sei, es könne auch nicht vorausgesagt werden, ob die Zahl der Inhaftierten durch die verschärfte Bundesgesetzgebung wirklich steigen würde. Laut CDU scheitert eine Abschiebung in NRW niemals an Unterkunftskapazitäten.
Es wird also auch ohne weiteren Abschiebeknast in NRW und überall in zunehmendem Maße abgeschoben. Bis zum 30.11.2023 wurden aus dem Bundesland 3.379 ausreisepflichtige Menschen abgeschoben oder in andere EU-Staaten überstellt (lt. Statistik der Bundespolizei).
Der Bundestag hat am 18.1.2024 das „Rückführungsverbesserungsgesetz” mit den Stimmen der Ampelkoalition beschlossen. CDU und AfD stimmten dagegen, weil es ihnen nicht weit genug ging. Durch das Gesetz sollen Abschiebungen vereinfacht werden. Bundeskanzler Scholz hatte bereits im Herbst 2023 gefordert, abgelehnte Asylbewerber*innen „im großen Stil” abzuschieben.
Auch wenn derzeit Millionen Menschen in Deutschland gegen Rechts, AfD und Deportationenspläne auf die Straße gehen, heißt das nicht, dass sie gegen Abschiebungen wären. Die breite Masse ist eher dafür, die „guten” Zuwanderer*innen in Deutschland zu behalten, sie sollen gut integriert, der deutschen Sprache mächtig sein und in Bereichen arbeiten können, die hoffnungslos unterbesetzt und unbeliebt sind.
Bleiberecht für alle bleibt eine Illusion.
Die Rechte und der Wert eines Menschen hängen anscheinend von seinem Nutzen ab - und irgendwie müssen die Unnützen wieder raus. Bei rechtsextremen Gruppen heißt das Remigration bzw. Deportation, die Ampel formuliert es ein wenig netter und setzt es dann um. Dass das ebenso menschenverachtend und diskriminierend ist, sehen viel zu viele in Deutschland und überall nicht, sie sind auf dem rechten Auge zumindest kurzsichtig.
Christine
Die Düsseldorfer FDP-Politikerin und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Marie Agnes Strack-Zimmermann war am 24.01.2024 in die Heinrich-Heine-Universität eingeladen, um ein Gespräch über europäische Sicherheitspolitik zu führen. Die Fachschaft des Studiengangs „Philosophy Politics Economics“ lud Strack-Zimmermann zu einem Teil ihrer PPE-Talks ein, bei dem regelmäßig Politiker*innen und Wissenschaftler*innen an der Universität sprechen können.
Strack-Zimmermann ist schon seit langem – mehr aber noch seit dem russischen Angriff auf die Ukraine – eine der lautesten Befürworterinnen der deutschen Aufrüstung.
Sie ist Mitglied in diversen Lobbyverbänden der deutschen Rüstungsindustrie. Darunter z.B. der „Förderkreis Deutsches Heer“, der die deutsche Militarisierung vorantreibt und die Deutsche Atlantische Gesellschaft, für welche sie als Vizepräsidentin tätig ist. Letztere sieht ihre Aufgabe darin, „über die NATO zu informieren“, LobbyControl bezeichnet ihre Arbeit als „Werbung für die NATO“. Sie steht als eines der Gesichter für den deutschen Militarismus, ihre Einladung an die Universität hat damit auch einen symbolischen Charakter.
Der deutsche Militarismus wirkt sich nämlich auch immer stärker auf die Arbeit der Universitäten aus. Mit einer sogenannten Zivilklausel hatte sich die Uni Düsseldorf 2015, auf Initiative der rot-grünen Landesregierung, dazu verpflichtet, nur zu friedlichen Zielen zu forschen und nicht für den Krieg. Deutschlandweit haben mehr als 70 Universitäten eine solche Klausel, die Militärforschung an der Uni verhindern soll. In den letzten Monaten gerieten diese immer stärker in den Fokus der Politik, so vermeldete die Wissenschaftsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), dass sie die Zivilklauseln loswerden will. Die neue hessische Landesregierung plant Universitäten zur Abschaffung zu zwingen und Markus Söder (CSU) plant sogar Universitäten in Bayern zu Kooperationen mit der Bundeswehr zu verpflichten.
„Es darf nicht sein, dass am Ende des Krieges die Welt Deutschland als kompletten Bremser und Looser empfindet, nur weil wir nicht in der Lage sind zu organisieren und zu kommunizieren“ (dpa) sagte die FDP Politikerin im Kontext weiterer Waffenlieferungen an die Ukraine. „Wir müssen uns jetzt einen ‚geraden Rücken’ machen“ (Merkur, 23.08.2023) ist ihre Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine. Ein gerader Rücken besteht für sie aber nicht in einer friedensorientierten Politik, sondern weiteren Waffenlieferungen, um einen Siegfrieden herzustellen, auch wenn massenweise wehrfähige Männer aus beiden Ländern fliehen, um dem Krieg zu entgehen.
Genauso spricht sie sich für ein hartes Vorgehen der israelischen Streitkräfte gegen den Gaza Streifen aus. Noch perfider: Sie sieht in den Angriffen eine Chance zu zeigen, wie eng Europa an der Seite Israels steht. (Markus Lanz, 19.10.2023)
In ihrer Sprache wird schnell klar, dass die „Sicherheitspolitikerin“ nicht an Sicherheit interessiert ist, sondern dem Sichern deutscher und europäischer geopolitischer Interessen.
Die Einladung einer Person wie Strack-Zimmermann erachten wir als falsch, da ihre engen Verflechtungen mit der Rüstungsindustrie sie zu einer befangenen Person in dieser Frage machen. Die Düsseldorferin setzt voraus, dass Frieden und Sicherheit in Zukunft nur mit Aufrüstung möglich sei, in ihren Beiträgen wird deutlich, dass es keine Zukunft ohne Kriege ist, auf die sie hinarbeitet, sondern eine, in der Deutschland oder Europa keinen Krieg verlieren.
Auf dem Campus wurden zunächst Plakate verteilt, die auf ihre Mitgliedschaften in Lobbyverbänden der Rüstungsindustrie hinweisen, sowie Flyer ausgelegt, mit Zitaten von ihr zur Aufrüstung und Überwachung. Die Veranstaltung selbst entwickelte sich zu einer unkritischen Fragerunde für Strack-Zimmermann und Unterbrechungen und kritische Fragen wurden unterbunden und die Störer*innen herausgeworfen.