Anti-Atom-Initiativen fordern mehr Einsatz von Grünen im Jülicher Castor-Streit

Größte Castor-Lawine aller Zeiten

Protest vor Jülicher Grünen-Parteibüro beim Besuch von Neubaur und Nouripour

Atomkraftgegner*innen hatten am 5.3.2024 den Eingang ins Grünen-Parteibüro in Jülich mit einer Atomtransport-Attrappe zugestellt - aus Protest gegen die größte Castor-Lawine aller Zeiten, die mit Billigung der grünen NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur demnächst durch NRW, auch über die A44 nahe des Düsseldorfer Flughafens, rollen könnte (TERZ 12.23 Nicht kugelsicher). Neubaur und Grünen-Chef Omid Nouripour mussten ins Fahrerhaus eines Castor-Transports einsteigen, auch wenn es nur eine Attrappe war.

Derweil bereitet die Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen mbH (JEN) mit Hochdruck 152 Castor-Transporte von hochradioaktivem Atommüll aus dem Zwischenlager Jülich ins Zwischenlager Ahaus vor, das als eines der unsichersten in ganz Deutschland gilt: nicht ausreichend gegen Terroranschläge und Flugzeugabstürze gesichert. Bereits in 12 Jahren läuft außerdem die Betriebsgenehmigung des Lagers ab. Die Stadt Ahaus und der Umweltverband BUND erwägen Klagen gegen eine Genehmigung des Transports. In einem den heutigen Sicherheitsanforderungen entsprechenden Neubau in Jülich wäre der hochgefährliche Müll viel besser aufgehoben, die brisanten Transporte mit extra hierfür angefertigten LKWs durch Straßen und Autobahnen NRWs überflüssig, die unter anderem über die A44 nahe dem Düsseldorfer Flughafen, kreuz und quer über die Duisburger Stadtautobahnen (A 40, 59, 42), die A 3 und durch dicht besiedeltes Gebiet führen könnte. Die mögliche Strecke wurde Ende 2023 vom NRW-Wirtschaftsministerium mit leeren Castor-Behältern mindestens 2 Mal getestet.

Die schwarz-grüne NRW-Landesregierung ließ im Sommer 2022 verlauten, den Bau eines neuen Lagers in Jülich voranzutreiben, sie hat bisher in dieser Hinsicht jedoch zu wenig unternommen. Stattdessen gebe die JEN Richtung und Tempo vor, die die strahlenden Kugeln so schnell wie möglich loswerden wolle, so Marita Boslar vom Aktionsbündnis Stop Westcastor. So lasse sich erklären, warum sich die JEN seit Jahren nicht ernsthaft darum bemühe, den genehmigungslosen Zustand beim bestehenden Jülicher Lager zu beenden, sie habe den Bau eines neuen Lagers in Jülich von Anfang an boykottiert – trotz aller Beteuerungen, diese Option gleichberechtigt zu verfolgen. Der Neubau könnte heute längst stehen, was 152 hochgefährliche Castor-Transporte vermeiden würde. Die hochradioaktiven Brennelementkugeln aus Jülich müssen vor der „Endlagerung” noch vorbereitend behandelt werden, wofür die JEN zuständig ist. Diese sogenannte Konditionierung ist in Ahaus aus technischen und rechtlichen Gründen gar nicht möglich. Das Lager dort könnte möglicherweise nur eine Zwischenstation sein, der strahlende Müll nochmals an einen anderen Ort transportiert werden müssen – zurück nach Jülich?

„Dass die Grünen die Transporte nicht verhindern, obwohl sie in Berlin und Düsseldorf in entscheidenden Positionen sitzen und in NRW sogar ihren Koalitionspartner CDU hinter sich wissen, ist ein Schlag ins Gesicht aller Atomkraftgegner*innen“, beklagt Helge Bauer von der bundesweiten Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt. „Hätte Mona Neubaur Rückhalt aus der Bundespartei, könnte sie als Chefin der NRW-Atomaufsicht die längst hinfällige Räumungsanordnung zurückziehen und der dreisten Verzögerungstaktik der JEN Einhalt gebieten. Das wäre ihre Aufgabe (...).” Peter Bastian vom „Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen“ ist frustriert und enttäuscht, da der Genehmigungsprozess für das bestehende Lager in Ahaus weit fortgeschritten sei und in Kürze erfolgen könne. Die Frage der Erdbebensicherheit, die 2013 dazu führte, dass das Lager in Jülich seine Genehmigung verlor, sei längst erledigt. Mona Neubaur dürfe sich von der JEN nicht vorführen lassen wie ihre Vorgänger. Stattdessen solle sie Fristen für fehlende Unterlagen setzen und der JEN klare Vorgaben zum Umgang mit dem Atommüll machen.

„Mit den Transporten würde man ein großes Risiko eingehen,“ meint auch Hartmut Liebermann von der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“. Kerstin Ciesla vom BUND NRW mahnt ein umfassendes Konzept für die Dauer-Zwischenlagerung an: „Bis ein tiefengeologisches Lager in Betrieb geht, wird es noch Jahrzehnte dauern. Weder die Castor-Behälter noch die bestehenden Zwischenlager sind für derart lange Zeiträume konzipiert. Die geplanten Transporte zeigen, dass die Bundesregierung noch immer kein Konzept für die Langzeit-Zwischenlagerung des Mülls hat.”

Am 21.4.2024 fand eine Protestkundgebung der Ahauser Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus” statt, bei der auch an den 38. Jahrestag des GAUs im Atomkraftwerk Tschernobyl am 26.4.1986 erinnert wurde. Wegen dieser Kata-strophe sind bis heute große Gebiete der Ukraine verstrahlt und unbewohnbar. Das veranschauliche die Risiken auch von Atommüll-Transporten, sagen die Protestierenden. Es nahmen etwa 100 Menschen teil.

Christine

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung 5.3.24 von „Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen“, BI „Kein Atommüll in Ahaus“, .ausgestrahlt, BUND NRW und Aktionsbündnis „Stop Westcastor“ Jülich