Letzte Generation
Neue Choreographie

Schauplatz Kö/Girardetbrücke - Darsteller: Aktivist*innen der Letzten Generation. Auf dem Spielplan: Die Ungehorsame Versammlung

Das Treffen der ca. 80 Aktivist*innen ist nicht angemeldet, und deshalb auch eigentlich gar keine „richtige“ Versammlung. Vor allem gibt es keinen Versammlungsleitung, der von der Polizei haftbar gemacht werden könnte.

Trotzdem verläuft die Aktion konfliktfrei, es gab keine Probleme mit der Polizei. Diese „schützt“ die Veranstaltung auf der Fahrbahn der Giradetbrücke vor dem durchfahrenden Autoverkehr und lässt die Aktivist*innen erst einmal gewähren.

Die Ex-Klimakleber*innen (Ex-Klima-Terrorist*innen) tragen selber sichtlich zu einer Entspannung der Situation bei: mit fantasievollen Performances, Malaktionen und ausgebreiteten Decken und Campingstühlen erinnert das ganze zeitweise an ein Flower-Power-Happening aus den 1970er Jahren. Passant*innen und Umstehende werden animiert, sich auf die Fahrbahn zu begeben. Es wird zu Mitmachaktionen eingeladen: Momente der Utopie einer Aufenthaltsqualität auf einer autofreien Königsallee.

Für die musikalische Untermalung ist der Rapper Los Guerrero aus Köln angereist, der unter anderem eine Hommage der „Letzten Generation“ an „Extinction Rebellion“ schmettert.

Sichtbar ist die Letzte Generation um ein besseres Image und größere Breitenwirkung bemüht. Es wird Nahbarkeit mit guter Stimmung demon­striert, der Kontaktkleber ist zu Hause geblieben und mensch ist um Kontakt zu den Passante*innen bemüht.

Wie einstudiert wirkt dann die folgende Choreographie mit der Polizei, die die Ungehorsamen auffordert, die Brücke zu verlassen und ankündigt, dass – gegebenenfalls – nach dreimaliger Aufforderung geräumt wird. Zwischen den drei Aufforderungen bleibt Aktivist*innen genügend Zeit, ihre Statements vorzutragen. Schließlich erklärt die Polizei nach ca. zwei Stunden das Ungehorsam-Treffen zu einer Versammlung, die dann per Erlass aufgelöst wird. Es wird die Möglichkeit eingeräumt, auf den Bürgersteig zu wechseln und die Veranstaltung dort fortzusetzen. Die Ungehorsamen stellen ihren Mitstreiter*innen frei, wie weit sie mit ihrem Ungehorsam gehen wollen. Schließlich wird ein Dutzend von ihnen von der Düsseldorfer Polizei umsichtig von der Fahrbahn getragen. Für jeden gibt es ein Foto für das Aktivist*innen-Album.

Die Aktion erreicht die Passant*innen am U-Bahn Ausgang Kö vor dem Sevens kaum – der Autoverkehr auf der Kö bleibt ununterbrochen, dazu hätten wesentlich mehr Menschen kommen müssen. Also nur ein harmloses Ungehorsamen-Inselcamp? Gleichzeitig finden in Deutschland zehn solcher Aktionen statt. Und für die nächsten Samstage sind in Deutschland weitere Ungehorsam-Versammlungen angekündigt, zunächst allerdings nicht in Düsseldorf. Und bei der Frequenz der Aktionen wird angesichts der bevorstehenden Europawahlen sicherlich noch einen Zacken zugelegt werden.

Die Düsseldorfer Gruppe selbst ist noch zu schwach auf der Brust, um die Sitzblockade auf der Kö samstags zu einer festen Institution zu machen. Das Ganze ist zur Zeit nur mit einer kräftigen Unterstützung aus Köln zu wuppen. Aber die letzte Generation ist auch in Düsseldorf aktiv und trifft sich regelmäßig auf der Adersstraße, Nähe Berliner Allee. Im Angebot für alle: Antigewalttraining und Kommunikationsschulungen. Jedem wird dabei freigestellt, wie weit er mit seinem Ungehorsam bei Aktionen gehen will. Ein niedrigschwelliges Angebot für alle, die mit der scheibchenweise Rücknahme klimapolitischer Entscheidungen nicht einverstanden sind, irgendwie aktiv werden wollen, aber bisher nicht den richtigen Einstieg gefunden haben.

Eine PKW-freie Kö – eine Utopie? Es tut sich gerade etwas am anderen Ende der Kö, der Stadtrat hat in einer regelrechten Kampfabstimmung einen autofreien Corneliusplatz beschlossen, ein Beispiel, das Schule machen sollte. Ein Zwischenschritt wäre, die Poser-Meile Königsallee SUV-frei zu gestalten. Das dürfte aber nur gelingen, wenn mensch mit den Aktionen nicht nur größer, sondern auch ab und zu mal unbequemer wird.

Denn schon feixt die Rheinische Post und titelt „Letzte Generation in den letzten Zügen“. Aber Vorsicht: Ungehorsame können auch anders. Spätestens wenn die Königsallee selbst blockiert würde, wäre dann Schluss mit lustig.

Text und Fotos (siehe Druckausgabe): Michael Flascha

Kontakt zur Düsseldorfer Widerstands-Gruppe der Letzten Generation über https://letztegeneration.org/wig/duesseldorf Unter https://letztegeneration.org/ungehorsam/#orte findet ihr einen bundesweiten Überblick über die im Monat Mai geplanten Aktionen mit Vernetzungsmöglichkeiten zu den jeweiligen lokalen Gruppen. Für alle, die es genauer wissen wollen, was sie erwartet, gibt es hier einen Link zu einer wöchentlichen Zoom-Konferenz jeden Mittwoch von 18:00 - 19:30 Uhr mit einem Ungehorsamen-Training. Jedermann/frau ist eingeladen, auch ohne ein solches Training bei den Aktionen vorbeizuschauen.