Rüdiger Wich, Künstlername „Tschibbi“, geborener Berndt, ist am 2. April verstorben

In den 1970ern kellnerte er auf der Ratinger Straße – jeweils in speziellem Outfit: Im „Hof“ in rotem Blouson mit riesigen aufgenähten DKP-Initialen, im „Einhorn“ mit Latzhose und eingesteckter UZ. Ich hielt ihn für einen „Überzeugungstäter“, der die Kunstproduktion zugunsten eines „ehrlichen Kellnerjobs“ und politischer Agitation aufgegeben hätte. Später erfuhr ich, dass er einen Riesenschuldenberg „abzukellnern“ hatte. Er war dumm beklaut worden, für die Miesen musste er aber gradestehen. In Aktion erlebte ich ihn Karneval 1981. Den riesigen „McRonald’s Schießburger“, mit dem rosenmontags den Narren Reagans Atomrüstung schmackhaft gemacht werden sollte, zog er bis vors Polizeikordon. Am Folgetag die EXPRESS-Schlagzeile: „Reagans Wahlparty von Polizei gestoppt“. Es war der „Urknall“ des allrosenmontäglichen Initiativen-Jeckenprotests. Mich versuchte er für alle möglichen Kunstprojekte zu begeistern. „Er scheiterte oft bei gleichbleibender Vitalität. Er war gewissermaßen unzerstörbar“, erinnert sich Klaus Stein, DKP-Mitglied und Kunstlehrer a. D., der mit ihm an der Akademie studierte. 1969 wechselte Tschibbi in die Beuysklasse. So energisch er in Diskussionen seinen Standpunkt vertrat, so nachdrücklich setzte er sich dafür ein, dass jede Stimme Gehör fand. Nach der DKP engagierte er sich bei den Grünen, wechselte dann zu DIE LINKE. So streitbar er im Politischen war, so fein und sensibel war sein Strich. „Tschibbi’s Senf“, seine Kommentare zur Tagespolitik, wurden ein Markenprodukt. Vieles initiierte und kuratierte er, engagierte sich in der IG Medien. Für das Pilotprojekt des „Kunstraums Düsseldorf“ machte er sich besonders stark, 1997 zählte er zum Orga-Team der POOL-Ausstellung vor dem Wellenbadabriss, im Jahr 2000 beteiligte er sich an einer Gruppenausstellung in Istanbul. Das nachhaltigste Projekt war die Umwandlung des Salzmannbaus in ein Initiativenhaus mit Künstler*innenateliers. Tschibbis Beitrag: Er lud 1986 den Leipziger Hartwig Ebersbach ein, dort auszustellen. Die DDR-Behörden verweigerten die Ausreise, doch Hartwigs Arbeiten hingen dann im Salzmannbau. Zuletzt schwer gehbehindert, war es seine Frau, die Tschibbi bei Ausstellungsaufbauten zur Seite stand. Er war nach kurzer schwerer Krankheit am Dienstag nach Ostern gestorben. Vom Krankenbett aus hatte er noch seinen Beitrag für die Jubiläumsausstellung im Salzmannbau ausgewählt. Die Ausstellung ist vom 3.-12. Mai (Finissage 16 Uhr) im Storage-Museum, Himmelgeisterstr. 107 zu sehen.

Thomas Giese