Gruby stos winyli i taśm, zakupionych w Krakowie i Wrocławiu.

Gruby stos płyt winylowych i taśm zebranych w Krakowie i Wrocławiu zdecydowanie był wart tej podróży!

Diesmal hatte es Mrs. Cave und den Oberbilker weit in den europäischen Osten verschlagen. Für 12 Nächte waren wir in Kraków (Krakau), Zakopane (Hohe Tatra) und Wrocław (Breslau) unterwegs. Landschaftlich war Zakopane der absolute Hammer, Vinyl gab es dort nicht zu diggern. Umso mehr wurden wir in Kraków und Wrocław fündig. Besonders erwähnenswert in Kraków ist Paul‘s Boutique Record Store. Erwartungsgemäß lachten uns drei alte Bekannte aus Brooklyn von der Wand an und es lief natürlich Hip Hop!

Paul‘s Boutique befindet sich mitten im alten jüdischen Viertel Kazimierz, ist musikalisch aber sehr breit aufgestellt. In der Mitte des Ladens befindet sich ein ganzes Fach nur mit Bands und Musiker*innen aus Polen. Parallel dazu werden Tapes mit den neuesten Veröffentlichungen polnischer Punkbands angeboten. Wir möchten euch die interessantesten vorstellen:

Laxity aus Kraków fallen auf ihrem neuesten Tape Have A Nice Day sofort mit solidem 80ger Jahre DIY Artwork auf. Streetpunk mit Crust Einflüssen, schnell und kompromisslos gespielt. So schnell gespielt, das auf der B-Seite alle 4 Songs wiederholt werden. Auf der Innenseite des Covers erwarten uns ein Strick und die Worte: I Hate Myself, I Hate My Country. Dazu ein Zigarettenstummel in die Kassettenhülle reingedrückt …. Punk muss nach Tod und altem Kippenqualm stinken!

Das zweite Tape und die dazugehörige Band kommen ebenfalls aus Kraków. Die Hugayz klingen auf Glamactik aber eher nach New York als nach Polen. Post-Punk mit einer gehörigen Portion Rapture oder !!!, nur schneller gespielt. Hugayz bezeichnen ihren Sound selber als Martian Queer Rock‘n‘roll BBY. Das passt auf jeden Fall!

In der speziellen Vinyl-Kiste mit den polnischen Künstler*innen wurden wir natürlich auch fündig. Bei Lotto aus Warschau und ihrem Album Elite Feline fiel mir sofort der Sticker Voted as the best album of 2016 in Poland auf. Eine Hörprobe bei Bandcamp[1] bestärkte uns auch bei diesem Kauf. Experimenteller Post Rock, verschachtelt und mit kleinen aber feinen Skills in nur zwei sehr langen Stücken. Schon 2015 aufgenommen, ist Elite Feline ein zeitloses Album, auf dem die beiden Tracks einen immer noch mit in Lotto’s venture into the world of shamanistic trance closes in two repetitive tracks that open the doors to other dimensions einladen. Mrs. Cave und ich fühlen uns in die Welt von Twin Peaks hineinversetzt.

Aktuell vom Juni diesen Jahres ist das Debüt-Album des Produzenten 2K88[2] aka Przemysław Jankowiak aus Gdynia. Erschienen auf Unsound, einem polnischem Label, welches auch das Unsound Festival veranstaltet. Das Festival findet jeden Herbst in Kraków satt, sieht auf der Webseite unheimlich vielversprechend aus und ist international etabliert. Es fanden auch schon Veranstaltungen in New York, Adelaide, Toronto und London statt. Breakbeat und Dubstep erwarten uns auf Shame. Fett gemastert und geschnitten[2] von Stefan Betke bei Scape Mastering in Berlin. Wirklich fett, denn bei der Sommerparty im Linken Zentrum dieses Jahr, hat der brutale Bass die Plattenspielernadel aus der Rille rausgedrückt! Beeinflusst von britischer Soundsystem-Musik verarbeitet 2K88 die postkommunistischen Einflüsse Polens und schafft daraus seinen eigenen Soundtrack über seine Jugend in den polnischen Plattenbauvierteln der Neunzigerjahre.

England und die Sleaford Mods wirken auf einmal wie ein Kindergeburtstag mit dazugehörigem Topfschlagen.

Ein weiterer erwähnenswerter Plattenladen ist noch Records Dillaz, auch im jüdischen Viertel Krakóws zu finden und der Metal-Shop Music Store im Stadtteil Kleparz. Hier deckte sich Mrs. Cave mit Merch ein, diverse neue Pins und Aufnäher verzieren jetzt Ihre Kutte.

In Wrocław befand sich fußläufig ca. 50 Meter von der Unterkunft entfernt Do Brzegu Records. Von außen eher unscheinbar, verbargen sich Unmengen an Tapes, Schallplatten, ausgefallener Second Hand Kleidung und andere Schätzchen in vielen Kisten, die sich teilweise auch auf dem Boden stapelten.

Antonina Nowacka, geboren in Warschau und jetzt in Italien lebend, mit ihrem Album Lamunan, ist eine der Entdeckungen im Do Brzegu Records Shop. Die experimentelle Sängerin erzeugt alleine mit ihrer Stimme Soundwelten, die atemberaubend sind. Lamunan wurde alleine in einer Höhle auf der Insel Java geschmiedet und in einer Festung in Polen aufgenommen. Die langen, dunklen Stunden in der Seplawan-Höhle spiegeln sich in dem Stöhnen, dem Summen, den Gesängen und den wortlosen Schreien wieder und erzeugen eine wohlige Unbehaglichkeit in Oberbilk. Keine leichte Kost, aber wie schon mal erwähnt, Kunst darf auch wehtun.

Punkiger wird es wieder mit Atol Atol Atol aus Wrocław und ihrem Debüt Koniec Sosu Tysią​ca Wysp. Das Album ist schon im Jahr 2022 in Polen als Tape und CD erschienen. Ein Jahr später kam die Vinyl-Veröffentlichung auf Red Wig raus. Das polnische Label war mir nicht unbekannt, hat es doch schon mit Fidel Bastro aus Hamburg das Album AI von Huffduff veröffentlicht. Bei den Querverbindungen war das dann auch fast ein Blindkauf. Post-Punk mit No Means No Einflüssen trifft es hier am besten. Polnischer Gesang, weiblich - männlich, treibend mit Percussions unterlegt, dazu eine Slappy Gitarre, der No Means No Vergleich trifft wirklich zu! Für Fans unbedingt empfehlenswert.

Das schlesische Duo Etnobotanika entführt auf seinen zweiten Album Le​ś​ne Duchy die Zuhörer*innen in den ursprünglichen, urtümlichen Wald. Die Songtitel handeln von Wölfen, Hexen, Sümpfen, den ältesten Bäumen der Welt. Auf dem Album ist unter anderem das Gezwitscher von Vögeln oder das Plätschern von Wasser zu hören. Trotz der märchenhaften, mythischen Grundthemen ist die Audiosphäre des Albums sehr „dubby“ und voller elektronischer Spielereien, also weniger für die Traumreise oder den Meditationsworkshop geeignet. Das Tape erspart das Umdrehen, fließen alle Songs doch ineinander über. Die Vinyl Version erschien als Doppel LP. Eine weitere Entdeckung aus Polen, die den Zuhörer*innen neue Klangwelten erschließt.

Zwei weitere Tapes möchten wir euch noch empfehlen: das Label Lucyna aus Warschau/Kopenhagen hat in 2022 und 23 jeweils eine Tape-Kompilation betitelt mit Nowa Ziemia und Przebudzenie veröffentlicht. Geboten werden hier die unterschiedlichsten Spielarten elektronischer Musik. Ambient, Dub, Experimental, Synth und vieles mehr. Wobei erwähnt werden muss, dass auf den Tapes nicht nur polnische Künstler*innen vertreten sind, es geht durch ganz Europa, hauptsächlich Osteuropa. Beide Tapes sind abwechslungsreich, bieten musikalisch einiges und machen Lust auf mehr! Wie zum Beispiel auf das gleichnamige Lucyna Festival. Das mysteriöse Lucyna Festival[4] beschreibt sich selber so: We want to celebrate nature, synergy, diversity, authenticity, new beginnings, femininity, sensuality and togetherness. Wann und wo das Lucyna Festival stattfindet, haben wir nicht herausgefunden, da sind Facebook, Bandcamp und die eigene Webseite sehr zurückhaltend.

Einen weiteren Laden in Wrocław müssen wir noch erwähnen. Der abstruse Rock Shop ROCKY im dritten Stock des Korona Hotel Wrocław Market Square. Eingepfercht zwischen einer Schuhabteilung und einem Briefmarkenhändler, von diesen nur mit Stellwänden abgetrennt und erst nach langer Suche und mit Hilfe gefunden. Der „Laden“ ist nur wenige qm groß und mit mehr als 2 Kunden vollkommen überfüllt. Das Korona Hotel Wrocław Market Square war wohl mal das beste Haus am Platz, viel ist davon nicht übergeblieben, aber schon wegen der „kruscheligen“ Atmosphäre ist ein Besuch unbedingt empfehlenswert.

In Düsseldorf hat sich aber auch wieder einiges getan. Mood Taeg[5] oder besser gesagt, das Mood Taeg Kollektiv, haben diesen Sommer am Stadtstrand/Tonhallenufer mehrere Auflegesessions veranstaltet und veranstalten noch weitere. Als Resultat daraus ist das Electric Sheep Magazin entstanden. In der ersten Ausgabe geht es z.B. um die Travis Bickle Experience, c!ang, das Golzheim Fest, The Vinyl Table???? (eine Art Vinyl Stammtisch) oder YürkE. Dieser ist auch auf dem Tape vertreten, welches den ersten Ausgaben beilag. Die Künstler*innen sind uns teilweise komplett unbekannt, im Magazin sind die Informationen dazu leider recht dürftig. Das ist dann auch ein Minuspunkt. Das Zine ist ansonsten sehr informativ und bei Hitsville erhältlich.

YürkE aka Stefan Jürke hat zusätzlich auch ein neues Tape am Start. Das SK Tape beinhaltet vier Tracks und ist diesmal professionell von Detlef Funder aka Konrad Kraft bei Paraschall gemastert worden. Zum Glück kann die Plattennadel bei einem Tape nicht aus der Rille abheben. Selbst bei Zimmerlautstärke entwickelt der Bass eine physische Bedrohung, die ein mentales Unwohlsein erzeugt. Alle vier Tracks zeigen wieder einmal die musikalische Vielfalt von YürkE und spielen im internationalen Vergleich ganz weit vorne mit. Für mich einer der besten elektronischen Acts, die wir gerade in Düsseldorf haben!

Wir hoffen, dass euer Sommerurlaub auch so ereignisreich und schön war wie unserer und verbleiben mit einem: Bardzo nam się podobało w Polsce, wrócimy,

Pani Cave i Oberbilker

[1]  Hier nur angemerkt, alle vorgestellten Bands oder Labels haben natürlich Bandcamp-Seiten.
[2]  Die 88 bezieht sich auf sein Geburtsjahr und nicht auf den Idioten aus Braunau am Inn.
[3]  Schallplatten müssen speziell gemastert werden. Dieses Mastering, der Schnitt der Pressmatritze, heißt Lacquer Cut.
[4]  Eigenbezeichnung Bandcamp.
[5]  Siehe auch TERZ 05.2021