TERZ 11.24 – KLASSENKAMPF
Die Arbeitsplatzvernichtung in Deutschland schreitet voran. Vor allem die Automobil-Industrie schlägt zu. Und Daimler nutzt die Situation aus und will für die Beschäftigten schlechtere Arbeitsbedingungen durchdrücken.
Die Lage für Arbeitnehmer*innen in Deutschland wird immer bescheidener.
Kurz nach Redaktionsschluss der letzten Ausgabe wurde die Insolvenz des Autozulieferers WKW (Walter Klein Gruppe) verkündet. Betroffen sind in unmittelbarer Nähe sowohl die Walter Klein GmbH & Co. KG in Wuppertal als auch die WKW-Aktiengesellschaft Velbert. Nun bangen in Wuppertal 500 und in Velbert 1500 Mitarbeiter*innen um ihre Arbeitsplätze. Insgesamt sind mehr als 3000 Jobs in Deutschland gefährdet.[1]
Ich habe gerade den Eindruck, dass in Deutschland Arbeitsplätze schneller abgebaut werden, als ich darüber berichten kann.
Der nächste Sparhammer kommt von Bosch. Bosch kürzt die Arbeitszeit und somit die Gehälter von 2.300 Beschäftigten. Die Arbeitszeit wird von 40 auf 37 Stunden pro Woche heruntergesetzt. Das sind 12 Stunden bei vier Wochen. Da manche Monate aber auch 21 oder 22 statt 20 Arbeitstagen haben, sind es auf jeden Fall mehr bezahlte Stunden, die monatlich wegfallen.
Zum Vergleich: Bei der 35-Stunden-Woche beträgt die monatliche Arbeitszeit 152,5 Stunden im Monat (statt 140 Stunden bei 4 Wochen), mit der das Bruttoentgelt für jeden Monat berechnet wird. Selbst wenn wir bei einem Durchschnittslohn von 20 Euro/Stunde ausgehen und diesen hochrechnen, sind wir da schon bei 240 Euro brutto, also über 100 Euro netto. Bei der momentanen Inflation tut jeder verlorene Cent weh! Davon betroffen sind 2.300 Mitarbeiter*innen, allein 2.100 am Hauptsitz in Abstatt (Kreis Heilbronn). Angekündigt wurde jetzt schon, dass im nächsten Jahr eine weitere Stunde wegfallen soll.[2]
In Görlitz will der französische Zugbauer Alstom bis Ende März 2026 die Produktionsstätte schließen. Betroffen sind dort 700 Mitarbeiter*innen.[3]
Ich könnte jetzt weitere Unternehmen auflisten, aber besonders prägnant war die Nachricht vom 16.10.24 bei „Spiegel Wirtschaft“: Gesamtmetall-Präsident sieht bis zu 300.000 Jobs in Gefahr.
»Ich erwarte, dass wir in der Metall- und Elektroindustrie in den nächsten fünf Jahren 250.000 bis 300.000 Arbeitsplätze verlieren könnten«, sagte Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf den Zeitungen der Funke Mediengruppe.“[4]
Wenn wir dazu das Erstarken der AfD und ihre Wahlerfolge bei den letzten Wahlen in Brandenburg, Thüringen, Sachsen sowie das Abschneiden bei der Europawahl in einen geschichtlichen Kontext setzen, wird mir nur noch angst und bange.
Wie 1933 haben wir eine sehr hohe Inflation, Massenentlassungen und steigende Arbeitslosenzahlen. Rechte Populist*innen sind weltweit auf dem Vormarsch und fahren immer bessere Wahlergebnisse ein. Bundesweit spitzt sich die Lage zu, Tarifverträge werden aufgekündigt und Arbeitnehmer*innenrechte angegriffen.
Die Redaktion Düsseldorf der Zeitung „Stoßstange“, gemacht von Kollegen für Kollegen aller Daimler-Werke in Deutschland, berichtet in der Printausgabe vom 09.10.24 von den Forderungen des Mercedes-Benz-Vorstandes an den Düsseldorfer Betriebsrat, damit weitere Investitionen getätigt werden.
Ich versuche die Forderungen ein wenig zu erläutern:
Die Kolleg*innen sollen also ein gehöriges Eintrittsgeld bei Daimler zahlen, damit sie dort arbeiten dürfen. Da Scheiße bekanntlicher Weise immer nach unten fällt, wird der Druck auf die Zulieferbetriebe und die Verleihfirmen also noch größer werden!
„
In diesem Sinne:
Drum links, zwei, drei!
Drum links, zwei, drei!
Wo dein Platz, Genosse, ist!
Reih dich ein in die Arbeitereinheitsfront,
weil du auch ein Arbeiter bist.“
Mit kollegialen Grüßen Henry Ford
PS.: In der Printausgabe vom 23.10.24 berichtet die Rheinische Post, dass Mercedes-Benz prüft, bis Ende 2029 die Produktion des aktuellen Sprinter-Modells VS30 in Düsseldorf auslaufen zu lassen – fünf Jahre früher als bisher geplant. Laut Vereinbarungen soll das aktuelle Verbrennermodell bis 2035 in Düsseldorf produziert werden. Die Verunsicherung bei den Beschäftigten in Düsseldorf ist also noch größer geworden.
Am 31. Oktober wird es eine außerordentliche Betriebsversammlung geben. Alle 5500 Beschäftigten sind eingeladen, um über den „aktuellen Stand der Verhandlungen mit dem Arbeitgeber“ informiert zu werden. [5]
[1] Westdeutsche Zeitung 22.09.24 https://wz.de/nrw/wuppertal/autozulieferer-wkw-ist-insolvent-was-das-fuer-wuppertal-und-die-region-bedeutet_aid-119218827
[2] SWR Aktuell 01.1024 https://swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/heilbronn/bosch-kuerzt-arbeitszeit-und-gehaelter-100.html
[3] Focus Online 03.10.24 https://focus.de/finanzen/boerse/700-mitarbeiter-betroffen-alstom-plant-schliessung-des-werks-in-goerlitz-bis-maerz-2026_id_260364513.html
[4] Spiegel Wirtschaft 16.10.24 https://spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/gesamtmetall-praesident-stefan-wolf-warnt-vor-verlust-von-bis-zu-300-000-jobs-a-7987fc9b-fbe8-4441-ad60-0845fd636c90